Kai Bartosch tritt in Berlin aus der Linken aus

Der Grund für den Austritt liege nicht in der Bundeslinken, sondern im Berliner Landesverband

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.
Wird nicht mehr für Die Linke ans Mikrofon treten: Kai Bartosch
Wird nicht mehr für Die Linke ans Mikrofon treten: Kai Bartosch

Es sei keine kurzfristige Entscheidung gewesen. Sie habe sich diesen Schritt lange überlegt. Am Ende sei er aber unvermeidbar gewesen, sagt Kai Bartosch. »Anspruch und Wirklichkeit linker Politik liegen so weit auseinander, dass es für mich nicht mehr erträglich ist«, schreibt die Kommunalpolitikerin in ihrem auf den 1. Mai datierten Austrittsbrief. Seit 2021 ist Bartosch Bezirksverordnete in Reinickendorf.

Wieder ein Austritt wegen der Personalie Sahra Wagenknecht und des Richtungsstreits im Bund? Bartosch stellt klar: Sie sei nicht wegen Problemen der Bundeslinken ausgetreten. Die »konkreten Konflikte, die es auf Landes- und Bezirksebene gibt«, wolle sie aber »nicht in die Öffentlichkeit tragen«, »keine schmutzige Wäsche waschen«.

Das Austrittsschreiben sei deshalb bewusst vage gehalten. Von »einigen Genoss*innen« aus ihrem Bezirksverband, denen sie freundschaftlich verbunden bleiben will, ist da die Rede. Auch davon, dass es in der Linkspartei generell »viele liebe Menschen« gebe. »Andere aber sind Teil des Problems und durch die Funktionen, die sie in der Partei innehaben, haben sie mehr Gewicht«, schreibt sie.

Gegenüber »nd« erklärt Bartosch: »Es gibt Netzwerke innerhalb der Partei, und es ist leider von vornherein klar, wer gefördert wird und wer nicht. Für mich widerspricht das feministischer Politik.« Feminismus steht zwar auf den Plakaten und in den Programmen der Partei. Bartosch hofft aber, dass die Themen Feminismus und Gleichberechtigung »innerhalb der Parteistrukturen« an Bedeutung gewinnen. Doch selbst wenn sich da etwas bewegen sollte, sagt die Ex-Linke-Politikerin auch: »Ich kann mir unter keinen Umständen einen Wiedereintritt vorstellen.«

Bartosch ist nicht die Einzige, die die Strukturen im Linke-Landesverband kritisiert. Mit einiger Spannung wird deshalb auch der Parteitag Mitte Mai erwartet. Auf diesem soll eine neue Landesspitze gewählt werden. Im Zuge dessen sollen auch schon länger auf Veränderung drängende Kräfte eingebunden werden. »Ich befürchte auch, dass die Neuaufstellung auf dem Parteitag nur eine Erneuerung an der Oberfläche bleibt und strukturelle Veränderungen ausbleiben«, zeigt sich Bartosch wenig optimistisch.

Sie selbst wolle weiter Bezirks- und vor allem Verkehrspolitik machen. Ihr Herzensanliegen ist der Radverkehr. Auf Twitter dokumentiert sie rücksichtsloses Fahrverhalten von Autofahrern. Im April hat sie angefangen, von ihrer Aufwandsentschädigung als Bezirksverordnete Räder an Frauen in Reinickendorf zu spenden, die kein Rad haben und sich selbst auch keins leisten können.

In der Bezirksverordnetenversammlung überlege sie nun, mit einer anderen Fraktion zusammenzuarbeiten. Die Linke hatte seit der Wiederholungswahl neben Bartosch mit Felix Lederle nur noch einen Bezirksverordneten und damit ohnehin keinen Fraktionsstatus. »All jene, die meinen, ich solle auch mein BVV-Mandat niederlegen, sollten sich vielleicht daran erinnern, dass man es auch in Ordnung fand, als andere Bezirkspolitikerinnen zu den Linken wechselten.« Der Fall war das bei Ingrid Bertermann, die in Mitte von den Grünen zur Linken wechselte.

Bartosch ist 1979 in Köln geboren. Von sich selbst sagt sie, dass ihre Eltern sie politisiert hätten. Sie habe schon ein Demonstrationsplakat in der Hand gehabt, als sie gerade laufen konnte. Auf dem Plakat sei damals eine weiße Friedenstaube gewesen und dazu habe gestanden: »Ich will noch Oma werden«. Politisch links wolle sie weiterhin bleiben – aber eben nur noch »im Herzen«.

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