Demokratie sabotiert

Haftbefehle gegen Politiker und Polizisten nach den Ausschreitungen in Brasiliens Hauptstadt

Nach dem weitgehend ungehinderten Eindringen rechtsextremer Demonstranten in Regierungsgebäude in der brasilianischen Hauptstadt am vergangenen Sonntag ermittelt die Justiz auch gegen mehrere hohe Beamte, die den Anschlag von Anhängern des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf die demokratischen Institutionen unterstützt oder begünstigt haben sollen. Am Dienstag (Ortszeit) ordnete der Richter am Obersten Gerichtshof Alexandre Moraes Haftbefehl gegen Anderson Torres, den am Sonntag entlassenen Sicherheitschef des Bundesdistrikts Brasília, an. Polizisten durchsuchten dessen Wohnung. Torres befindet sich auf einer Reise in den USA und wollte am Mittwoch nach Brasilien zurückkehren, um sich den Behörden zu stellen. Bevor er zu Neujahr erneut für die öffentliche Sicherheit von Brasilia zuständig wurde, war Torres von März 2021 an zwischenzeitlich Justizminister in Bolsonaros Kabinett. Ricardo Garcia Cappelli, dem von Präsident Lula per Dekret nun die Verantwortung für die Sicherheit in der Hauptstadt übertragen wurde, spricht von einer »strukturierten Sabotageaktion, die vom bolsonaristischen Ex-Minister kommandiert wurde«.

Bereits in Gewahrsam genommen wurde der zuvor im Auftrag von Präsident Lula abgesetzte Polizeichef der brasilianischen Bundeshauptstadt, Fabio Augusto Viera, der am Sonntag als Einsatzleiter agiert hatte. Richter Moraes sieht Anzeichen für eine »kriminelle Organisation«, die es sich zum Ziel gesetzt habe, »die demokratischen Institutionen zu destabilisieren«. Der Polizeiführung wirft Moraes diverse Unterlassungen vor, die die »terroristischen Akte« gegen das öffentliche Eigentum durch »Duldung und Untätigkeit« ermöglicht und dadurch Repräsentanten des Staates in Gefahr gebracht hätten.

Mit seinem rigid-autoritären Durchgreifen gegen Kräfte, die Zweifel am Wahlsieg des Linkspolitikers Lula da Silva säen und das Militär zum Eingreifen auffordern, ist der Oberste Richter für rechtsextreme Kreise zu einem zentralen Feindbild geworden. Vorläufig suspendiert hat Moraes den Gouverneur von Brasília, Ibaneis Rocha, der Bolsonaro politisch nahesteht und Forderungen nach einem strengeren Sicherheitskonzept ignoriert haben soll.

Am Sonntag hatten tausende Bolsonaro-Anhänger, die extra mit Bussen angereist waren oder bereits in Brasilia kampiert hatten, die Absperrungen zum Präsidentschaftspalast, Parlamentsgebäude und Sitz des Obersten Gerichts überrannt. Hunderte randalierten in den Gebäuden, legten Feuer, zerstörten oder raubten Kunstwerke und attackierten Journalisten und Sicherheitskräfte. Erst nach Stunden konnte die Situation unter Kontrolle gebracht werden. Es entstanden Schäden in Millionenhöhe.

Der Krisenstab der brasilianischen Regierung hat am Mittwoch die Sicherheitsvorkehrungen landesweit verstärkt, da mit weiteren Aufmärschen und Aktionen von Bolsonaro-Anhängern gerechnet wird.

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