- Kultur
- Diether Dehm und Florian Silbereisen
Den Text berührt
Words (Don’t come easy): Diether Dehm verklagt Florian Silbereisen
Der Politiker und Musiker Diether Dehm (Linkspartei) hat den Schlagersänger und Showmaster Florian Silbereisen (meistens MDR) verklagt. Dehm wirft ihm Urheberrechtsverletzung vor, nachdem Silbereisen den alten Klaus-Lage-Hit »1000 und 1 Nacht (Zoom!)«, der landläufig nach seinem Refrain als »Tausendmal berührt« bekannt ist, am vergangenen Samstag im Fernsehen mit verändertem Text gesungen hat. Der Text stammt von Dehm, er hat ihn 1986 für Klaus Lage verfasst.
Bei der ARD-Gala »Der große Schlagerabschied« am Samstagabend wurde der alte und kranke Sänger Jürgen Drews, der sich lange Zeit als »König von Mallorca« feiern ließ, von seinem Fernsehvolk verabschiedet. Silbereisen sang zusammen mit Beatrice Egli das Lage-Lied und verabschiedete sich darin dezent vom Wort »Indianer«, vermutlich aus politischen Bedenken, auch wenn die gesamte Veranstaltung als politisch bedenklich betrachtet werden könnte, dient sie doch dem verdammten Prosit der Gemütlichkeit inmitten von Klimakrise, Aufrüstung und Spätestkapitalismus.
Silbereisen veränderte das Lage-Lied an einer einzigen Stelle. Heißt es im Original »Erinnerst du dich, wir haben Indianer gespielt« sang er: »Erinnerst du dich, wir haben zusammen gespielt.« Danach weiter im Text: »Und uns an Fasching in den Büschen versteckt.« Es ist bemerkenswert, dass es Menschen gibt, die vor dem Fernseher sitzen und den Unterschied bemerken. Anschlussfrage: Merken die sonst auch noch etwas?
Diether Dehm jedenfalls wurde von Dieter Hallervorden informiert, dass hier ein Wort nicht gestimmt hatte, sagte er gegenüber dieser Zeitung. Es ärgere ihn, wenn das Wort »Indianer« inkriminiert werde, wenn es doch die Angehörigen der First Nations in den USA, um es einmal korrekt auszudrücken, teilweise weiterhin benutzen würden. »Tut was für die Indianer in den USA, aber streicht nicht dieses Wort, denn das ist eine paternalistische Mode«, meint Dehm.
Auf Facebook hatte er Silbereisen schon »die mindeste geschmackliche Kompetenz« abgesprochen und einen Scherz versucht: »Ich bestehe aber nicht nur auf Texttreue, sondern auch darauf, dass meine Kinder, Enkel und Ur-Enkel wo- und wann-immer sie wollen, ›Indianer spielen dürfen‹; so wie hoffentlich auch junge Indigene ewig und überall auf der Welt ›alte weiße Männer‹ spielen dürfen sollen.«
Zwischen der ARD und der Gema besteht eine Rahmenvereinbarung, nach der Songtexte nicht verändert werden dürfen. Wie der Presse zu entnehmen ist, hat Silbereisen das Lage-Lied anscheinend schon im vergangenen August mit verändertem Text gesungen, bei der Sendung »Die Märchenschloss-Nacht« des MDR. Damals tobte im Sommerloch die große Winnetou-Diskussion, die von konservativer Seite als lächerlich hingestellt wurde. Dabei ist es doch so (Kurzfassung): »Die ›Winnetou‹-Romane von May und ihre Verfilmungen sind gesellschaftlich nicht tragbar«, stellte Tuncay Acar in dieser Zeitung fest.
Man kann zwar Bücher vom Markt nehmen, aber man kann Wörter in Liedern nicht nach Belieben austauschen und aufführen, nur dann, wenn der Urheber es gestattet. »1000 und 1 Nacht (Zoom!)« gehört zu Dehms bekanntesten Songs, zusammen mit »Was wollen wir trinken«, gesungen von den Bots und »Now That You’re Gone«, gesungen von Joe Cocker. Ein geändertes Lage-Lied hatte Dehm schon einmal genehmigt für die Reklame einer Baumarktkette. Da hat es dann nicht »Zoom« gemacht, sondern »Toom«.
Im ersten Jahr der Pandemie adaptierte Dehm den alten Schlager »Marina« von Rocco Granata von 1959 und versah ihn mit neuem Text, der die allgemeine Corona-Politik geißelte. Ärger bekam er daraufhin mit der Linkspartei, die ihm verschwörungserzählerisches Gebaren vorwarf und sich von dem Lied distanzierte, nicht aber mit den Urhebern. Mittlerweile singt er das Lied in anderer Fassung. Was sonst noch geschah: Dehm soll von der Partei ausgeschlossen werden, wegen parteischädigenden Verhaltens. Ein Vorwurf lautet, man wüsste nicht, wann man es bei ihm mit dem Künstler und wann mit dem Politiker zu tun habe. Vielleicht weiß Florian Silbereisen mehr?
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