Gleichsetzung mit Hitler verbietet sich

Brandenburgs Linksfraktionschef wünscht würdiges Gedenken am Tag der Befreiung vom Faschismus

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Beim Gedenken an den 77. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus wird im Potsdamer Landtag am 8. Mai auch der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk sprechen. Dazu eingeladen wurde er bereits im vergangenen Jahr, also vor dem russischen Angriff auf seine Heimat.

Mit Botschafter Melnyk hat Walter ein Problem, weil dieser den Antisemiten Stepan Bandera als Volkshelden verehre, so wie auch die rechtsextremen Kämpfer des Asow-Regiments. Der Gedenkveranstaltung demonstrativ fernzubleiben, ist für ihn aber keine Option. »Dafür ist mir der Termin persönlich zu wichtig«, betont Walter. Die Linke habe lange dafür gekämpft, dass der 8. Mai in Brandenburg ein Gedenktag wird, wollte sogar einen gesetzlichen Feiertag. »Ich werde teilnehmen. Aber nicht, weil Melnyk spricht, sondern weil ich an die Opfer des Faschismus erinnern will und an die Befreier vom Faschismus, darunter sowjetische Soldaten, die unter anderem Russen und Ukrainer waren.«

Für den Linksfraktionschef verbietet sich eine Gleichsetzung des russischen Angriffs auf die Ukraine mit Hitlers Vernichtungskrieg. Der Krieg, der seit dem 24. Februar in der Ukraine tobt, sei ein schrecklicher Krieg mit schrecklichen Zerstörungen und Opfern, aber doch etwas anderes als die einmaligen Menschheitsverbrechen des Zweiten Weltkriegs.

»Ich hoffe, dass Herr Melnyk dem Tag der Befreiung vom Faschismus gerecht wird und den Anlass nicht missbraucht«, erklärt Sebastian Walter. »Wenn er das doch tun sollte, werden wir angemessen darauf reagieren.«

Dabei ist für den Politiker klar: »Natürlich ist der 8. Mai dieses Jahr ein besonderes Datum. Da brauchen wir uns nichts vorzumachen.« Er hat Verständnis für emotionale Äußerungen. Ihn selbst bewegt der russische Angriff, den er nicht erwartet hat, sehr. Er sieht auch ein Recht auf Selbstverteidigung der angegriffenen Ukraine. Walter denkt aber nicht, dass sich dieser Krieg mit der Lieferung schwerer Waffen beenden lässt. Die Spirale der Gewalt werde sich dadurch nur weiterdrehen, und am Ende bestehe auch die Gefahr eines Atomkriegs. »Ich glaube nicht, dass in diesem Konflikt zu wenig Waffen vorhanden sind. Bei der Rüstungsindustrie knallen die Sektkorken.« Gebraucht werde sofort ein Waffenstillstand, und selbstverständlich müssten sich die russischen Truppen von ukrainischem Territorium zurückziehen.

»Es wird viel zu wenig öffentlich über friedliche Lösungen nachgedacht«, bedauert der 31-Jährige, der in der Schule Russisch lernte. Dass dies nicht so leicht ist, wie sich das sagt, ist ihm bewusst. »Es ist eine schwierige Situation, in der es keine einfachen Antworten gibt.«
Walter wägt ab und hinterfragt auch selbstkritisch seine Standpunkte. Wie lässt sich der Krieg beenden? Wie sollte man dem russischen Präsidenten Wladimir Putin entgegentreten? Was bringen Sanktionen? Sind sie sinnvoll, wenn sie Deutschland härter treffen als Russland? »Ein Öl-Embargo wird Putin nicht stoppen«, vermutet Walter. »Der sucht sich andere Abnehmer.« Aber in der Schwedter PCK-Raffinerie mit ihren 1200 Beschäftigten sind Arbeitsplätze bedroht.

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