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Nicht alles Schick in Cottbus
SPD-Kandidat Tobias Schick bei Oberbürgermeisterwahl vorn, muss aber gegen AfD-Mann in die Stichwahl
Es ist eine klassische Text-Bild-Schere. Besucher seiner Internetseite begrüßt der Cottbuser Oberbürgermeisterkandidat der SPD mit den Worten: »Ich bin Tobias Schick, 41 Jahre alt.« Auf dem großen Bild darüber ist jedoch ein anderer Sozialdemokrat zu sehen: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) vor dem verschwommenen Hintergrund des schön am Amtsteich gelegenen Cottbuser Kunstmuseums Dieselkraftwerk. Woidke unterstützt den Wahlkampf von Tobias Schick. Dieser kann, nach einem Etappensieg am Sonntag, jede Hilfe gebrauchen für die Stichwahl am 9. Oktober.
CDU-Kandidat knapp ausgeschieden
Es geht darum, wer auf den aktuellen Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) folgt, der aus gesundheitlichen Gründen nicht wieder angetreten ist. Es ging die nicht ganz nachvollziehbare Angst um, der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Schieske könnte das Rennen machen. Sozialdemokrat Schick hat diesen jedoch am Sonntag im ersten Wahlgang mit 31,8 Prozent zu 26,4 Prozent der Stimmen deutlich hinter sich gelassen. Darüber hinaus rückte Thomas Bergner (CDU) mit seinen 24,7 Prozent sehr nah an den AfD-Kandidaten heran. Wäre Bergner noch vorbeigezogen, so hätte es Lars Schieske nicht einmal in die Stichwahl geschafft.
Unterstützung von allen Seiten
Normalerweise dürfte Schieske nun chancenlos sein, denn Christdemokrat Bergner sicherte dem Sozialdemokraten Schick noch am Wahlabend seine Unterstützung zu. Der mit 5,6 Prozent ausgeschiedene Bewerber Felix Sicker (FDP) legte am Montag nach. »Ich gratuliere Tobias Schick zu seinem Wahlsieg und werde ihn bei der Stichwahl am 9. Oktober unterstützen«, kündigte Sicker an. FDP-Landeschef Zyon Braun sekundierte: »Cottbus muss von einem Demokraten in die Zukunft geführt werden. Wir stellen uns der AfD entgegen.«
Aber Cornelia Meißner, Vizevorsitzende des Linke-Ortsverbandes, erklärte dem »nd« am Montag: »Unsere Genossen und Wähler bräuchten gar keine Empfehlung.« Dass sie nicht für einen AfD-Kandidaten stimmen, »versteht sich von selbst«. Natürlich könnten die Wahlbeteiligung von nur 53,5 Prozent und das Ergebnis der AfD nicht zufrieden stimmen. Doch Meißner erwartet, die Stichwahl werde noch deutlicher zeigen, dass die Lausitzmetropole eine offene, bunte Stadt ist, auch wenn noch so einiges zu tun sei. Der Linke-Kreisvorsitzende Christopher Neumann kündigte an: »Wir werden in den kommenden Tagen das Gespräch mit Tobias Schick suchen und hoffen, in ihm einen Partner für die anstehenden Aufgaben in der Stadt zu finden. Auch mit Blick auf die drohenden sozialen Probleme im Zuge der Preissteigerungen ist die Kommune in der Verantwortung.« Deutlich sagte Neumann: »Bereits heute rufen wir alle demokratischen Kräfte dazu auf, in der Stichwahl ihre Stimme für Tobias Schick abzugeben und einem möglichen rechtsradikalen Oberbürgermeister eine klare Absage zu erteilen.«
Sozialwissenschaftlerin Heike Radvan von der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg sagte der Nachrichtenagentur dpa, es sei »sehr zu begrüßen«, dass ein Kandidat der demokratischen Parteien vorn liege. »Damit gibt es für die Stadt eine große Chance, weil dieser Kandidat für Partizipation, für eine weltoffene Stadt, für soziale Gerechtigkeit, letztendlich auch für den Wirtschaftsstandort steht und in dem Sinne auch die Gelder für den Strukturwandel in Richtung Innovation und Internationalität einsetzen würde.«
Doch der vor der Stichwahl nun so aussichtsreiche Tobias Schick, der aktuell noch als Geschäftsführer des Stadtsportbundes arbeitet, begeht nicht den Fehler, sich seines Sieges zu gewiss zu sein. »31,8 Prozent. Ich bin überwältigt«, kommentierte er sein Ergebnis. »Aber wir sind noch nicht am Ziel«, mahnte er. »Am 9. Oktober bin ich in der Stichwahl. Jetzt geht es um alles.«
AfD-Mann Schieske war, bevor er 2019 in den Landtag einzog, Berufsfeuerwehrmann und hat 2018 in Cottbus über den Lautsprecher eines Einsatzfahrzeugs an die Teilnehmer einer Demonstration des asylfeindlichen Vereins »Zukunft Heimat« durchgegeben: »Wir grüßen die Patrioten in Cottbus!« Er gibt jetzt vor der Stichwahl nicht etwa auf. Schieske und seine Parteifreunde, darunter Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel, sehen es als Erfolg, dass es gelungen sei, den CDU-Ordnungsdezernenten Thomas Bergner, der lange als Favorit der Oberbürgermeisterwahl gegolten habe, in der ersten Runde auf Rang drei zu verweisen. »Nun gilt es, in den kommenden vier Wochen noch mal alles zu geben«, ermuntert Schieske seine Anhänger. »Gemeinsam können wir die Stichwahl gewinnen.«
Linker Bürgermeister siegt in Wiesenburg
Im Schatten der bundesweit beachteten Cottbuser Oberbürgermeisterwahl gab es in Brandenburg am Sonntag noch eine Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Wiesenburg (Potsdam-Mittelmark). Hauptamtlicher Rathauschef der 4500 Einwohner zählenden Kommune ist seit acht Jahren Marco Beckendorf (Linke), und kann es weitere acht Jahre bleiben. Die Wähler gaben ihm gleich im ersten Wahlgang mit 67,2 Prozent erneut das Vertrauen. Herausforderer Robert Pulz (parteilos) blieb mit 26,3 Prozent chancenlos. Ferner liefen: Dietmar Paul (parteilos) mit 4,6 Prozent und Kim Ole Daniels (FDP) mit 2,0 Prozent. »Vielen, vielen Dank! Ein überwältigendes Ergebnis«, bedankte sich der 40-jährige Beckendorf.
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