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Matchball für Alba Berlin
Deutscher Basketballmeister will den dritten Titel in Folge
»Werft den Ball auf den Korb! Nicht zum Gegner!«, brüllte Andrea Trinchieri seine Mannschaft in einer Auszeit des zweiten Finalspiels in der Basketball-Bundesliga an. Vor dem eher klein gewachsenen Italiener saßen mehrere durchtrainierte Zwei-Meter-Hühnen, doch kaum ein Münchner traute sich, überhaupt Augenkontakt zum Coach des FC Bayern aufzunehmen. Wieder einmal hatten sie kein Mittel gefunden, die Defensive von Titelverteidiger Alba Berlin zu knacken, also schimpfte Trinchieri erneut über ihre Ratlosigkeit, fehlende Intensität und Sorglosigkeit beim Umgang mit dem Ball. Anscheinend macht es gerade wenig Freude, für den FC Bayern Basketball zu spielen.
Beim Gegner aus der Hauptstadt ist das ganz anders. »Wir haben Spaß miteinander. Wir trainieren schon mit viel Spaß, und diese Kultur zieht sich durch den ganzen Verein«, sprach Flügelspieler Oscar da Silva nach dem zweiten Sieg im zweiten Duell mit einem passenden breiten Lächeln im Gesicht. Das erwartete Duell der Systeme geht derzeit klar an die Berliner Spaßfraktion. Und an diesem Freitagabend könnte sie sich mit einem weiteren Sieg den dritten Meistertitel in Folge sichern.
So viel Spaß sie auch gerade verspüren, auf weitere Spiele gegen die Bayern haben die Berliner keine Lust. Allein ihren Anhängern zuliebe wollen sie den ersten von drei Matchbällen nutzen. »Wir wollen es unseren Fans gönnen, mal daheim die Meisterschaft zu feiern«, sagte da Silva. Tatsächlich gab es das zum letzten Mal vor 19 Jahren! 2008 machte Alba den Titel in Bonn klar, die letzten beiden wurden dann in München gewonnen.
Diesmal aber könnte es klappen mit der heimischen Meisterparty, denn Alba präsentiert sich seit dem Ausscheiden aus der Euroleague Anfang April in bestechender Form. 18 Siege haben die Berliner seitdem aneinandergereiht, weil jedes Rädchen ins andere greift. Wie schon in den vergangenen zwei Jahren schaffte es ein spanischer Trainer, das Team zum Saisonende in Topform zu bringen. War das zuvor Aíto García Reneses, ist es jetzt sein früherer Assistent Israel González, der aus vielen Talenten in nur wenigen Monaten eine Gruppe von Meistermachern formt. Wer auch immer aufs Feld kommt, ist ein potenziell gefährlicher Schütze, was es selbst so defensivstarken Teams wie dem FC Bayern fast unmöglich macht, Alba auf Dauer in Schach zu halten. Irgendwann kommt Berlin ins Rollen, ob am Ende wie in Spiel eins oder schon vor der Halbzeit wie am Dienstag in München. »Alba spielt dieses System seit Jahren, und die Frage danach, wie man es stoppt, kann ich immer noch nicht beantworten«, gab Münchens Coach Trinchieri zuletzt zu. »Sie waren besser als wir«, ist noch so ein Satz, den er in diesen Tagen häufiger in den Mund nehmen musste, als ihm lieb ist.
Alba spielt nicht nur einen schnellen Basketball, mit vielen Pass-Staffetten. Der größte Pluspunkt ist das Vertrauen, das sportliche Leitung und Trainer in jeden Spieler setzen. Egal wie jung und unerfahren: Niemand versauert auf der Auswechselbank. Das änderte sich auch in den schwierigen Anfangsmonaten nicht, als die neu verpflichteten Talente Tamir Blatt und Yovel Zoosman aus Israel Fehlpässe am laufenden Band produzierten oder einfach den Korb nicht trafen. Oder als der immer noch unerfahrene Center Christ Koumadje seine Laufwege noch nicht auswendig beherrschte. Wutausbrüche wie den von Trinchieri hat man auf Albas Trainerbank trotzdem nie gesehen. Stattdessen wurde weiter trainiert und ausprobiert, bis es passte.
So simpel das klingt, dieser Weg erhöht gleichzeitig Spaßfaktor und Selbstvertrauen – und nun auch die Wurfquoten. Speziell das Zusammenspiel zwischen dem quirligen Spielmacher Blatt und dem 2,21-Meter-Riesen Koumadje stellt die Bayern-Defensive vor ein Problem, mit dem sie vor der Serie wohl nicht gerechnet hatte. Sollte Andrea Trinchieri doch eine Lösung einfallen, werden vermutlich andere Alba-Spieler für neue Gefahr sorgen. So läuft es jedenfalls seit Monaten in Berlins Arena am Ostbahnhof. Und klappt das noch ein weiteres Mal, gibt es an diesem Freitag noch einen letzten kurzen bayerischen Ausraster – gefolgt von einem selten gewordenen Berliner Partyabend.
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