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Sahra Wagenknecht: Harsche Kritik an Linke-Vorstand
Parteichefin Wissler weist Rücktrittsforderungen wegen Vorstandsbeschlusses zu Wagenknecht zurück
Man wolle eine solidarische Partei mit breitem Meinungsspektrum bleiben, hatte der Linke-Bundesvorstand postuliert – und zugleich klargemacht, dass es nicht gehe, mit Ressourcen von Partei und Bundestagsfraktion ein Konkurrenzprojekt voranzutreiben, wie es Sahra Wagenknecht und andere tun. Deshalb sollten die frühere Ko-Chefin der Bundestagsfraktion und andere, die ihre Heimat nicht mehr in der Linken sähen, fairerweise auch ihre Mandate zurückgeben, hieß es in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung.
Daraufhin kamen von etlichen Bundestagsabgeordneten heftige Attacken gegen die Parteispitze. Am Montag kritisierte auch die Vizechefin der Bundestagsfraktion, Gesine Lötzsch, den Beschluss als spalterisch. Ähnlich äußerte sich die baden-württembergische Abgeordnete Jessica Tatti, die 2021 zusammen mit Ex-Linke-Chef Bernd Riexinger als Spitzenkandidatin die Landesliste der Südwest-Linken zur Bundestagswahl anführte.
Linke-Ko-Chefin Janine Wissler bekräftigte unterdessen am Montag ihre Forderung an Wagenknecht zum Mandatsverzicht. Rücktrittsforderungen an den Parteivorstand, die von dem früheren Parteichef Klaus Ernst und dem parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Alexander Ulrich, gekommen waren, wies Wissler zurück. Der Vorstand habe sich nicht an die Macht geputscht, sondern sei vor einem Jahr demokratisch von einem Parteitag gewählt worden, sagte Wissler am Montag in Berlin und fügte hinzu: »Wir verteidigen diese Partei.« Ein Rücktritt komme nicht in Frage.
Die Politikerin verwies zudem am Montag auf konkrete Schritte Wagenknechts zur Abwerbung von Mitgliedern zugunsten der von ihr angestrebten Parteineugründung. Sie nehme eine »sehr breite Unterstützung für den Beschluss des Parteivorstands wahr«, sagte Wissler, »auch von Landesvorsitzenden und aus den Fraktionen«.
Ziel des Vorstands sei es, für eine starke Linke zu kämpfen. »Wer das aus welchen Gründen auch immer nicht möchte, der muss auch die Konsequenzen ziehen«, sagte die Linke-Chefin. Jeder habe das Recht, eine Partei zu gründen. Es sei aber nicht in Ordnung, dies »mit den Ressourcen einer anderen Partei zu machen«. Aus Landesverbänden und Fraktionen kämen Hinweise, dass Wagenknecht und ihre Unterstützer Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger der Linken »abtelefonierten«, um sie abzuwerben. Dies berichteten auf diese Weise Kontaktierte, die in der Linken bleiben wollten, zum Teil selbst. Viele in der Partei, so Wissler, hätten den Vorstand bislang eher dafür kritisiert, dass er all dem untätig zusehe. Sie fänden, dass der jetzige Schritt des Gremiums »überfällig« gewesen sei.
In dem Vorstandsbeschluss vom Samstag heißt es unter anderem: »Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht.« Der wiederholten Aufforderung, von der Gründung eines konkurrierenden Parteiprojekts Abstand zu nehmen, sei Wagenknecht »bis heute nicht nachgekommen«. Am vergangenen Freitag hatte Wagenknecht in einem Interview bekräftigt, Gespräche über die Gründung einer neuen Partei zu führen. Ob und wie diese geschehe, wolle sie bis zum Jahresende entscheiden.
Fraktionsvize Gesine Lötzsch kritisierte das Vorstandspapier am Montag gegenüber dem ZDF. Sie wolle, dass Wagenknecht »mit der Linken in der Linken für die Verbesserung der Gesellschaft kämpft«, sagte sie. Die prominente Politikerin ziehe viele Menschen an, sagte Lötzsch. »Die Linke müsste eigentlich ein Interesse daran haben, so eine Genossin wie Sahra Wagenknecht zu halten.« Der Beschluss des Parteivorstands führe zu »keiner Lösung« und sei »vor allem in der Sache wirkungslos«. Zudem dürfe die Bundestagsfraktion »nicht leichtfertig aufs Spiel« gesetzt werden, so Lötzsch. Die Linke könnte ihren Fraktionsstatus verlieren, wenn Wagenknecht und ihr Umfeld die Fraktion verließen. Allerdings nur, wenn sie dabei ihr Mandat mitnähmen, was wahrscheinlicher ist, als dass sie dem Appell des Vorstands Folge leisten.
Genau darauf wies Wissler hin: Solange Wagenknecht und Freunde so fair wären, ihre Mandate nicht zu behalten, wenn sie die Partei und/oder die Fraktion verließen, sei diese nicht in Gefahr. Denn in diesem Fall könnten andere Kandidatinnen und Kandidaten der Linken nachrücken.
An diesem Dienstag wird der Vorstandsbeschluss auch in der Sitzung der Linksfraktion Thema sein. Während auch die Ko-Chefin der Fraktion, Amira Mohamed Ali, der Parteispitze schwere Vorwürfe gemacht hatte, äußerte sich der Ko-Vorsitzende Dietmar Bartsch bislang nicht zu dem Beschluss.
Ganz anders die Wagenknecht-Vertraute Sevim Dağdelen. »Es ist absehbar, dass einer Linken, die auf sektiererische Praktiken setzt, statt die massiven Probleme im Land anzugehen, der Weg in die politische Bedeutungslosigkeit vorgezeichnet ist«, erklärte sie am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa und fügte hinzu: »In der Logik der Säuberung von Frau Wissler liegt es sicherlich, jetzt auch auf die Spaltung und damit auf die Auflösung der Fraktion im Bundestag zu drängen.« Fraktionsgeschäftsführer Ulrich stellte derweil klar, dass der Beschluss der Parteispitze ohne jede Konsequenz sei. Die Bundestagsmandate gehörten nicht der Partei, sondern den gewählten Abgeordneten. Ulrich warf der Parteispitze abermals Inkompetenz vor. Mit diesem Vorstand werde die Linke nicht überleben.
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