Mitte-links-Bündnis nach Wahlen geschwächt

Bisherige Regierungskoalition von Premier Sher Bahadur Deuba gewinnt Parlamentswahl, muss aber Verluste hinnehmen

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.
Bei den Parlamentswahlen erlitt Nepals Premierminister Sher Bahadur Deuba einen Dämpfer, er kann aber weiterregieren.
Bei den Parlamentswahlen erlitt Nepals Premierminister Sher Bahadur Deuba einen Dämpfer, er kann aber weiterregieren.

Ursprünglich wollte Nepals Wahlkommission drei Tage nach den Wahlen zum Parlament und zu den sieben Provinzversammlungen am 20. November ein Endergebnis vorlegen. Inzwischen wird seit über einer Woche ausgezählt. Für 151 der 165 Direktmandate liegt nun aber ein Ergebnis vor, und vieles spricht dafür, dass das zuletzt regierende Fünf-Parteien-Bündnis unter dem amtierenden Premierminister Sher Bahadur Deuba weitermachen kann. Die beiden wichtigsten Partner haben dies bereits angekündigt. Am Wochenende hatten sich Deuba, Anführer des sozialliberalen Nepali Congress (NC), und Pushpa Kamal Dahal, Chef der Kommunistischen Partei Nepals/Maoistisches Zentrum (CPN-MC), getroffen und ihre Intention zur Fortsetzung der Regierung erklärt. Das heterogene Bündnis hatte übernommen, nachdem der vorherige Premier Khadga Prasad Sharma Oli von den Vereinigten Marxisten-Leninisten (CPN-UML) im Mai 2021 per Misstrauensvotum abgesetzt worden war.

Oli hatte auf verfassungswidrige Weise versucht, vorzeitige Neuwahlen zu erzwingen, nachdem die linke Einheitsregierung zum Jahresende 2020 de facto zerbrochen war. Zur vorherigen Wahl 2017 waren Marxisten und Maoisten gemeinsam angetreten, hatten eine Zweidrittelmehrheit geholt und die Kommunistische Partei wenige Monate später wiedervereint. Dies wurde im Frühjahr 2021 vom Obersten Gericht annulliert. Die UML hat sich zwar nach Stimmen knapp als stärkste Partei behauptet, die meisten Sitze gehen aber an den NC, der 53 der bisher ausgezählten Wahlkreise sicher hat sowie in drei weiteren in Führung liegt. Die UML könnte zu bisher 39 Mandaten noch drei hinzugewinnen, wird aber von den ergänzenden Parteilistensitzen etwas mehr als der NC erhalten.

Verlierer sind in erster Linie die Maoisten. Zwar bleiben sie knapp drittstärkste Kraft und damit in der Rolle des Königsmachers, ihre bisher 17 gewonnenen Direktmandate sowie ihr Ergebnis bei den Listensitzen kommen aber einem Bedeutungsverlust gleich. Bisher lag die NCP-MC mit 53 Mandaten nahezu auf Augenhöhe mit dem NC, der 61 Mandate innehatte, verglichen mit 98 für die UML. Nach dieser Wahl fällt der Unterschied zwischen den beiden wichtigsten Koalitionspartnern deutlich größer aus. Das Bündnis hatte sich bei Kandidaturen auf Wahlkreisebene abgesprochen, profitieren konnte davon offenbar auch die NCP-US. Die Partei war nach dem Bruch von größtenteils ehemaligen UML-Mitgliedern um Madhav Kumar Nepal gegründet worden, der ebenfalls mehrfacher Ex-Premier ist und sich mit Oli überworfen hatte. Die NCP-US ist nach den bisherigen Ergebnissen mit zehn Direktmandaten und einem recht soliden Stimmenergebnis im Parlament vertreten. Stärkster Nutznießer der gemeinsamen Kandidaturen ist aber der NC.

Ausdruck eines um sich greifenden Unmuts mit den etablierten Kräften ist der Aufstieg der erst vor anderthalb Monaten gegründeten Rastriya Swatantra Party (RSP), deren genaue politische Verortung noch unklar ist, die aber auf Anhieb mindestens sieben Direktmandate erhielt. Sechs Sitze sicher hat die monarchistische Nationaldemokratische Partei (Rastriya Prajatantra Party/RPP), die zwar keine neue Kraft ist, aber zuletzt ein Nischendasein fristete und deshalb ebenfalls von vielen als Alternative angesehen wurde.

Die wahrscheinliche Neuauflage der Koalition muss nicht nur mit einer knapperen Mehrheit umgehen sowie die Wirtschaftskrise und die hohe Inflation im Land bekämpfen. Eine zentrale Aufgabe bleibt auch die Normalisierung des Verhältnisses zu Indien. Unter Olis Herrschaft waren Grenzkonflikte mit dem Nachbarland immer weiter eskaliert. Deuba hatte bereits Anfang April in Neu-Delhi die Wogen geglättet. Nepal liegt eingeklemmt zwischen den beiden übermächtigen Nachbarn China und Indien.

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