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  • Berlin
  • Befreiung vom Faschismus

Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten!

Veranstaltungsreihe der Linken zur Befreiung vom Faschismus mit einer Plakatausstellung gestartet

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Plakate zum 8. Mai aus der Sammlung von Tobias Bank
Plakate zum 8. Mai aus der Sammlung von Tobias Bank

Das erste Plakat rechts am Eingang des Karl-Liebknecht-Hauses zeigt einen sowjetischen Soldaten, die Arme in die Seiten gestützt, das Käppi keck in den Nacken geschoben. Darüber steht: »Befreier Freund Genosse«. Der Gebrauchsgrafiker Rudolf Wendt hat es 1974 für den 30. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus im Jahr 1975 entworfen. Wendts Plakat konnte damals republikweit bestellt werden und hing zum Beispiel in Betrieben, in Bibliotheken, in den Schaufenstern von Geschäften und an Litfaßsäulen.

Tobias Bank, Bundesgeschäftsführer der Linken, sammelt schon lange DDR-Plakate zu den unterschiedlichsten Themen und zeigt sie in Ausstellungen. Zum 8. Mai präsentiert er seit Samstag 13 historische Plakate zum Tag der Befreiung. Er hat viel mehr davon, kann aber aus Platzgründen nur eine kleine Auswahl zeigen. Rudolf Wendts »Befreier Freund Genosse« gehört dazu und ist sein persönliches Lieblingsplakat aus diesem Themenfeld. Bank hat sich bemüht, auch ein Plakat aus Westdeutschland zu erhalten. Es ist ihm nicht gelungen. Immerhin eins aus Westberlin kann er zeigen. Die Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft von Westberlin hat es für den Jahrestag 1975 drucken lassen. Es zeigt ganz schlicht eine weiße Friedenstaube auf blauem Grund.

Wer in der DDR aufgewachsen ist, wird sich sicher an das eine oder andere Motiv erinnern oder zumindest an die dafür verwendeten ikonischen Fotos. Da ist zum Beispiel die Sowjetsoldatin, die 1945 im zerstörten Berlin mit Fähnchen den Verkehr regelt – in ihrem Rücken das schwer beschädigte Brandenburger Tor. Unter diesem Foto steht auf dem Plakat: »Links! Links! Links!«

Es sind auch weniger bekannte Motive zu sehen, die nicht direkt mit dem 8. Mai zu tun haben, etwa ein Plakat von 1965 zum Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen sowie des Zuchthauses Brandenburg. »Die Spur der Mörder führt nach Bonn«, lautet der Spruch dazu. Dieser steht auch auf einem anderen Plakat zur Kesselschlacht von Halbe, der letzten Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs, die vom 24. April bis 1. Mai 1945 südöstlich von Berlin tobte.

Gleich zwei Mal verwendet findet sich die Losung: »Dank Euch, Ihr Sowjetsoldaten!« Und zwar zum 30. Jahrestag der Befreiung über dem legendären Foto eines Rotarmisten, wie er die sowjetische Fahne auf dem Reichstag hisst, und zum 40. Jahrestag mit der bekannten Plastik des sowjetischen Ehrenmals im Treptower Park mit dem Soldaten, das Schwert gesenkt, ein Kind auf dem Arm.

Keinen Platz mehr fand ein fantasievolles Plakat, das Bank am Samstag aber wenigstens den Besuchern der Ausstellungseröffnung zeigen möchte. Zu sehen ist ein Herz, gebildet aus den Kondensstreifen von zwei Papierfliegern, die Flieger gefaltet aus Luftpostbriefen. »Gerade in der aktuellen Situation sollten Brieffreundschaften nicht abbrechen, weil sie der Völkerverständigung dienen«, sagt Bank. Ausdrücklich verurteilt der 37-Jährige den russischen Angriff auf die Ukraine. Da ist er sich mit Daniela Trochowski einig. Die Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung erklärt: »Wir sind gegen Waffenlieferungen. Wir sind gegen Faschismus. Wir fordern Verhandlungslösungen. Wir solidarisieren uns mit den Menschen in Russland und in der Ukraine, die diesen Krieg nicht wollen.« Rosa Luxemburg sei im Ersten Weltkrieg gegen die Kriegskredite gewesen, erinnert Trochowski. Luxemburg habe nur nicht wie Karl Liebknecht gegen die Kredite stimmen können, weil es damals keine weiblichen Reichstagsabgeordneten gab. »Wenn Rosa Luxemburg noch leben würde, würde sie sich wieder aufs politische Parkett begeben und intensiv mitdiskutieren«, denkt Trochowski.

Eröffnet wird mit der Ausstellung eine Veranstaltungsreihe der Linken, die am 14. Mai mit einem Stadtspaziergang zum Wohnungsbau der Nachkriegszeit endet (Treffpunkt: 11 Uhr, U-Bahnhof Weberwiese). »Wir wollen den alliierten Befreiern Dank ausdrücken, allen voran den Sowjetsoldaten«, sagt Tobias Bank. Zu den zehn Veranstaltungen gehört am 10. Mai um 17 Uhr das »Lesen gegen das Vergessen« auf dem Bebelplatz. Dort tragen die Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch, Petra Pau und Gregor Gysi (alle Linke) sowie die Nazi-Jägerin Beate Klarsfeld aus Texten vor, die von den Nazis 1933 bei der Bücherverbrennung auf dem Bebelplatz ins Feuer geworfen wurden. Auch Ernest Hemingways Antikriegsroman »In einem anderen Land« war betroffen. Später formulierte der US-Schriftsteller: »Jeder Mensch, der die Freiheit liebt, schuldet der Roten Armee mehr, als er jemals bezahlen kann.« Dieses Zitat zierte in der DDR 1985 ein Plakat des Staatlichen Kunsthandels zum 8. Mai aus der Sammlung von Tobias Bank.

Am 12. Mai um 18 Uhr spricht der Historiker Stefan Bollinger im Karl-Liebknecht-Haus zum Thema »Unsterblicher Ruhm den Befreiern? Die Sieger des 8. Mai im Konflikt von Politik und Erinnerung von 1945 bis 2023«. Am 13. Mai um 11 Uhr hält Ex-Kultursenator Thomas Flierl (Linke) am Herbert-Baum-Denkmal im Lustgarten in Mitte einen Vortrag über die jüdische Widerstandsgruppe um Herbert Baum.

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