Kein Frieden mit der Nato

Portugals Kommunisten veranstalteten ihr traditionelles Volksfest. Kritik an Profiteuren von Krieg und Krise

Anfang September veranstaltete die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) ihr Traditionsfest »Festa do Avante!« – bereits zum 46. Mal.
Anfang September veranstaltete die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) ihr Traditionsfest »Festa do Avante!« – bereits zum 46. Mal.

Normalität in Zeiten der Krise? Nach zwei durch die Corona-Regeln limitierten vorangegangenen Ausgaben konnte die 46. »Festa do Avante!« der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) an diesem ersten Septemberwochenende wieder das volle Programm bieten. Auf ihrem eigenen Festivalgelände Quinta da Atalaia im »roten« Gürtel von Lissabon drehte sich seit Freitagabend rund um das Riesenrad alles um Politik, Geschichte, Sport und Kultur, präsentierten sich alle Regionen des Landes auch kulinarisch, spielte auf den Bühnen Fado, Rock und Rap auf. Stark vertreten waren lateinamerikanische Klänge. Einen klassischen Auftakt machte Lissabons Sinfonieorchester mit einer musikalischen Hommage an den Literaturnobelpreisträger José Saramago. Der Schriftsteller und Kommunist wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden.

So dicht gedrängt wie vor der Pandemie waren die Menschenmassen auf dem früheren Weingut am Tejo-Ufer noch nicht, was daran liegen dürfte, dass die Angst noch manche potenzielle Besucher regiert und anderen aufgrund der Teuerung im Land das Geld zum Feiern fehlt. Der Krieg in der Ukraine und seine Auswirkungen waren entsprechend das beherrschende Thema der Debatten in den Festpavillons. Dass die russische Führung mit der Invasion in der Ukraine allen Kräften, die für eine Politik der Verständigung und Abrüstung eintreten, in den Rücken gefallen ist, bekommt auch die PCP deutlich zu spüren. Die Richtung der Kampagne demonstrierte ein Großplakat nahe dem Festplatz, auf dem der Nachwuchs der rechten Volkspartei CDS-PP den Kommunisten eine Mitverantwortung für russische Kriegsverbrechen in der Ukraine anlastet.

Auf dem Fest konterten das zahlreiche Friedenslosungen mit antiimperialistischer Ausrichtung, gerade im internationalen Bereich der Großveranstaltung. Vor allem linke Parteien und Befreiungsbewegungen aus dem Trikont zeigten hier Flagge, eine Leerstelle bildete dagegen Osteuropa. Vom Schema wich Chinas KP ab, die statt politischer Ideen ausschließlich Folklore und die Marken ihrer Konzerne präsentierte. Aus Deutschland war die DKP angereist, während die Linke wieder einmal zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Stark ging der Blick in diesem Jahr nach Brasilien, wo Lula von der Arbeiterpartei bei der Wahl im Oktober ein Comeback als Präsident gelingen könnte. Die schwarze brasilianische Sängerin Bia Ferreira vertrieb am Sonntagabend auf der Bühne »1. Mai« den rechtsextremen Präsidenten Bolsonaro unter dem Jubel des Publikums schon mal symbolisch.

Politischer und medialer Höhepunkt des Festes, das stets von tausenden Freiwilligen vorbereitet und durchgeführt wird, ist traditionell die Abschlusskundgebung mit einer Rede des PCP-Generalsekretärs. Jerónimo de Sousa schlug an diesem Sonntag unversöhnliche Töne an – nicht nur gegenüber den regierenden Sozialisten (PS). »Die Spirale des Krieges und der von den USA, der Europäischen Union und der Nato verhängten Sanktionen hängen untrennbar mit der ungezügelten Spekulation und der Teuerung von Energie, Lebensmitteln und anderen wichtigen Produkten zusammen«, betonte der Parteichef und warf Portugals Regierung »Komplizenschaft« vor. Waffenindustrie und Energiemultis führen riesige Profite ein. Die Realität zeige, »wer alles tut, damit der Krieg nicht endet«. Seine Partei hingegen stehe »von Anfang an auf der Seite des Friedens und gegen den Krieg« und trete mit Recht für eine politische Lösung des Konflikts ein.

De Sousa kritisierte Premierminister António Costa dafür, dass er eine politische Krise herbeigeführt habe, die ihm bei Neuwahlen im Frühjahr eine absolute Mehrheit im Parlament eingebracht habe. Damit hatte auch die Kooperation der PS mit den linken Oppositionsparteien geendet. Angesichts der Inflation fordert die PCP einen Preisdeckel bei Energie und Grundnahrungsmitteln, eine Übergewinnsteuer für Konzerne und die Erhöhung von Renten und Gehältern. Im Juli hatte die Teuerung im Jahresvergleich bei 9,1 Prozent gelegen. Energie hatte sich fast um ein Drittel verteuert, bei Lebensmitteln waren es 13 Prozent. Portugals Kommunisten wollen im November auf einer nationalen Konferenz in Seixal ihren weiteren Kurs abstecken.

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