Für den Frieden auf die Straße

Zahlreiche Menschen in Italien fordern eine Abkehr von der aktuellen Politik

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als 100 000 Italiener demonstrierten am Wochenende in Rom und Mailand für Frieden und Verhandlungen im Ukraine-Krieg und forderten einen Stopp der Waffenlieferungen.

Mehr als 100 000 Italiener hatten sich am vergangenen Samstag in Rom zu einer Kundgebung für den Frieden und gegen den Krieg in der Ukraine versammelt. Angesichts steigender Inflation und Lebenshaltungskosten, zunehmender Bedrohung für den Weltfrieden und einem nicht absehbaren Ende des militärischen Konflikts zwischen Russland und der Ukraine sorgen sich immer mehr Bürger um die eigene Zukunft und befürchten eine Eskalation des Konflikts weit über die Grenzen Mittel-und Osteuropas hinaus.

Mehrere politische Parteien, die großen Gewerkschaften sowie zahlreiche Vertreter der Zivilgesellschaft hatten daher zur großen Friedensmanifestation in Rom aufgerufen.

Parallel hierzu demonstrierten Anhänger der Oppositionsparteien Azione Carlo Calendas sowie Matteo Renzis Italia Viva in Mailand. Hier kamen etwa 10 000 Protestierende zusammen. Der große Unterschied: Während die Demonstranten in der Hauptstadt Rom vehement einen Stopp der Kampfhandlungen und sofortige Friedensverhandlungen forderten, betonten jene in der lombardischen Metropole ihre Unterstützung für die ukrainische Seite und gegebenenfalls auch weitere Waffenlieferungen.

Ganz anders der Tenor in Rom: Sofortiger Waffenstillstand, Friedensverhandlungen, Einstellung der Waffenlieferungen und das Ende der Sanktionen wie auch Gespräche über den Wiederaufbau der Ukraine – das waren die Kernforderungen auf der Manifestation in der Hauptstadt.

Der Gründer der Antimafia-Landwirtschaftsinitiative »Libera« Don Luigi Ciotti erklärte, man müsse die »Politiker der Vereinten Nationen, Europas, der Konfliktländer und auch die unserer Regierung« zum Dialog zu Verhandlungen auffordern. »Wir alle können uns nicht vor dem Konflikt verstecken, wir müssen Gesicht zeigen und für den Frieden einstehen«, so der bekannte Geistliche. Der einzige Weg aus dem Konflikt sei der der Diplomatie.

Dies unterstrich auch der frühere Chef der Sozialdemokraten Pierluigi Bersani: »Diese Demonstration hier und heute ist ein starkes Signal an unsere Regierung, an die Nato, an die Europäer.« Natürlich gelte die Solidarität der unter der Aggression leidenden Ukraine, doch der einzig mögliche Ausweg sei auf dem Weg von Verhandlungen zu finden. »Waffen haben noch nie ein Problem gelöst und können es heute umso weniger«, so Bersani.

Auch der Ex-Premier und Vorsitzende des Movimento 5 Stelle, Giuseppe Conte, war unter den Demonstranten ebenso zu finden. Conte betonte die Wichtigkeit, dass so viele Menschen – unabhängig von ihrer politischen Parteizugehörigkeit – für den Frieden auf die Straße gingen. »Jetzt gilt es aber auch, im Parlament Gesicht und Courage zu zeigen und der Rechtsregierung zu erklären, dass man mit weiteren Waffenlieferungen und einem Verzicht auf Verhandlungen nicht einverstanden ist«, erklärte Conte.

Etwas über 10 000 Menschen sind in Neapel auf die Straße gegangen. Hier hatten die Arbeitsloseninitiative »Movimento 7 Novembre« sowie Umweltschutzverbände wie Fridays for Future zum Protest gerufen. Unter dem Motto »Es reicht – wir stehen auf« demonstrierten nicht nur Arbeitslose, sondern auch weitere betroffene Bürger gegen Verteuerung der Lebenshaltungskosten, Krieg, Umweltzerstörung, Erhöhung der Energierechnungen, Arbeitslosigkeit und Vernichtung bezahlbaren Wohnraums. Nach Bologna und Florenz war dies die dritte Manifestation der Bewegung, die auf die weitreichenden Krisenauswirkungen in Italien aufmerksam machen wollte.

Während die Proteste in Mailand und Rom sehr friedvoll abliefen – der der Lega nahestehende Innenminister Piantedosi lobte die Friedfertigkeit am Abend – machte sich in Neapel auch Wut breit: Farbbeutel, Leuchtraketen und Nebelbomben wurden nicht nur gegen Filialen der Banken und Großkonzerne, sondern auch gegen Einheiten von Polizei und Carabinieri geschleudert.

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