»The Consultant«: Der Dämon kapitalistischer Arbeit

Die Serie »The Consultant« erzählt mit einem Schuss Fantastik und Horror von den autoritären Strukturen der Arbeitswelt

  • Florian Schmid
  • Lesedauer: 4 Min.

Beraterfirmen haben nicht gerade den besten Ruf. Bei Angestellten und Gewerkschaften gilt ihr Einsatz nicht zu Unrecht als potenziell autoritäre Maßnahme oder als Intervention von Geschäftsleitungen, um die Produktivität von Arbeitsprozessen rücksichtslos zu maximieren und Druck auf Mitarbeiter auszuüben.

Weitaus schlimmer als jedes Vorurteil gegen derartige Berater ist die Hauptfigur in der neuen Amazon-Serie »The Consultant«, der Verfilmung des gleichnamigen Horror-Romans (2016) des aus Arizona stammenden Schriftstellers Bentley Little. Die verkörpert niemand geringerer als Christoph Waltz, der im Filmgeschäft mittlerweile seit Jahren regelmäßig mit Hingabe und sehr überzeugend den sadistischen Bösewicht gibt. So auch als Regus Patoff, der wie aus dem Nichts auftauchende Berater der Computerspielefirma »CompWare«, nachdem deren jugendlicher Chef durch ein Attentat im Stil eines Egoshooter-Spiels in seinem Betrieb ermordet wurde.

Die Bilanzen des jugendlichen Tech-Unternehmens mit jeder Menge Graffitis und überdimensionalen Bildschirmen an den Wänden sehen schlechter aus als die Mitarbeiter glauben. Noch ein paar Wochen, dann droht angeblich die Insolvenz. Das soll der Berater Regus Patoff verhindern. Also streift er fortan im dunklen Anzug durch die Gänge des Unternehmens und schockiert die Angestellten bald durch seine ungewöhnlichen Umgangsformen und autoritären Maßnahmen.

Es fängt damit an, dass er seine Nase an den Hals aller Mitarbeiter hält, an ihnen schnuppert und behauptet, es gebe einen unangenehmen Gestank in der Firma, den er ausmerzen werde. Bald müssen außerdem alle Mitarbeiter barfuß im Betrieb arbeiten. Dieses widerliche, grenzüberschreitende und süffisant-autoritäre Verhalten ist für Christoph Waltz als Schauspieler wie maßgeschneidert. Im Handumdrehen werden zahlreiche Mitarbeiter gekündigt, wer länger krankgeschrieben ist, muss erst gar nicht mehr in die Firma zurückkommen und im Keller des Gebäudes, hinter den blinkenden Servern, gibt es einen abgeschlossenen Raum mit geheimnisvollen altbacken wirkenden Personalakten, die Regus Patoff als Ressource für seinen harten Kurs gegen die Mitarbeiter einsetzt.

Elaine (Brittany O’Grady), die Assistentin der früheren Geschäftsleitung, versucht immer wieder die Interessen ihrer Kollegen zu vertreten und zu schlichten. Dabei nähert sie sich aber Patoff immer mehr an. Als der mit Elaine befreundete Kollege Craig (Nat Wolff) ein neues Spiel entwirft, könnte das die Firma ökonomisch retten. Aber gleichzeitig wird Craig immer misstrauischer gegenüber dem neuen Boss Patoff, der ihn daraufhin zu einer bizarren nächtlichen Sauftour einlädt.

»The Consultant« ist ein psychologischer Horrorthriller, der aber ohne genreübliche Brutalitäten auskommt. Die hier ausgeübte Gewalt ist rein psychologischer Natur. Dabei wird in den acht halbstündigen, sehr kurzweilig erzählten und ziemlich spannenden Episoden eine künstliche, makabre und stellenweise furchteinflößende Welt entworfen. Wo an einem Abend ein schicker Nachtclub ist, in den Patoff Craig mitnimmt, befindet sich zu Craigs Überraschung am nächsten Morgen ein Großraumbüro. Hat es den Club je gegeben? Leidet er an Halluzinationen?

Ein früherer Kunde Patoffs, den Craig ausfindig macht, entpuppt sich als Goldschmied, der ihm im Lauf von Jahren ein geheimnisvolles goldenes Skelett angefertigt hat. Und der Beratervertrag, den Patoff mit dem mittlerweile ermordeten Firmenchef von »CompWare« geschlossen hatte, erinnert ein wenig an einen Handel mit dem Teufel. Ist Regus Patoff wirklich der, der er vorgibt zu sein? Allzu simple und platte Erklärungen oder Auflösungen bietet diese Serie aber zum Glück nicht.

Es geht in »The Consultant« vielmehr um die Ängste der Mitarbeiter, um die Dynamik autoritärer Zurichtung am Arbeitsplatz, die auch mal mit ganz freundschaftlichen Gesten einhergeht und den entfremdenden Charakter der sozialen Umgangsformen in unserer Arbeitswelt als bitter-böse Satire inszeniert. Der Name des Beraters Regus Patoff ist übrigens das Annagramm der in den USA auf zahlreichen Verpackungen zu findenden Abkürzung »Reg US Pat Off« für »Registered in U.S. Patent and Trademark Office«, der Hinweis auf die Registrierung von Firmen und deren Produkten. Regus Patoff ist eine Art Dämon der kapitalistischen Arbeitswelt, der dann am Ende wieder verschwindet, aber die Menschen in seiner Umgebung nachhaltig geprägt hat.

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