Pedro Castillo hat sich verrannt

Martin Ling über ein gescheitertes linkes Experiment in Peru

Sein Ziel war ehrgeizig und sicher ehrlich gemeint: »Keine Armen mehr in einem reichen Land.« Pedro Castillo, Perus Präsident, der sich am Mittwoch per Selbstputsch ins Aus manövriert hat, war als Dorfschullehrer mit der Armut und sozialen Ungerechtigkeit täglich konfrontiert, die er als Präsident bekämpfen wollte. Doch die Elite in der Hauptstadt Lima konnte und wollte mit dem »Hinterwäldler« nichts anfangen. Das gilt auch für das von den Rechten dominierte peruanische Parlament, das ihm Steine in den Weg legte, wo es nur ging, und ihm zuletzt selbst Auslandsreisen unmöglich machte.

Gescheitert ist Castillo nichtsdestotrotz vor allem an seiner politischen Unerfahrenheit und an seinem Unvermögen, eine stabile Regierung zu bilden. Eine Kabinettsumbildung folgte auf die nächste. Ausgewiesene Experten wie sein Wirtschaftsminister Pedro Francke verließen nach wenigen Monaten entnervt ihren Job. Gerade Francke hatte Pläne, deren Umsetzung für Peru lohnenswert gewesen wäre und immer noch ist: »Wir wollen doch nur mit mehr Steuern auf den Bergbau Mittel für Bildung und Gesundheit für alle generieren«, twitterte er zum Start der Regierung, um der antikommunistischen Hetze gegen Castillo und gegen die damals noch hinter ihm stehende marxistisch-leninistische Partei Perú libre (Freies Peru) den Wind aus den Segeln zu nehmen. Das ist so wenig gelungen wie eine progressive Steuerreform.

Neue Präsidentin ist Dina Boluarte, eine einstige Gefolgsfrau von Castillo, die ihm erst vor Wochenfrist wegen einer erneuten Kabinettsumbesetzung die Gefolgschaft versagt hatte, aber als Vizepräsidentin noch im Amt war und deswegen verfassungsgemäß nachrückt. Sie ist eine undogmatische Linke. Ob damit in Peru Staat zu machen ist, bleibt ungewiss.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.