Australien erklärt Vaping den Krieg

Im Kampf gegen die E-Zigaretten werden ansprechende Verpackungen und Geschmacksrichtungen verboten

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 4 Min.

Australien wird die Einfuhr der meisten E-Zigaretten, auch Vapes genannt, verbieten und die Produkte aus den Regalen der Einzelhandelsläden entfernen. E-Zigaretten erzeugen durch das Erhitzen nikotinhaltiger Flüssigkeiten ein Aerosol, das die Nutzer einatmen. Vapes kommen oft als Alternative für brennbare Tabakprodukte zum Einsatz.

In Australien sollen nun bestimmte Qualitätsstandards eingeführt werden: Etwa Aromen, Farben und Inhaltsstoffe sind zu beschränken. Künftig dürfen nur noch verschreibungspflichtige Vaping-Produkte importiert werden. Dies bedeutet das Aus für sämtliche Einweg-E-Zigaretten im Land.

Die noch zugelassenen Produkte sollen künftig zudem neutralere Verpackungen erhalten und nur noch in Apotheken erhältlich sein. Dort können Menschen, die die E-Zigaretten nutzen wollen, um mit dem Rauchen aufzuhören, sie auf Rezept erhalten.

Großer Schwarzmarkt

Eigentlich war die Gesetzeslage ohnehin schon streng: Vapes mit Nikotin sollten auch bisher eigentlich nur in der Apotheke verkauft werden. Doch das hat Tausende von kleineren Einzelhändlern und Online-Anbietern nicht davon abgehalten, sie auch Kindern und Jugendlichen anzubieten. Es gebe sie in Einzelhandelsgeschäften »neben Lollis und Schokoriegeln« zu kaufen, wie Gesundheitsminister Mark Butler bei einer Rede vor dem australischen Presseclub kürzlich kritisierte.

In der Tat war der Schwarzmarkt für illegales Dampfen bisher groß, die Produkte einfach erhältlich. Und so wurden Vapes in Australien – wie auch in vielen anderen Ländern – zu einem Freizeitprodukt, das sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen großer Beliebtheit erfreute. Grundsätzlich gelten Vapes als sicherer als normale Zigaretten, da es sie auch ohne Nikotin gibt. Doch Gesundheitsexperten warnen oft vor Chemikalien, die in den Flüssigkeiten enthalten sind, die verdampft werden. Ihre Auswirkungen seien auf lange Sicht noch nicht ausreichend bekannt.

Bereits Kinder unter vier Jahren vapen

Australiens Gesundheitsminister will nun insgesamt hart durchgreifen und dem neuen Trend, der vor allem in Schulen immer häufiger zu Problemen geführt hat, einen Riegel vorschieben. Der Minister ging bei seiner Rede dabei auch hart mit der Tabakindustrie ins Gericht: Genau wie beim Rauchen habe »Big Tobacco« ein weiteres süchtig machendes Produkt genommen, es in eine glänzende Verpackung gehüllt und Aromen hinzugefügt, um eine neue Generation von Nikotinsüchtigen zu schaffen, sagte er. »Vaping wurde Regierungen und Gemeinden auf der ganzen Welt als therapeutisches Produkt verkauft, um Langzeitrauchern beim Aufhören zu helfen«, sagte Butler.

Es sei nicht als Freizeitprodukt verkauft worden – schon gar nicht als eines für Kinder. Doch genau das sei es nun geworden. Laut Butler ist die Statistik in Australien verheerend: Einer von sechs Teenagern im Alter von 14 bis 17 Jahren hat bereits gedampft und einer von vier jungen Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren. Die Gift-Hotline im australischen Bundesstaat Victoria, in dem auch die Millionenstadt Melbourne liegt, soll in den vergangenen zwölf Monaten 50 Anrufe erhalten haben, bei denen es um Fälle von Kindern unter vier Jahren ging, die gedampft haben.

Sandro Demaio, CEO von VicHealth, ein Experte für öffentliche Gesundheit, sagte dem australischen Nachrichtenmedium »News.com.au«, dass es zudem wichtig sei, die Werbung für E-Zigaretten – auch auf sozialen Medien – zu unterbinden. Außerdem sollten Vapes »weniger verlockend« dargestellt werden. Sie sollten »nicht in Froot-Loops-Geschmack kommen und wie ein Textmarker aussehen und auch keine Einhörner an der Seite aufgemalt haben«. Froot Loops sind buntgefärbte Frühstücks-Cerealien.

Außerdem will die australische Regierung die Steuer auf Tabak ab September in den nächsten vier Jahren um fünf Prozent jährlich erhöhen. Damit würden im gesamten Zeitraum die Steuereinnahmen um 3,3 Milliarden australische Dollar (rund zwei Milliarden Euro) erhöht. Der Umsatz im Segment E-Zigaretten wird 2023 weltweit auf etwa 24,01 Milliarden Euro geschätzt.

Zigarettenrauchen schon unattraktiv

Australien hat schon heute scharfe Anti-Tabak-Gesetze. Ende 2012 hat es als erstes Land Einheits-Zigarettenschachteln eingeführt. Die Schachteln sind beige und zeigen große Bilder der abschreckenden Folgen des Rauchens wie verfaulte Füße, große Krebsgeschwüre oder sterbenskranke Menschen, während die Namen der Zigarettenhersteller nur noch klein auf den Packungen gedruckt sind.

Auch geraucht werden darf schon lange nicht mehr überall. Im Bundesstaat New South Wales beispielsweise darf seit 2007 in öffentlichen Gebäuden nicht mehr geraucht werden und seit 2009 nicht mehr in Autos, in denen ein Kind sitzt. Auch auf öffentlichen Spielplätzen, in Swimmingpools, auf größeren Sportplätzen oder an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel ist Rauchen untersagt.

Die Strafen sind drakonisch: Rauchen vor Kindern im Auto kostet beispielsweise noch an Ort und Stelle 250 Australische Dollar (über 150 Euro). Auch Zigaretten selbst sind extrem teuer: Für eine Standardpackung müssen Raucher teils über 40 Dollar – umgerechnet fast 25 Euro – bezahlen. 2020 galten Rauchern die Zigaretten in Australien als die teuersten der Welt.

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