Bisher kein Exodus aus der Pflege

Zwischenbilanz der einrichtungsbezogenen Impfpflicht im Gesundheitsausschuss des Bundestages

In den Bundesländern werden jetzt die ersten Zahlen dazu veröffentlicht, in welchem Umfang in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen die Impfpflicht für den Bereich nicht eingehalten wird. In Thüringen etwa wurden laut Gesundheitsministerium rund 8700 ungeimpfte Beschäftigte gemeldet. In dem Bundesland arbeiten insgesamt in Akutkrankenhäusern, Reha-Kliniken und in der Pflege insgesamt 57 000 Menschen. Hinzugerechnet werden müssen die Beschäftigten von Arzt- und Zahnarztpraxen. Ähnliche Rechnungen könnten für viele Bundesländer gemacht werden.

Zahlen gibt es ebenfalls aus einer Recherche des Redaktionsnetzwerks Deutschland aus den Gesundheitsämtern der 20 größten Städte Deutschlands. Hier wurden insgesamt 47 000 Verstöße gemeldet. Die meisten zählen die Städte Berlin (6541), München (5330) und Dresden (4821). Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt es jedoch in Dresden mit deutlichem Abstand das meiste ungeimpfte Gesundheitspersonal. Dort sind es 867 gemeldete Fälle pro 100 000 Einwohner. Jedoch würden in Dresden noch Nachweise erbracht und man hatte mit deutlich mehr Meldungen gerechnet.

Bußgelder oder Betretungsverbote hat es aber in keinem einzigen Fall gegeben, teilten die Gesundheitsämter mit. Zudem sind sich die Städte - wie auch die Bundesländer - uneinig, wie sie mit Fristen und Konsequenzen umgehen wollen. Für das Nachreichen von Immunitätsnachweisen bleiben unterschiedliche Zeiträume, teilweise soll es keine Bußgelder geben, sondern direkt Tätigkeits- oder Betretungsverbote. Einige Städte wollen die ersten Sanktionen im Mai aussprechen. Anderswo wird erst von August und September gesprochen.

Die bisherige Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht wollte auch der Gesundheitsausschuss im Bundestag in einer Anhörung am Mittwoch erfassen. Hier hieß es von Branchenverbänden, dass der teils erwartete große Exodus aus den Pflegeberufen bislang ausgeblieben sei. Deshalb, so unter anderem der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe, werde auch keine Unterversorgung befürchtet. Der Verlust vieler Beschäftigter sei aber bislang auch ausgeblieben, weil die Impfpflicht abgestuft umgesetzt werde, kommentierte der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste. Hier fehlen noch immer gesetzliche Klarstellungen zu arbeits- und haftungsrechtlichen Fragen. Die Rechtsunsicherheit könnte weiter wachsen, wenn verschiedene Gerichte zu Einzelfällen unterschiedlich urteilten. Insofern sollte etwa die Gesundheitsministerkonferenz hier bald für Präzision sorgen, hieß es auf der Anhörung.

Auch wenn die absehbaren Ausfälle von Arbeitskräften sich aktuell im Rahmen halten, bleibt das Grundproblem bestehen: »Es gibt seit Jahrzehnten viel zu wenig Pflegende in allen Einrichtungen«, so Christel Bienstein vom Berufsverband für Pflegeberufe. Eine sofortige Aussetzung der Impfpflicht forderte hingegen die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Nach dem Scheitern der allgemeinen Impfpflicht sei Beschäftigten nicht vermittelbar, warum sie zur Impfung verpflichtet und ansonsten mit Tätigkeitsverboten belegt würden, während betreute Patienten nicht erfasst würden.

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