Zivilgesellschaft stärken

Kabinett will Projekte gegen Rassismus und gegen rechts dauerhaft fördern

Es ist ein seit Monaten angekündigtes Vorhaben der Ampelkoalition: das sogenannte Demokratiefördergesetz. Es soll vor allem dafür sorgen, dass Einrichtungen, die sich für Demokratie einsetzen und sich Gewalt, Rassismus, Neofaschismus und Menschenfeindlichkeit allgemein entgegenstellen, dauerhaft sicher finanziert werden.

Am Mittwoch einigte sich das Bundeskabinett in Berlin auf den Gesetzentwurf, der Anfang des kommenden Jahres in die parlamentarische Abstimmung gehen soll. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Innenressortchefin Nancy Faeser (SPD) präsentierten das Regelwerk nach dem Kabinettsbeschluss der Öffentlichkeit. Es soll dem Bund erstmals ermöglichen, Initiativen gegen Gewalt und Rassismus langfristig finanziell zu unterstützen. Dadurch bekämen diese mehr Planungssicherheit, sagte Paus.

Bislang werden Demokratieprojekte vom Bund auf freiwilliger Basis kofinanziert und sind immer zeitlich befristet. Es gibt keine Sicherheit für die Initiativen, die sie betreiben, ob die Förderung auch nach Ablauf der oft nur auf ein Jahr befristeten Zahlungen weiterläuft, was auch die Einstellung von festen Mitarbeitern erschwert.

Im Gesetzestext heißt es, der Bund werde nunmehr »auf Grundlage eines ausdrücklichen gesetzlichen Auftrags bundeseigene Maßnahmen durchführen sowie Maßnahmen Dritter fördern, sofern sie von überregionaler Bedeutung sind und in erheblichem Bundesinteresse liegen«. Die gesetzliche Verankerung gewährleiste die notwendige Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die damit verbundene nachhaltige Absicherung der Maßnahmen im Bereich der »Demokratieförderung, Vielfaltgestaltung, Extremismusprävention und politischen Bildung«.

Paus erklärte: »Angesichts von Hass, Hetze und Gewalt müssen wir uns gegen Angriffe wappnen und unsere Demokratie widerstandsfähiger machen.« Mit dem Gesetz solle der Bund »zum Kampf gegen Rassismus, Extremismus und Menschenfeindlichkeit« verpflichtet werden. »Die vereitelten Umsturzpläne im Reichsbürger-Milieu haben uns erneut in aller Deutlichkeit gezeigt, wie sehr einzelne Gruppen unsere plurale Gesellschaft und demokratische Werte ablehnen«, betonte Paus. Faeser sagte, man wolle mit dem Gesetz »unsere Demokratie von innen heraus« stärken. Die demokratische Zivilgesellschaft sei das »stärkste Bollwerk gegen Extremismus«.

In einem gemeinsamen Informationspapier zum Gesetzesvorhaben hatten Paus und Faeser betont, die zunehmende Bedrohung durch Rechtsextremismus sowie neue Herausforderungen im Zuge der Corona-Pandemie oder des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine machten dieses dringlicher denn je. So würden etwa die Verbreitung von Verschwörungsideologien und die Bildung von Bündnissen zwischen radikalisierten Gruppen zunehmen. Das erhöhe den Bedarf an »Extremismusprävention«.

Wenn das Gesetz vom Bundestag verabschiedet ist, muss noch eine Förderrichtlinie erarbeitet werden, auf deren Grundlage einzelne Gruppen unterstützt werden sollen. Das soll nach Angaben von Paus im kommenden Jahr in Angriff genommen werden. Die Bundesfamilienministerin stellte zugleich klar, dass mit dem Gesetz nicht automatisch aus einer Projektförderung eine institutionelle werde. Es biete aber die Möglichkeit, eine längerfristige Unterstützung zu entwickeln.

Die Große Koalition hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode ein Demokratiefördergesetz geplant, das aber an Einwänden der Unionsparteien scheiterte. Diese wollte insbesondere die 2010 von der damaligen CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder im Bund eingeführte und 2014 von Manuela Schwesig (SPD) wieder abgeschaffte Extremismusklausel wiederbeleben. Dabei mussten geförderte Initiativen eine sogenannte Demokratieerklärung abgeben, also eine Versicherung, dass sie vollumfänglich auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen. Damit wollten CDU und CSU verhindern, dass »linksextremistische« Gruppierungen gefördert werden.

Kritik am angeblich zu laxen Umgang des Regierungsbündnisses mit »Linksextremen« im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorhaben kam folgerichtig am Mittwoch erneut von der Union. Und die AfD wittert darin gar ein Programm zur »Abschaffung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung«. Ziel sei es, »den Schulterschluss mit linksradikalen Vereinen und Organisationen zu suchen, die zukünftig noch mehr durch den Steuerzahler finanziell gefördert werden sollen«, meinte die Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte, das Gesetz bringe keinen Mehrwert. Der vorgelegte Entwurf verschaffe Bildungsträgern »keinen zusätzlichen Rechtsanspruch auf Förderung« und diene nur dazu, »überwiegend linke NGOs und Bildungsträger zu befriedigen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es müsse verhindert werden, dass »Steuergelder in die Hände von Extremisten« fallen. Daher müsse die Förderung von Projekten an ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung geknüpft werden.

Dagegen verwahrte sich die Grünen-Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir. »Für uns ist es maßgeblich, dass der Staat dieses wichtige Engagement der Zivilgesellschaft anerkennt und nicht durch ein Konstrukt wie die Extremismusklausel als Vorbedingung für eine Förderung behindert und damit ungerechtfertigtes staatliches Misstrauen ausdrückt.«

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