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Senioren raus, Urlauber rein
Umstrittene neue Nutzung für die Josephinen-Wohnanlage in Potsdam
»Das ist eine Form von Raubtierkapitalismus, wie man sie sich schlimmer kaum vorstellen kann«, sagt Potsdams Linksfraktionschef Stefan Wollenberg. Seine Partei beantragt bei der nächsten Sitzung der Stadtverordneten am 7. September, die Stadtverwaltung solle jegliche Verhandlungen mit den MK-Kliniken über die Anmietung von Wohnraum in der Burgstraße 6a für ukrainische Flüchtlinge sofort einstellen und ein Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen der Zweckentfremdung von Wohnraum einleiten. Außerdem soll die einer Tochterfirma der MK Kliniken AG gehörende Josephinen-Wohnanlage in der Burgstraße wieder ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.
Was war geschehen? Im November vergangenen Jahres wurden den 111 Senioren, die in der Anlage lebten, die Mietverträge gekündigt. Es hieß dann, aus dem Objekt solle ein Studentenwohnheim gemacht werden. Der Fall sorgte für Aufsehen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) berichtete nun, dass Räume in der Burgstraße 6a über das Internetportal AirBnB als Ferienwohnung angeboten und offensichtlich auch gebucht werden. Für einen Zeitraum von acht Wochen bedarf dies eventuell keiner speziellen Erlaubnis. Geschieht dies länger, könnte ein Ordnungsgeld von bis zu 10 000 Euro drohen.
Die Landtagsabgeordnete Marlen Block (Linke), von Beruf Juristin, hat die MK-Kliniken angezeigt. Nach ihrer Rechtsauffassung müsste die Stadt die neue Nutzung des Objekts für Ferienwohnungen vorher genehmigen. Aber so oder so sei »das Handeln der MK-Kliniken an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten«, urteilte Block. Linksfraktionschef Wollenberg hat Oberbürgermeister Mike Schubert und die Sozialbeigeordnete Brigitte Meier (beide SPD) in einer E-Mail gebeten, ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten. Am Wochenende erhielt er nach eigenen Angaben die Antwort, das Verfahren laufe.
Seit die Stadt Potsdam 2021 eine Satzung zur Zweckentfremdung von Wohnraum erlassen hat, sind bis Ende März 2022 insgesamt 83 Anträge auf Zulassung der Zweckentfremdung eingegangen, zitiert der Sender RBB aus Auskünften der Stadtverwaltung. 30 Anträge wurden demnach abgelehnt. Im gleichen Zeitraum sei die Stadt 72 Anzeigen und Hinweisen nachgegangen und habe die Zweckentfremdung in 27 Fällen untersagt.
Eine am Montag bei den MK-Kliniken gestellte Presseanfrage war in den wenigen Stunden bis Redaktionsschluss noch nicht beantwortet. Die Kündigung der Mietverträge rechtfertigte das Unternehmen bisher damit, dass man »vor dem Hintergrund fehlenden Personals und gestiegener Preise« die Betreuungsleistungen »in der erforderlichen Qualität und Sicherheit mittel- und langfristig nicht mehr zu wirtschaftlich akzeptablen Preisen anbieten« könne. Nach dem letzten Stand vor wenigen Tagen lebten in der Burgstraße 6a inzwischen nur noch neun Senioren.
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