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Kulturoffensive für den Schmetterling
Der Künstler Heinz Ratz will Menschen auf einer Tournee für den Artenschutz gewinnen
Sie geben am Sonntag in Jena den Startschuss für die Fortsetzung des Themenprojekts »Rebellion der Gärten«, bei dem Ihre Band Strom & Wasser auf die zunehmende Bedrohung der Biodiversität am Beispiel von Schmetterlingen aufmerksam macht. Wie sind Sie auf das Thema Artenvielfalt mit dem Fokus Schmetterlinge gekommen?
Ich bin seit jeher ein naturverbundener Mensch, der es ganz furchtbar findet, wie wir mit unserem Planeten umgehen. Der Artenschutz war schon immer eine Herzensangelegenheit von mir. Da lohnt insbesondere der Blick aufs Kleine, auf die Insekten als ein maßgeblicher Indikator für den Zustand des Ökosystems. Da habe ich gedacht, wenn man sie schützen will, geht das viel anschaulicher am Beispiel eines schönen Schmetterlings als etwa an einer eher hässlichen Spinne.
Wie wollen Sie es schaffen, so viele Menschen wie möglich zu sensibilisieren?
Etwa mit praktischer Animation zu Pflanz- und Sä-Aktionen, denn die Flora ist doch die eigentliche Lebensgrundlage für die Schmetterlinge. Nur der direkte Eingriff in die Botanik gewährt den Schutz. Außerdem rufe ich dazu auf, sterile Gärten in kleine Naturschutz-Biotope zu verwandeln.
Rennen Sie in Zeiten, in denen der Kleingarten gerade eine Renaissance erfährt, damit offene Türen ein?
Leider bewegt das Thema Artenschutz zurzeit nur wenige. Die meisten sind gerade viel zu sehr mit ihren Ängsten beschäftigt, ob genug Gas und Weizen da ist. Die Gesellschaft wirkt auf mich wie gelähmt. Das große Krankheitsbild überlagert das kleine, daher ist die Resonanz doch recht verhalten. Umso wichtiger ist es, dass dieses Projekt jetzt einen Anstoß liefert.
Testen wir mal die Kenntnisse des Lepidopterologen Ratz: Wer ist zum Schmetterling des Jahres gekürt worden?
Ich gestehe, dass ich es nachschlagen müsste. Ich hoffe mal, es ist der Apollofalter, der akut vom Aussterben bedroht ist, sodass die Orte seiner Populationen bereits geheim gehalten werden, um nicht noch Sammler auf ihn aufmerksam zu machen.
Nein, es ist der Kaisermantel. Der größte mitteleuropäische Perlmuttfalter ist zwar selbst noch ungefährdet, doch seine Lebensräume – offene, lichte Mischwälder – werden immer kleiner. Vor Ort werden Sie von Umweltverbänden und Ökogruppen unterstützt. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?
Das ist ganz unterschiedlich. Das liegt zum einen an Einzelpersonen, aber auch an der Dynamik vor Ort. Da werden Stände aufgebaut, Wanderungen organisiert, sodass mir nur der künstlerische Part bleibt. Manchmal fehlt es aber an tatkräftiger Begleitung, weil Initiativen eine überalterte Mitgliedschaft aufweisen. Dann bin ich auch für die Gestaltung des Begleitprogramms gefordert.
Wie läuft ein Event genau ab, zum Beispiel jetzt in Jena?
Üblicherweise gehört zum Terminangebot eine Wanderung, zumindest aber ein kleiner Vortrag mit den Hinweisen auf die örtlichen Besonderheiten. Meist am Abend folgt dann der Auftritt von Strom & Wasser.
Bei vorhergehenden Projekten wurden Sie zum Teil von anderen Künstler*innen begleitet – diesmal auch?
Punktuell haben wir auch diesmal wieder Gäste dabei. Ansonsten ist Strom & Wasser als Trio unterwegs.
Wie ist es um die Nachhaltigkeit von »Rebellion der Gärten« bestellt? Ein Tagebuch ist ja Ihr Begleiter …
Da versuchen wir zwischendurch Informationen, Aktionen, Tipps, Links etc. zu streuen. Auf jeden Fall geht das Projekt hinein in das nächste Frühjahr. Da soll es dann speziell mit Bio-Bauernhöfen und mit Gruppen von Solidarischer Landwirtschaft eine Zusammenarbeit geben.
Hat Ihr Tourkalender überhaupt noch Lücken, wenn Umweltinitiativen oder andere Veranstalter Interesse zeigen?
Ja, tatsächlich hätten wir spontan im September nach Rücksprache noch Möglichkeiten in Süddeutschland. Ansonsten geht es dann auch in anderen Regionen wieder im März und April.
www.gartenrebellion.de
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