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Comeback von »Straßen aus Zucker: »Wir sind die BRAVO der Antifa«

Um »Straßen aus Zucker«, die größte deutschsprachige Jugendzeitung, ist es ruhig geworden. Redakteurin Anna Süß* sprach mit »nd« über das linke Projekt und seine Zukunftspläne

Auch diese historische Aufnahme ist im Rahmen der »Straßen aus Zucker«-Kampagne als Kunstdruck erhältlich: Mitglieder des Roten Frontkämpferbundes (RFB) und des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands (KVJD) unter einem Transparent mit der Losung »Wir sind die Jugend des Hochverrats«.
Auch diese historische Aufnahme ist im Rahmen der »Straßen aus Zucker«-Kampagne als Kunstdruck erhältlich: Mitglieder des Roten Frontkämpferbundes (RFB) und des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands (KVJD) unter einem Transparent mit der Losung »Wir sind die Jugend des Hochverrats«.

Anna Süß*, für unsere vielleicht in Teilen noch unwissende Leserschaft: Was ist »Straßen aus Zucker«?

Interview

»Straßen aus Zucker« kam zum ersten Mal 2009 zum »Superjubiläumsjahr« heraus: 60 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik und 20 Jahre nach dem Mauerfall. Passend dazu war Antinationalismus eines der Themen der Ausgabe und stellt bis heute einen wichtigen Bezugspunkt dar. Weitere Themenfelder, die immer wieder im Zusammenhang mit den Schwerpunkten verhandelt werden, sind Feminismus, Antikapitalismus und Rassismus.
In der Vergangenheit lagen die Ausgaben mit einem Umfang von 24 32 Seiten auch der »Taz« und der »Jungle World« bei. Die Redaktion von »Straßen aus Zucker« ist außerdem auf den Sozialen Medien Instagram und Facebook aktiv.

Unsere Zeitung hat sich 2009 gegründet, aus dem Impuls heraus, linke Perspektiven auf gesellschaftliche Streitthemen für junge Menschen zugänglich zu machen. Wir sind mit einer Auflage von 150 000 die selbsternannte »BRAVO« der Antifa. Vor allem richten wir uns an 16- bis 23-Jährige – aber darüber hinaus auch an alle anderen. Wichtig ist uns, dass »Straßen aus Zucker« nicht nur in hippen Großstadtvierteln, sondern auch an abgelegenen Orten zu haben ist. Deshalb kann man die Zeitung auch überall im deutschsprachigen Raum hinbestellen. Sie ist kostenlos und liegt in Schulen, Jugendzentren und auf Partys aus, also überall, wo Jugendliche damit in Kontakt kommen könnten. Wir verteilen sie auch auf Demos.

Worum geht es thematisch?

Das ist unterschiedlich. Wir schreiben nicht über Tagespolitik, sondern suchen uns für jede Ausgabe einen großen Themenkomplex aus, der uns interessiert – in der Vergangenheit waren das zum Beispiel Ökologie, Rechtsruck oder Gesundheitspolitik – und versuchen dann, diesen in einfacher Weise darzustellen und kritisch zu beleuchten. In unserer neuen Ausgabe, die Ende des Jahres erscheinen wird, soll es um Protest gehen. Warum protestieren wir? Warum lohnt es sich, auf die Straße zu gehen? Wo sind die Grenzen der Wirksamkeit von Protest? Wir wollen versuchen, Antworten auf diese Fragen zu finden.

»Straßen aus Zucker« hat vor einigen Monaten einen Spendenaufruf mit einer Kunstaktion gestartet: »Wir brauchen Geld.« Das ist deutlich. Warum gerade jetzt?

Vor der Pandemie hat sich »Straßen aus Zucker« vor allem über Partys finanziert. Das konnten wir in den letzten drei Jahren dann natürlich nicht mehr machen, erst jetzt laufen ja die Partys erst wieder richtig an. Bald wird auch wieder eine Soli-Party für »Straßen aus Zucker« in Berlin stattfinden, aber damit allein können wir die Kosten noch nicht stemmen. Eine Ausgabe zu produzieren, kostet etwa 10 000 Euro – und das umfasst nur den Druck. Wir machen unsere Redaktionsarbeit ehrenamtlich, aber für den Versand kommt dann noch mal was dazu. Das hat dazu geführt, dass wir gerade nur noch eine Publikation im Jahr anpeilen. Früher kam »Straßen aus Zucker« halbjährlich raus.

Wie sieht diese Kunstaktion aus?

