- Kommentare
- Schwarz-Rot in Berlin
Rote Fahnen im Wind
Marten Brehmer sieht einen schwarzen Tag für Berlin
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber selbst beinharte Optimisten müssen jetzt eingestehen: Die Große Koalition kann wohl nur noch ein Wunder aufhalten. Franziska Giffey will Schwarz-Rot – und bis auf wenige Abweichler sehen das in der SPD viele ähnlich. Ob sich – wie es uns die Hauptstadtpresse einreden will – die Bevölkerung nichts sehnlicher wünscht als einen CDU-Regierenden, nachdem sie vor anderthalb Jahren mit 60 Prozent Mehrheit für die Enteignung großer Immobilienkonzerne gestimmt hat, darf angezweifelt werden.
Die SPD verrät also – mal wieder – die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft. Den Unkenrufen vom »Chaos-Senat« einen Verzweiflungsschlag entgegenzusetzen, war Giffey und Co. offenbar wichtiger als eine soziale Politik für Berlin. Die jetzt durchsickernden Ausschnitte aus den Sondierungen lassen aber auch die Grünen nicht gut dastehen. Sollten die Berichte, dass Grüne und SPD nicht übereinkommen konnten, den Tatsachen entsprechen, erscheinen die Grünen als politische Dilettanten. Eine Absurdität, die man sich auf der Zunge zergehen lassen darf: Während es die Linkspartei schafft, mit der SPD einen Kompromiss zu den milliardenschweren Enteignungen auszuhandeln, können die Grünen kein verhandelbares Angebot zu Radwegen machen.
Denken sollten wir jetzt an die Leidtragenden der Politik der nächsten dreieinhalb Jahre: An die halbe Million Mieter im sozialen Wohnungsbau zum Beispiel, deren Mieten der rot-grün-rote Senat in der Inflationskrise einfror. An die Eltern, die aktuell noch von kostenfreien Kitas profitieren. An die ukrainischen Geflüchteten, für die Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) das vollbrachte, woran der CDU-Innensenator Frank Henkel in der Fluchtbewegung von 2015 scheiterte: eine schnelle Unterbringung. Ob es solche Programme unter Schwarz-Rot wieder geben wird? Selbst die Fortführung der bestehenden ist jetzt unsicher.
Sicher ist dagegen – so viel Optimismus sei erlaubt – eines: Widerstandslos werden sich die Berliner der reaktionären Politik der kommenden Jahre nicht ergeben.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!