Berlin gegen Nazis: Antifaschisten stören AfD-Spaziergang

Hunderte protestierten gegen einen Rundgang der Lichtenberger AfD am 1. Mai, die Rechten kamen nicht wie geplant zur VVN-BdA-Zentrale.

  • Roman Rohr
  • Lesedauer: 3 Min.
Eine der zwei Gedenkmauern der Karl-Marx-Erinnerungsstätte in Alt-Stralau
Eine der zwei Gedenkmauern der Karl-Marx-Erinnerungsstätte in Alt-Stralau

Ein antikommunistischer Spaziergang des AfD-Bezirksverbandes Lichtenberg ist am Montag auf großen Gegenprotest gestoßen. Anlässlich des 1. Mai hatte die rechtsextreme Partei auf Facebook zu einem »kulturhistorischem Spaziergang« eingeladen. Man wolle historische Orte des Kommunismus in Friedrichshain und Lichtenberg besuchen, Opfern des »kommunistischen Terrors« gedenken und die Veranstaltung vor der Zentrale der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) in der Magdalenenstraße beenden, hieß es im Aufruf. Auf nd-Nachfrage erklärte der Veranstalter, der Abschlussort sei gewählt worden, um auch einen Ort heutiger Kommunisten zu besuchen. Der Einfluss von Kommunisten sei noch immer groß, ihretwegen müsse der Spaziergang heute auch »auf diese Weise« stattfinden.

Mit »dieser Weise« meinte der AfD-Veranstalter wohl die ständige Begleitung durch Gegenprotest und Polizei am Montag. Der Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten hatte im Vorfeld dazu aufgerufen, unter dem Motto »Gegen Geschichtsklitterung von AfD & Co.« der AfD den »1. Mai zu vermiesen« und klare Kante gegen antikommunistische Hetze zu zeigen. Vor allem die Ankündigung der AfD, den Spaziergang vor der Verbandszentrale zu beenden, sorgte für Gegenwehr: »Wir werden sie angemessen empfangen«, hieß es im Einladungstext.

Dem Aufruf folgten Hunderte: Schon um 15.30 Uhr wurden die sechs kulturhistorisch interessierten Rechten an ihrem Treffpunkt im Treptower Park von etwa 200 Menschen lautstark mit »Nazis raus«-Rufen erwartet. Statt des geplanten Spaziergangs fuhren die AfD-Freund*innen deshalb, begleitet von etwa 40 Polizist*innen, mit der S-Bahn zum Ostkreuz. Von dort aus bewegte sich die sechsköpfige Gruppe zu einer Karl-Marx-Gedenkstätte in Alt-Stralau. Hier hatte Marx als Jurastudent 1837 für einige Monate gewohnt. Zwischen den zwei Gedenkmauern stand jedoch bereits eine Gruppe von Gegendemonstrant*innen mit Mitgliedern der Jusos, der Grünen Jugend und der VVN-BdA, die nicht bereit waren, den historischen Ort freizugeben. Rund 30 Berliner*innen brachten ihren Unmut über die AfD-Veranstaltung zum Ausdruck. Was die AfD-Spaziergänger*innen sich gegenseitig über Marx und den historischen Kommunismus erzählten, war wegen des Protestchors der Antifaschist*innen nicht zu verstehen.

Der Gegenprotest und die Polizei begleiteten den AfD-Trupp zurück zum Ostkreuz. Bei der nächsten Station am U-Bahnhof Magdalenenstraße nahm sich die Gruppe Zeit für die Betrachtung von 20 Wandgemälden der DDR-Künstler Wolfgang Frankenstein und Hartmut Hornung. »Das ist die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung«, erklärte der Veranstalter. Zu diesem Zeitpunkt stand die Gruppe zufällig vor Frankensteins Werk »Bücherverbrennung«. Anschließend liefen die AfD-Spaziergänger*innen durch die Alfredstraße und machten Halt an einer Gedenktafel zur Erinnerung an die Opfer kommunistischer Gewaltherrschaft zwischen 1945 und 1989. Die Tafel befindet sich an der Wand einer ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit.

Den geplanten Abschlussort vor der VVN-BdA-Zentrale konnte der AfD-Spazierzug nicht erreichen. Denn dort warteten bereits rund 300 Protestierende. Die Polizei ließ den Gegenprotest gewähren und geleitete die AfD-Spaziergänger*innen zurück zum U-Bahnhof, wo sich die Teilnehmer*innen voneinander verabschiedeten und die Gruppe sich auflöste.

Zufrieden mit dem Protest war Thomas Willms, Bundesgeschäftsführer der VVN-BdA. Gegenüber »nd« ordnete er die Behauptung der Lichtenberger AfD ein, dass sein Verband dezidiert kommunistisch sei und nur deshalb zum Gegenprotest mobilisiert hätte: »Die AfD übernimmt einfach dieselben Fehlannahmen wie der Verfassungsschutz und auch viele Medien. Es stimmt, dass viele Mitglieder Kommunisten waren. Die VVN als Organisation hat aber nie kommunistische Politik verfolgt, sondern den antifaschistischen Kampf betrieben und tut das heute noch, jetzt eben auch gegen die AfD.«

Auf ihrer Website schreibt die VVN-BdA, Heribert Eisenhardt, Beisitzer im Lichtenberger Bezirksvorstand der AfD, organisiere regelmäßig derartige Veranstaltungen. Die Homepage der Lichtenberger AfD weist zumindest auf einen weiteren »kulturhistorischen Spaziergang« im April hin.

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