Kultursenator Joe Chialo: Irgendwas mit Kunst

Joe Chialo folgt Klaus Lederer als Berliner Kultursenator nach

Keiner käme auf die Idee, jemanden, der die Grundschule ohne Abschlusszeugnis verlassen hat, zum Bildungsminister zu machen. Niemand würde einen Kannibalen ins Ministerium für Ernährung berufen. Aber Berlin ist, wenn man einen, der als Manager Mitschuld an der Dudelei der Kelly Family trägt, zum Kultursenator macht. 

Joe Chialo, 1970 als Sohn tansanischer Eltern in Bonn geboren, besuchte eine katholische Ordensschule in Köln, studierte ein paar Semester Gesellschaftswissenschaften und entdeckte dann die Musik für sich. Zunächst Sänger einer Hardrockformation, wechselte er bald die Seiten und verdingte sich als Manager bei Universal Music. Er arbeitet unter anderem mit den seemännischen Schunkelmusikanten von Santiano und der Leinwandnervensäge Matthias Schweighöfer.

nd.Kompakt – unser täglicher Newsletter
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.

Auch politisch war Chialo unstet. In den 90er Jahren war er, ein Bewunderer Joschka Fischers, Grünen-Mitglied. Als die Partei auch den letzten Rest des Anstandspazifismus fahren ließ, war es ihm nicht genug der Bomben auf Belgrad, und er trat aus. Nach Angela Merkels Agieren in der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 – jenes Jahr, das sich laut Bundeskanzlerin a. D. keinesfalls wiederholen dürfe – erwarb Chialo ein CDU-Parteibuch. Und machte rasch Karriere: 2021 bewarb er sich in Berlin-Spandau um ein Direktmandat für den Bundestag, unterlag allerdings; er war Teil des Schattenkabinetts von Armin Laschet und gehört seit vergangenem Jahr dem Bundesvorstand an.

Nun probiert er es also als Berlins Kultursenator. Wie sein Regierender Bürgermeister auf seinen Vornamen reagiert hat, ist nicht bekannt. Aber Chialo stehen so einige Herausforderungen bevor. Hier geht es nicht nur um sein gewohntes Metier, radiotaugliche Gute-Laune-Musik, sondern um Institutionen, auf die das ganze Land blickt. Und gab’s das nicht schon mal, ein Musikmanager als Oberboss der Berliner Kultur? Tim Renner hatte der Volksbühne immerhin eine Dauerkrise beschert. Zwischen Hochkultur und kultureller Bildung, inklusivem und anspruchsvollem Angebot wird Chialo sich gekonnt bewegen müssen. Viel Glück!

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.