Friedlicher Austausch

Martin Ling über Annalena Baerbocks China-Visite

Direkter Austausch ist hilfreich. Vor Annalena Baerbocks Ankunft in Peking schrieben Staatsmedien von der »weiblichen Anti-China-Ministerin« aus Deutschland. Nun hat der deutsch-chinesische Dialog mit ihrem Konterpart Qin Gang fast doppelt so lange gedauert wie geplant. Das ist ein gutes Zeichen. Die Differenzen wurden sicher nicht beigelegt, Einsicht in die andere Sichtweise aber beiderseits ausgiebiger als erwartet gewährt.

Chinas Position zum Ukraine-Krieg bleibt unverändert: Keine Waffenlieferung an Moskau. Stattdessen will sich Peking dafür einsetzen, Versöhnung zu fördern und Friedensverhandlungen voranzubringen. Ein Beweis hierfür steht noch aus. Die nächste Chance, etwas zu bewegen, hat Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu, der ab Sonntag auf Einladung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu vier Tage in Moskau zu Gesprächen weilt. Doch ob es zu Friedensverhandlungen kommt, liegt sicher nicht im Ermessen Chinas – dafür sind zu viele Parteien in diesen Krieg verwickelt und offenbar halten sowohl die Ukraine als auch Russland einen militärischen Sieg für noch möglich. Schlechte Voraussetzungen für Verhandlungen.

Ob Ukraine-Krieg oder Taiwan-Konflikt – eine erkennbare Annäherung war weder zu erwarten noch gab es sie. Peking wird gerne vernommen haben, dass Baerbock ausdrücklich die deutsche Ein-China-Politik betonte, wonach Peking als einzig legitime Regierung Chinas anerkannt wird und keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan unterhalten werden. Ihre Absage an eine gewaltsame Veränderung des Status quo des Inselstaats überrascht in Peking sicher nicht und ist dort ohnehin nur das Szenario der Ultima Ratio. So friedlich der Austausch der Außenminister war – die Vernunft, dass territoriale Streitfragen ausschließlich im friedlichen Dialog beizulegen sind, hat sich noch nicht durchgesetzt.

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