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Der Traum von Weiß
Für ein strahlendes Gebiss gibt es Produkte, die viel versprechen, aber auch schaden können
Manch bahnbrechende Entdeckung geht auf einen simplen Zufall zurück. So war es auch beim Zahn-Bleaching: In den 1960er Jahren behandelte der amerikanische Kieferorthopäde Bill Klusmier die Zahnfleischentzündungen seiner Patienten mit Glyoxid. Genauer gesagt sollten sie das desinfizierende Mittel in eine Schiene füllen und über Nacht tragen, um die verantwortlichen Erreger abzutöten. Nach einer Weile fiel Klusmier auf, dass die Zähne heller geworden waren: Das Antiseptikum enthält nämlich Carbamidperoxid, das zum Bleichmittel Wasserstoffperoxid abgebaut wird. Damit gilt Klusmier als Erfinder des »Home-Bleachings«, einer der gängigsten Methoden zum Aufhellen der Zähne.
Welche Zahnfarbe wir haben, ist eine Frage der Gene. Im Laufe des Lebens werden die Zähne grundsätzlich dunkler, da sich der Zahnschmelz abnutzt und das darunterliegende gelbliche Zahnbein sichtbarer wird. Es handelt sich also um einen natürlichen Prozess. Zahnverfärbungen können aber auch ein Hinweis auf Erkrankungen, etwa des Zahnnervs, sein. Seltener kommt es vor, dass bestimmte Medikamente zu Zahnverfärbungen führen. Außerdem gibt es Auflagerungen, die Zähne dunkler erscheinen lassen: Farbstoffe aus Tee, Kaffee, Tabak, Rotwein, Gewürzen oder Früchten können sich auf der Oberfläche festsetzen. Durch regelmäßiges Putzen und eine gelegentliche professionelle Zahnreinigung lässt sich das vermeiden. Farbstoffe können aber auch in den Zahnschmelz eindringen, der das Zahnbein umhüllt und sich dort ablagern. Dann lassen sie sich nicht mehr so einfach wegpolieren. ast
Ein strahlendes Gebiss ist nicht erst in der Neuzeit ein ästhetisches Ideal. Schon die alten Römer sollen versucht haben, sich die Zähne aufzuhellen – unter anderem mit Urin. Im Lauf der Jahrhunderte gab es Versuche mit unzähligen anderen Bleichmitteln, darunter Salpeter- und Zitronensäure, bis sich im 20. Jahrhundert Wasserstoffperoxid durchsetzte. Der Stoff, der auch zum Blondieren von Haaren verwendet wird, ist in den meisten Bleaching-Produkten enthalten. Er dringt in die oberste Zahnschicht ein und spaltet die Farbpigmente auf.
»Anfang der 1990er Jahre entstand in den USA ein Trend zum Bleaching, der kurz danach Deutschland erreicht hat«, sagt Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer. Seitdem gehört der Wunsch nach weißeren Zähnen zu den gefragtesten Zahnarztleistungen. »Es geht dabei um Selbstoptimierung«, so Benz. Schließlich werden helle Zähne gern mit einem gesunden Gebiss gleichgesetzt, das wiederum für Vitalität und Jugend steht – jemand »hat Biss« oder »zeigt die Zähne«.
»Wenn Patienten den Wunsch nach Zahnaufhellung äußern, schlage ich ihnen zuerst eine professionelle Zahnreinigung vor«, sagt Benz. Dabei werden oberflächliche Beläge entfernt, was bereits für weißere Zähne sorgt. Erst wenn Patienten der Effekt nicht reicht, ist Bleaching eine Option. Am schnellsten geht das mit der »In Office«-Methode: Dabei wird in der Praxis ein hochdosiertes Gel aufgetragen und oft zusätzlich mit einer speziellen Lampe erwärmt, um eine noch raschere Wirkung zu erzielen. Um eine Aufhellung von mehreren Stufen zu erreichen, sind in der Regel zwei bis vier Sitzungen zu je knapp 30 Minuten nötig.
