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Royales
Unziemliche Gedanken zum Besuch von Erich Honecker in der Bundesrepublik vor 35 Jahren
Harte Zeiten für royale Fans. Kaum haben sie sich vom posthumen Schluchzen um die vor 25 Jahren verunglückte Lady Di erholt, kaum sind ihre Äuglein getrocknet, werden sie wieder von Weinkrämpfen geschüttelt und gerührt. Themse-Lisl hat ihr güldenes Löffelchen abgegeben.
Wer weint eigentlich noch um Erich? Vor 35 Jahren konnte Honecker endlich, nach zweitem oder drittem Anlauf (weil es dem Großen Bruder missfiel) in die Bundesrepublik reisen, wurde royal-gleich empfangen und bewirtet, nächtigte unter anderem im Schloss Gymnich, wo ihn kaum zwei Jahre später der ungarische Brutus den Dolch für ein paar Groschen in den Rücken stoßen wird: Der kleine Bruder Miklós lüftet in der Nacht vom 10. auf den 11. September 1989 den Eisernen Vorhang für Erichs abgefallene Untertanen.
Während seiner Visite vom 7. bis 11. September 1987 in Westelbien traf sich der erste Mann im ostdeutschen Arbeiter- und Bauernstaat auch mit Wirtschaftsmagnaten. Üppig ward ihm aufgetragen beim Dinner in der Villa des Kriegsverbrechers Krupp. Beseelt kehrte König Erich zurück. Und wurde bitter enttäuscht. In Bonn hatte Seine Majestät Kohl geprahlt, nur kluge Köpfe an seinem Hofe zu haben, demonstrierte dies auch stante pede, winkte den gerade vorbeischlendernden Otto Graf Lambsdorff herbei: »Otto, sag mal, wer ist das? Es ist weder deine Schwester noch dein Bruder und doch deiner Eltern Kind.« – »Das bin ich«, antwortete der Aristokrat aus uraltem baltischen Adelsgeschlecht wie aus der Pistole geschossen. Zu Hause wollte Erich den IQ seiner Ritter testen und fragte Egon Gleiches: »Es ist weder deine Schwester noch dein Bruder und doch deiner Eltern Kind.« Krenz schaute nur verdutzt drein. Worauf Honecker ärgerlich herausplatzte: »Mann, das ist doch klar: Otto Graf Lambsdorff!«
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