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Telemedizin in Frankreich: Flatrate für den Arztbesuch
In Frankreich ist Telemedizin seit 2016 möglich, seit der Pandemie gibt es neue Angebote
Während der Corona-Pandemie erlebte die Telemedizin einen steilen Aufschwung. Seitdem lässt das Interesse daran nicht nach. Weil es vor allem auf dem Land an niedergelassenen Ärzten mangelt und hier regelrechte medizinische Wüsten entstanden sind, verfügen inzwischen schon sechs Millionen Franzosen, zehn Prozent der Bevölkerung, nicht mehr über einen Hausarzt. Dieser spielt eine zentrale Rolle im französischen Gesundheitswesen. Er wird vom Patienten bei der Krankenkasse gemeldet und koordiniert die Konsultation von Fachärzten, die nur bei Überweisung von der Krankenkasse bezahlt werden. Selbst wer einen Hausarzt hat, muss oft wochenlang auf einen Termin warten. Darum sind die Notaufnahmestationen der öffentlichen Krankenhäuser überlaufen mit Patienten, welche die Behandlung wirklicher Notfälle behindern.
Diese Misere hat sich die französische Filiale des australischen Konzerns Ramsay, der europaweit 443 Privatkliniken betreibt, zunutze gemacht. Ramsay Santé France bietet für 11,99 Euro im Monat ein Telemedizin-Abonnement an, mit dem man jederzeit per Telefon einen Allgemeinmediziner oder einen Facharzt für eines von rund 20 Spezialgebieten konsultieren kann. Die einzige Einschränkung: Der Abonnent kann das Telemedizinnetz höchstens 20 Mal im Jahr nutzen.
Das Angebot gibt es schon seit fast einem Jahr, aber die Öffentlichkeit wurde erst jetzt darauf aufmerksam. Die Ärzteverbände protestieren gegen diese »Kommerzialisierung« und »Uberisierung« der Medizin. Der Standesverband Ordre de médecins erklärt, das Geschäftsmodell bedrohe das französische System der medizinischen Versorgung, die grundsätzlich kostenlos ist. Die Gesundheitsbehörden versichern, dass keine Genehmigung für das Ramsay-Verfahren beantragt oder erteilt wurde und die Telekonsultationen nicht durch die öffentliche Krankenkasse erstattet wird.
Gesundheitsminister François Braun, selbst Notfallmediziner, distanziert sich entschieden von diesem Servicemodell und kündigt eine Untersuchung und gegebenenfalls eine schärfere Reglementierung an. Konsultationen per Telefon bieten seit 2016 auch schon viele niedergelassene Ärzte an, die so leicht ihren Patientenkreis erweitern können. Auch finanziell ist das für sie sehr interessant, weil eine solche Telekonsultation von den Krankenkassen genauso honoriert wird wie eine vor Ort, während der Arzt dafür aber erfahrungsgemäß nur die Hälfte der Zeit braucht.
Bedingung für die Abrechnung ist, dass der Arzt den Patienten persönlich kennt und damit auch dessen allgemeinen Gesundheitszustand. Nur in einem solchen Fall darf der Arzt bei einer Telekonsultation ein Rezept ausschreiben und dem Patienten per Mail übermitteln. Krankschreibungen sind auf diesem Wege nur möglich, wenn der Patient den Arzt mindestens einmal in den zurückliegenden zwölf Monaten in dessen Praxis persönlich konsultiert hat. So will die öffentliche Krankenkasse dem Trend zum »medizinischen Tourismus« vorbeugen und Ärzte, die zu leichtfertig krankschreiben, in die Schranken weisen.
Auf technischem Gebiet hat sich in der Telemedizin seit ihren Anfängen 2016 viel getan. Vielerorts gibt es Telefonzellen-ähnliche Untersuchungsboxen. Darin kann der Patient per Bild-Telefon einen Arzt anrufen, Symptome schildern und sich beraten lassen. Das ist der rein telefonischen Konsultation weit überlegen. In der Box steht ein nach hinten geneiger Sessel wie beim Zahnarzt. Zu den Geräten, zu denen der Arzt Zugang hat, gehören ein Stethoskop, ein Video-Otoskop zum Untersuchen der Ohren, ein Video-Dermatoskop zur Untersuchung der Haut, ein Blutdruckmessgerät und ein Gerät zum Aufzeichnen eines EKG.
Die Untersuchungsboxen werden von den Herstellern in der Regel nicht verkauft, sondern zu einem Tarif zwischen 250 und 400 Euro im Monat vermietet. Installiert sind sie vor allem in Apotheken und Supermärkten, die so neue Kunden gewinnen wollen. Es gibt aber auch kleine Kommunen, wo der Bürgermeister eine Zelle mietet und im Rathaus aufstellen lässt, um den Bürgern wieder einen wichtigen und längst nicht überall selbstverständlichen Service zu bieten – den schnellen und unkomplizierten Zugang zu einem Arzt.
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