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Mit drei »R« zu globaler Gerechtigkeit

Rechte, Ressourcen und mehr Repräsentation für Frauen: Prinzipien feministischer Außenpolitik vorgestellt

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist eine »feministische Außenpolitik« als Ziel festgehalten. Jetzt hat das Auswärtige Amt zehn Leitlinien dafür erarbeitet. Sie betreffen sowohl das internationale Agieren des Außenministeriums als auch dessen innere Struktur. Ressortchefin Annalena Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) präsentierten das Konzept am Mittwoch vor dem Kanzleramt.

»Wir rufen heute nicht eine Revolution aus, sondern wir tun eine Selbstverständlichkeit: dafür sorgen, dass wir mit unserer Politik alle Menschen erreichen«, sagte Baerbock. Der feministische Ansatz werde sich künftig »durch alle Bereiche der Außenpolitik ziehen«. Als Beispiele nannte die Politikerin Friedensmissionen, Krisendiplomatie, humanitäre Hilfe und auswärtige Kulturpolitik.

Im Kern gehe es um die drei »R«, sagte die Ministerin: »um die Rechte von Frauen, um Ressourcen für Frauen und Frauenförderung sowie um die Repräsentanz von Frauen«. Die Leitlinien gelten allerdings nicht für die Arbeit der gesamten Regierung. Folgerichtig dämpfte Baerbock die Erwartungen an die Wirksamkeit der neuen Leitlinien. »Feminismus ist kein Zauberstab, wir sind nicht naiv«, stellte sie klar. »Wir werden nicht alle Probleme lösen können, aber wir werden genauer hinschauen«, so die Außenministerin. Ihr gehe es um einen »Realfeminismus«.

Entwicklungsministerin Schulze betonte, man wolle »Gesellschaften gerechter machen«. Da könne man »nicht auf die Hälfte des Potenzials, nämlich auf die Frauen, verzichten, sondern sie müssen mitgedacht werden«. Sie nannte als Ziele die Selbstbestimmung von Frauen darüber, wann sie Kinder bekämen und wie lange sie die Schule besuchten. Man wolle zugleich darauf hinwirken, dass Frauen im globalen Süden besseren Zugang zu Land erhielten. Nach Angaben der Welthungerhilfe stellen Frauen im globalen Süden fast die Hälfte aller Arbeitskräfte in der Landwirtschaft, besitzen aber weniger als 20 Prozent der Ackerflächen. UN-Berechnungen zufolge würden weltweit bis zu 150 Millionen Menschen weniger Hunger leiden, wenn im Agrarsektor Geschlechtergerechtigkeit hergestellt wäre. Derzeit haben 828 Millionen Menschen weltweit nicht genug zu essen.

Die Leitlinien sehen vor, dass bis 2025 rund 85 Prozent der vom Außenministerium neu zugesagten Projektmittel »gendersensibel« ausgegeben werden. Vor deren Verwendung muss demnach geprüft werden, wie und ob Frauen davon profitieren. Im Jahr 2021 traf dies laut dem Auswärtigen Amt auf etwa 64 Prozent der bewilligten Gelder zu. Weitere acht Prozent der Mittel sollten »gendertransformativ« ausgegeben werden, was bedeutet, dass sie »aktiv« zur Gleichstellung beitragen.

Weitere Punkte des Konzepts betreffen etwa die Integration der Perspektiven von Frauen und marginalisierten Gruppen in der weltweiten Arbeit des Amts für Frieden und Sicherheit, das Engagement für eine größere Teilhabe von Frauen und Marginalisierten in Friedensprozessen und der Kampf gegen sexualisierte Gewalt in bewaffneten Konflikten.

Darüber hinaus sollen mehr Frauen in außenpolitische Führungspositionen kommen. Derzeit sind nur 26 Prozent der Botschafterposten mit Frauen besetzt. Im Auswärtigen Amt sollen Chancengleichheit, ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld und flexibles Arbeiten stärker gefördert werden.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher kritisierte indes, es handle sich bei den Leitlinien vor allem um »ein Etikett, das massiv in Struktur und Arbeitsweise des Auswärtigen Amtes als Behörde eingreift, aber in der realen außenpolitischen Welt weitestgehend verpufft«. Zugleich warf die frauenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion Baerbock etwa mit Blick auf die Lage von Frauen im Iran Tatenlosigkeit vor.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Cornelia Möhring, konstatierte, es sei auffällig, dass in den Leitlinien eine »Ausschlussklausel« verankert sei. »Was das praktisch heißt, ist klar: im Zweifel gegen den Feminismus. Wenn er nicht passt, wird er passend gemacht und bald sprechen wir von feministischer Rüstungspolitik«, erklärte Möhring. Politik aus feministischer Perspektive müsse privatisierten Sozial- und Gesundheitssystemen »genauso wie Steueroasen und massiven privaten Vermögen den Kampf ansagen«.

Die Linke-Kovorsitzende Janine Wissler monierte, dass Waffenexporte nach Saudi-Arabien oder Flüssiggasgeschäfte mit Katar, »wo Frauen- und Menschenrechte mit Füßen getreten werden«, dem Anspruch »feministischer oder wertebasierter Außenpolitik« zuwider liefen. Wissler forderte zugleich, dass sich feministische Prinzipien auch in der Migrations- und Flüchtlingspolitik widerspiegeln müssten: »Wer anerkennt, dass Frauen mitunter besonders von Klimawandel und gewaltsamen Konflikten betroffen sind, der muss sich auch dafür einsetzen, dass sie entsprechende Unterstützung bekommen, wenn sie Schutz suchen.«

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