Wir haben insgesamt 17 Kunstschaffende und Gruppen für jeweils eine künstlerische Arbeit in Form eines Kunstdrucks gewinnen können, den sie uns kostenfrei zur Verfügung stellen. Diese Poster sind limitiert und teilweise auch signiert, richtige Kunstdrucke eben. Sie sind nun an vier verschiedenen Orten in Berlin erhältlich und können gegen eine Spende erworben werden. Im Dezember haben wir auch eine Vernissage veranstaltet, bis jetzt sind allerdings nur wenige Menschen auf die Aktion aufmerksam geworden.

Dabei sind doch schon ein paar bekannte Leute unter den Kunstschaffenden. Habe ich da nicht vom Tocotronic-Sänger Dirk von Lowtzow gelesen?

Der ist diesmal nicht dabei, aber er ist Fan von uns und hat uns in der Vergangenheit schon oft unterstützt. Aber nun haben zum Beispiel David Lieske, Tiziana Jill Beck und Bernd Langer jeweils einen Druck für uns zur Verfügung gestellt – um nur mal drei sehr unterschiedliche etablierte Künstler*innen zu nennen. Auch die »Frankfurter Hauptschule«, die ja immer mal wieder mit kontroversen Aktionen von sich reden macht, ist mit einem Druck vertreten.

Auf der Internetseite von »Straßen aus Zucker« liest man, dass die Zeitung ein Projekt der kommunistischen Gruppe TOP B3rlin ist – stimmt das eigentlich noch?

Die Leute, die 2009 »Straßen aus Zucker« gegründet haben – übrigens ist niemand mehr von denen dabei – sind alle auch bei TOP B3erlin gewesen. Heute ist es so, dass man sich füreinander interessiert und gegenseitig unterstützt.

Wie sieht es mit der der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) aus, gibt es da noch Verbindungen?

Die RLS hat uns eine Weile lang großzügig gefördert. Bis zum Tortenwurf auf Sahra Wagenknecht 2016 auf dem Linke-Parteitag in Magdeburg, der mit uns in Verbindung gebracht wurde …

Diese Aktion hat ja damals medial hohe Wellen geschlagen. Auch »nd« berichtete darüber und zog die Behauptung der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, der 23-jährige Tortenwerfer gehöre zu »Straßen aus Zucker«, in Zweifel.

Soweit ich weiß, war der Tortenwurf damals tatsächlich der Grund, warum uns die RLS die Förderung gestrichen hat. Wir hatten aber nichts mit der Sache zu tun – wirklich nicht. Die Person, die die Torte geworfen hat, hat sich auf dem Parteitag unter Angabe von »Straßen aus Zucker« als Journalist akkreditiert, ohne unser Wissen. Wir müssen nun die Konsequenzen dafür tragen, das ist ärgerlich.

Und außer den Geldern von der RLS hat die »Straßen aus Zucker« sich komplett über private Spenden finanziert?

Fast. Es gibt zwar auch immer mal wieder Studierendenausschüsse, die uns für die Druckkosten was zuschießen, aber viel ist das meistens nicht.

Jetzt wollen Sie aber trotzdem noch mal richtig durchstarten, scheint mir.

Ja, im letzten Jahr sind viele neue Leute dazugekommen und damit auch neue Motivation. Wir würden gerne Strukturen reaktivieren, die wir seit der Gründung aufgebaut, aber in den letzten Jahren nicht mehr so viel genutzt haben. Ich bin gerade optimistisch und gehe fest davon aus, dass es in der nächsten Zeit wieder lauter um die »Straßen aus Zucker« wird. In letzter Zeit gab es häufiger Situationen, in denen wir über die »Druck gegen Rechts«-Aktion gesprochen oder Plakate aufgehängt haben und Leute dann sehr überrascht darauf reagierten, dass es unsere Zeitung überhaupt noch gibt. Viele konnten mit dem Namen »Straßen aus Zucker« etwas anfangen – das ist natürlich toll –, haben ihn aber in den letzten Jahren einfach nicht mehr wahrgenommen. Das wollen wir nun ändern.

*Name geändert (Name der Redaktion bekannt)

Die Kunstdrucke der Aktion »Druck gegen Rechts« sind in Berlin derzeit bei den Buchläden »Schwankende Weltkugel« und »pro qm« sowie in der Kaffeerösterei »Blaue Bohne« gegen Spende (ab 30 €) zu erwerben. In Leipzig sind sie im Kinderladen »Wonnecitz« und in Hamburg in der »Buchhandlung im Schanzenviertel« erhältlich. Bestellen kann man die »Straßen aus Zucker«-Ausgaben unter saz@riseup.net. Mehr Infos auch unter https://strassenauszucker.tk/

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