Erstes Album von Falco: Mit Kokserfrisur und Lederjacke

Falcos erstes Album »Einzelhaft« erscheint in frischer Neuauflage mit remasterten Klassikern

  • Jens Buchholz
  • Lesedauer: 3 Min.
Falco hier schon im Erfolgsmodus mit Kokserfrisur und Pilotensonnenbrille.
Falco hier schon im Erfolgsmodus mit Kokserfrisur und Pilotensonnenbrille.

»Woher soll ich wissen, wer ich bin, das müsst schon ihr mir sagen.« Das erklärt ein selbstbewusster 23-jähriger Falco 1982 in einem Interview mit dem Journalisten Gerhard Wimmer. In dem Gespräch geht es um Falcos Debütalbum »Einzelhaft«. »Von der Musik her«, beschreibt er sein Album, »ist alles drinnen.« Moderne Musik sei nicht nur Disco und nicht nur Rock, sondern alles – von A bis Z.

Plattenbau
Die CD der Woche. Weitere Texte unter: dasnd.de/plattenbau

Falcos Debüt hat trotz seiner großen musikalischen Bandbreite ein atmosphärisch geschlossenes und klares Klangbild. Maßgeblich verantwortlich für die Musik war der erfahrene Produzent und Songwriter Robert Ponger. Er arrangierte und komponierte die meisten der Songs. Die Texte aber hat weitgehend Falco geschrieben. Und die beiden ergänzten sich großartig.

Falco war mehr oder weniger in den Welterfolg hineingestolpert. Seine erste Single »Ganz Wien« war ein Drogensong. »Kokain und Codein, Heroin und Mozambin machen uns hin, hin, hin«, sang er da. Die Single war ein Achtungserfolg in Österreich. Für die zweite hatte Falco einen großartigen Song komponiert: »Helden von heut«. Eine wie Neonlicht schimmernde und rauschhaft dahinfließende Verneigung vor David Bowies »Heroes«. Vielleicht sogar besser als das Original.

Als Rückseite diente Ponger dem jungen Künstler ein liegen gebliebenes Lied des Sängers Reinhold Bilgeri an. Daraus wurde »Der Kommissar«. Trotz Widerstand des Künstlers bestimmte die Plattenfirma den »Kommissar« zur A-Seite. Und sie hatte damit den richtigen Riecher. Der »Kommissar« wurde mit der Neuen Deutschen Welle in sämtliche deutschsprachigen Charts auf Platz eins gespült.

»Einzelhaft« steht ganz im Zeichen dieses Überhits. In dem Interview mit Gerhard Wimmer behauptet Falco, dass er keine Ideologie vertrete. »Ich will niemandem meine Meinung aufzwingen, weißt du«, erklärt er sein Post-Punk-Motto und zieht an seiner Zigarette. Aber das ist reines Understatement. Denn natürlich haben Falcos Songs eine klare politische Kontur. Es geht um Drogen (»Ganz Wien«, »Der Kommissar«), Prostitution (»Siebzehn Jahr«), Steuerhinterziehung (»Hinter uns die Sintflut«) und die Jugendkrawalle um das Züricher Opernhaus (»Auf der Flucht«).

Der Titelsong »Einzelhaft« beschäftigt sich mit der heraufziehenden Individualisierung (»Moderne Menschen leben allein!«). Und mit »Nie mehr Schule« enthält die Platte sogar einen verpassten NDW-Single-Hit. Im Grunde ist »Einzelhaft« eine Wien-Platte. Man schlendert mit dem Sänger nachts und im Nebel von einem Szenelokal zum nächsten, vom Kokain zum Mozambin.

Johann Hölzel alias Falco war noch meilenweit entfernt von seinem geschniegelten Amadeus-Image. Er gibt sich als lässig rauchender Szene-Beau, zwar bereits mit der für ihn typischen pomadisierten Kokserfrisur, aber in Jeans, Hemd und mit Lederjackett. Keine Spur vom dekadenten Superstar der 80er Jahre.

Die jetzt erschienene Neuauflage des Albums wäre nicht zwingend nötig gewesen. Bereits zum 25-jährigen Jubiläum war die Platte klangtechnisch überholt worden. Auf einer zweiten CD gab es die alten Remixe von »Der Kommissar«, »Maschine brennt« und »Ganz Wien«. Dazu ein langes Interview. Für die Neuauflage wurde das Interview gestrichen, dafür sind aber tatsächlich sämtliche Versionen sämtlicher Singles beigefügt. Bei den Wiederveröffentlichungen von »Emotional«, »Wiener Blut« und »Data de Groove« waren das echte Schätze. Die Remixe der »Einzelhaft«-Songs sind verzichtbar. Fantastisch ist allerdings das »Live Krone Konzert 1982«, bei dem Falco die Songs seines Albums souverän performte.

Falco: Einzelhaft, 2023 Remaster (Sony)

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