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Zahlreiche Demonstrationen verbanden in Berlin verschiedene frauenspezifische Themen

»Feministische Kämpfe sind auch Arbeits- und Tarifkämpfe«, sagt Martina Regulin dem »nd«. Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Berlin steht mit mehreren tausend Menschen in der Mitte Berlins. Von hier startete unter dem Motto »Feministisch, solidarisch, gewerkschaftlich« am Mittwoch die gewerkschaftliche Demonstration zum internationalen feministischen Kampftag.

Ein zentrales Thema des diesjährigen 8. März waren die Arbeitsbedingungen von Frauen: »Die Beschäftigten in Schulen, Kitas, der Jugendhilfe und auch in der Wissenschaft sind überwiegend Frauen. Diese Bereiche leiden besonders unter Personalmangel, schlechten Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen«, so Regulin. »Wir kämpfen täglich gegen Ungleichheiten, die historisch gewachsen sind, einfach, weil bestimmte Tätigkeiten als weniger wertvolle ›Frauenarbeit‹ gelten.«

Auf dem Papier funktioniere Gleichstellung, ergänzt die Berliner Landesleiterin der Gewerkschaft Verdi, Andrea Kühnemann: »Im Alltag des Arbeitslebens gibt es jedoch noch viel zu tun, ob bei den Löhnen, bei der Gleichverteilung von familiären Aufgaben, den Aufstiegschancen oder dem Arbeits- und Gesundheitsschutz.« Verdi organisiert sehr viele Beschäftigte in Branchen mit einem hohen Frauenanteil, ob im Gesundheitswesen, dem Handel oder dem Sozial- und Bildungsbereich.

Ein breites Bündnis aus Gewerkschaften und Verbänden hatte zur großen Demonstration in Berlin eingeladen. Unter ihnen waren auch zahlreiche Vertreter*innen der Berliner Krankenhausbewegung, die in den vergangenen Jahren für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte in den landeseigenen Krankenhausunternehmen Charité und Vivantes gekämpft haben. »Gerade während der Pandemie waren wir es, die den Laden am Laufen gehalten haben. Wir haben ›systemrelavante‹ Aufgaben übernommen, konnten nicht ins Homeoffice und bekommen dafür ein Gehalt, das unserer Verantwortung nicht gerecht wird«, erzählt die Krankenpflegerin Kathrin dem »nd«. »Das Klatschen ist auch lang vergessen. Deswegen stehe ich hier.«

Auch aktuell streiken Pflegekräfte für bessere Löhne im Rahmen der Verhandlungen um den Tarifvertrag des öffentlichen Diensts. Die Gewerkschaften stellten die Demonstration am 8. März somit ebenso in den Kontext der aktuell laufenden Tarifrunden, von denen viele Bereiche mit einem hohen Anteil von Frauen unter den Beschäftigten erfasst sind. »Heute ist kein Feiertag, sondern ein Kampf- und Streiktag«, hallt es vom Lautsprecherwagen der Demonstration.

Fürsorgearbeit war das zentrale Thema einer Vorab-Demonstration im Berliner Ortsteil Wedding. »Raus mit Kochtopf und Krawall – Feminismus überall« lautete die Parole am vergangenen Sonntag, als etwa 100 Demonstrierende auf Kochtöpfe einschlagend durch die Straßen zogen. Die Töpfe symbolisierten die oft im Verborgenen stattfindende Sorgearbeit, die zu einem Großteil von Frauen übernommen wird. »Sorgearbeit darf nicht privatisiert und abgewertet werden, sondern muss kollektiv organisiert werden«, sagte eine Teilnehmerin der Kiezdemonstration.

Ein weiteres zentrales Anliegen des diesjährigen 8. März waren internationale Kämpfe. »Frauen wehren sich weltweit gegen Unterdrückung und Ausbeutung«, sagt Roylan von der Didif-Jugend dem »nd«. Didif ist ein Dachverband von Arbeiter- und Kulturvereinen vor allem türkischer und kurdischer Arbeiter*innen in Deutschland. »Im Iran oder in Afghanistan kämpfen Frauen um ihre Rechte.« Auch sie will Roylan heute unterstützen. Von der »feministischen Außenpolitik« der Bundesregierung hält sie wenig. »Deutschland liefert Waffen in Kriegsgebiete und steht für Militarisierung. Das ist alles, nur kein Feminismus.«

Mit ihrer Sichtweise war Roylan auf der gewerkschaftlichen Demonstration nicht alleine. In ganz Berlin gingen auch dieses Jahr zahlreiche Gruppen und Bündnisse auf die Straße, um globale feministische Kämpfe zu vertreten. Die Hauptstadt bietet dafür eine gute Basis, da viele internationale Gruppen vor Ort sehr präsent sind. So demonstrierten schon vormittags etwa 1000 Feminist*innen am Rosa-Luxemburg-Patz, um die feminsitischen Kämpfe in Afghanistan und im Iran zu unterstützen. Aufgerufen hatte unter anderen das »Woman* Life Freedom«-Kollektiv.

Eine weitere Demonstration internationalistischer Feministinnen zog bis zur Justizvollzugsanstalt für Frauen in Lichtenberg, um auch an Frauen im Gefägnis zu erinnern. Auf der Demonstration wurde in einem der Blöcke unter dem Motto »Jin, Jiyan, Azadî« Solidarität vor allem mit den Frauen im Iran und in Rojava/Syrien ausgedrückt. Der kurdische Slogan, der übersetzt »Frau. Leben. Freiheit« bedeutet, ist insbesondere seit der Ermordung der Kurdin Jina Mahsa Amini im Iran zu einem weltweiten Symbol feministischer Kämpfe geworden. Auch wenn die Aufstände im Iran blutig niedergeschlagen wurden, zeigen sich iranische Frauen immer noch ohne Kopftuch und demonstrieren weiterhin, wenn auch in einem kleineren Rahmen als zu Beginn.

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