Alternativ dazu kann der Patient sich vom Zahnarzt auch eine Schiene anpassen lassen, die er abends selbst mit Gel füllt. Diese gilt es etwa zwei Wochen lang je eineinhalb bis zwei Stunden lang zu tragen. »Die Methode ist zwar langsamer, dafür aber schonender, da das Bleichmittel geringer dosiert ist«, sagt der Zahnarzt Wolfgang-M. Boer, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Ästhetische Zahnmedizin. »Für die Zähne ist das die beste Variante.« Mit beiden Verfahren kann man einen deutlichen Aufhelleffekt erreichen, der bis zu fünf Jahre halten kann. Abgesehen davon lassen sich einzelne tote Zähne von innen aufhellen, indem Bleichmittel in sie hineingegeben wird. Diese Einlage wird wöchentlich ausgetauscht, bis der gewünschte Effekt erzielt ist.
Vor jeglichem Bleichen sollte eine Zahnärztin oder ein Zahnarzt das Gebiss aber gründlich inspizieren. »Sind unbehandelte Kariesstellen oder undichte Kronenränder vorhanden, kann Wasserstoffperoxid in den Zahn eindringen und den Nerv reizen«, sagt Boer. Außerdem sollte Patienten klar sein, dass Füllmaterial nicht mitgebleicht wird. Ansonsten schadet ein professionell durchgeführtes Bleaching nicht, wie der Zahnarzt betont. Es kann allerdings sein, dass die Zähne vorübergehend empfindlicher gegenüber Kälte und Wärme werden: »Dieser Effekt verschwindet aber spätestens nach zwei bis drei Tagen, meist sogar nach nur ein paar Stunden.«
Auch wenn über negative Langzeitfolgen nichts bekannt ist, rät die Bundeszahnärztekammer dazu, nicht mehrmals pro Jahr zu bleichen. Außerdem sollte man mit frisch gebleichten Zähnen behutsam umgehen. »In den ersten ein bis zwei Wochen kann der Zahnschmelz weicher sein«, erklärt Boer. Wer in dieser Zeit die Zähne mit aggressiven Schmirgelstoffen bearbeitet, beschädigt möglicherweise den Schmelz, sodass gelbliches Zahnbein durchschimmert – und ein erneutes Bleaching nötig erscheint. »Schrubbt man danach wieder los, wird der Zahn immer dunkler und man gerät in einen regelrechten Teufelskreis. Aus den USA hören wir öfter von solchen Problemen.«
Und was ist von Bleaching-Stiften, -Streifen und -Sets zu halten, wie sie in Drogerien und Apotheken angeboten werden? »Sie enthalten nur wenig Wirkstoff«, sagt der Münchner Zahnarzt Benz. Höher dosierte Produkte dürfen laut Kosmetikverordnung nämlich nur in Zahnarztpraxen verwendet werden. »Man kann mit frei verkäuflichen Produkten nicht viel verkehrt machen, erreicht aber auch kaum einen Effekt«, so Benz. Von Hausmitteln wie Zitronensaft und Backpulver rät der Arzt jedoch dringend ab: Säuren und Schmirgelstoffe darin führten dazu, dass der Zahnschmelz angegriffen wird.
Zahncremes für weiße Zähne sind dagegen oft besser als ihr Ruf. Sie können zwar nicht bleichen, aber immerhin Verfärbungen entfernen, wie Stefan Zimmer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin, berichtet. Früher erreichten die Cremes diesen Effekt vor allem durch reichlich »Schmirgelstoffe«, die dem Zahnschmelz schaden konnten.
Inzwischen ist aber eine Kombination aus abrasiven (schleifenden) und chemischen Stoffen üblich: »Deshalb sind heute die meisten Zahnpasten für weiße Zähne nicht mehr besonders abrasiv und schaden den Zähnen nicht«, erklärt Zimmer. Manche Cremes enthalten auch den Farbstoff Blue Covarine, der saubere Beißer für ein paar Stunden lang ein bisschen heller erscheinen lässt. »Auch dieser Farbstoff schadet den Zähnen nicht und es funktioniert. Aber Wunder darf man natürlich nicht erwarten«, sagt Zimmer.
Eine dauerhafte Aufhellung gibt es nur durch professionelles Bleaching. Es ist aber auch mit Kosten von mehreren Hundert Euro verbunden, die normalerweise nicht von den Krankenkassen übernommen werden. Immerhin ist Home-Bleaching in der Regel preiswerter als In-Office-Bleaching – vor allem dann, wenn Patienten dafür bereits eine Schiene haben und wiederverwenden. Die Nachfrage nach Bleichmittel ist übrigens saisonabhängig, wie Boer beobachtet: Im Sommer wirken die Zähne heller, da die Haut dunkler getönt ist. »Bleaching-Patienten kommen deshalb vor allem im Winter.«
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