- Politik
- Streit zwischen Vatikan und deutschen Katholiken
Maria macht nicht mehr mit
Frauen drängen am vehementesten auf Reformen in der katholischen Kirche in Deutschland. Viele kehren ihr auch frustriert den Rücken
Im Zusammenhang mit den zahlreichen Fällen, in denen Priester ihre Macht missbraucht und Schutzbefohlene zu sexuellen Handlungen gezwungen haben, ist meist von Jungen die Rede. Bisher immer noch wenig gearbeitet sind die Schicksale von Frauen, die als junge Nonnen von Geistlichen, auch hier meist Vorgesetzte, missbraucht und vergewaltigt wurden. Darauf und auf die eklatante Diskriminierung von Frauen in der Kirche macht die 2019 gegründete katholische feministische Bewegung »Maria 2.0« aufmerksam. Sie kämpft offensiv für eine Gleichstellung der Frauen in allen Bereichen der Kirche bis hin zu ihrem Zugang zum Priesteramt.
Von einer tiefen Beunruhigung des Vatikans wegen der Aktivitäten von Laien im Allgemeinen und Frauen im Besonderen zeugt jene in harschem Ton verfasste Ansage an die deutsche Reformbewegung Synodaler Weg vom vergangenen Donnerstag. Der Synodaler Weg sei »nicht befugt«, neue Formen der Leitung und eine neue Ausrichtung der katholischen Lehre und Moral zu entwickeln, heißt es in dem nicht namentlich gezeichneten Schreiben des »Heiligen Stuhls«. Von dessen Ton waren auch viele Bischöfe entsetzt. Vielleicht, weil es letztlich klar macht, dass der Synodale Weg ohnehin einer von Gnaden der Kirchenoberen ist.
Genau deshalb laufen der katholischen Kirche die Mitglieder in Scharen davon. 360 000 Austritte im vergangenen Jahr in Deutschland markieren einen neuen Rekord. Den Papst scheint das weniger zu beunruhigen als die Aktivitäten engagierter Christen, namentlich der Frauen, die eben nicht mehr still sein wollen wie die Mutter Gottes, die in der katholischen Kirche für das Ideal der schweigenden und dienenden Frau steht. »2.0 heißt Neuanfang: Alles auf null stellen. Wir sind nicht mehr so«, sagte einst Lisa Kötter, eine der Mitgründerinnen von Maria 2.0. Und eine Vertreterin dieser Initiative zeigte sich auch nach dem Schreiben des Vatikans selbstbewusst: Julia Knop. Sie forderte die Bischöfe auf, sich nicht vom Synodalen Weg abbringen zu lassen.
Knop ist weiter davon überzeugt, dass der Synodale Weg ein Erfolg werden kann, selbst wenn die angestrebten Reformen nicht die nötige Zweidrittelmehrheit der Bischöfe erhalten. Wenn zugleich die gesamte Synodalversammlung Beschlüsse mit großer Mehrheit verabschiede, »wäre das dennoch ein ganz wichtiges Signal«, erklärte Knop. Die Synodalversammlung könne zudem Entscheidungen unterschiedlicher Wirksamkeit treffen. Die der Kategorie 1 brauchten die Zustimmung aus Rom und würden deshalb sicher oft »in der Schublade« verschwinden. Die zweite Kategorie werde an die Weltsynode weitergereicht, zu der Papst Franziskus für nächstes Jahr nach Rom eingeladen hat.
Eine dritte Kategorie von Beschlüssen, so Knop, falle aber in die alleinige Kompetenz der deutschen Kirche. Dazu gehört zum Beispiel die Änderung des katholischen Arbeitsrechts, sodass zum Beispiel niemand mehr aufgrund seiner sexuellen Orientierung diskriminiert werden kann. Oder die, dass etwa Beschäftigte in der Alten- und Krankenpflege nicht mehr entlassen werden dürfen, wenn sie sich scheiden lassen. Ein anderer Punkt wäre die Mitbestimmung bei der Bischofsberufung, bei der laut Knop Laien »bei der Vorauswahl« einbezogen werden können.
Die Zulassung von Frauen zum Priesteramt gehört indes definitiv nicht zur dritten Kategorie. Hier müsste der Papst selbst zustimmen. Und das ist auch von Franziskus nicht zu erwarten. Er hatte schon kurz nach seinem Amtsantritt 2013 klargestellt, dass für ihn nicht zur Diskussion stehe, dass »das Priestertum den Männern vorbehalten« sei.
Von dem früheren argentinischen Jesuitenpater hatten sich einst viele Katholiken und Katholikinnen weltweit so etwas wie eine Revolution von oben erhofft. Gerade die Erwartungen von Frauen wurden aber tief enttäuscht. Im vergangenen Jahr und vor einigen Wochen erneut verglich Franziskus zum Beispiel Abtreibungen mit Auftragsmord.
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