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- Film »The Knocking«
Dunkle Musik im dunklen Wald
Der finnische Horrorfilm »The Knocking« erfüllt im schlechten Sinne jede Erwartung
Es gibt so Filme, die sind gerade in ihrer radikalen Durchschnittlichkeit interessant. Kann man so weggucken, bleibt nichts, auch kein Ärger, tut auch nicht weiter weh. Und bei einem nicht immer, aber doch nicht zu selten formelhaft strukturierten Genre wie dem Horrorfilm kann man sich anhand der Durchschnittsware noch einmal vergewissern, wie dieses kulturindustrielle Produkt gemacht ist und wie die darin gezeigten Standardsituationen verlaufen.
Der finnische Horrorfilm »The Knocking« ist so ein Fall. Er ist vollgestopft mit Genrearchetypen – ein dunkler Wald, eine zerrüttete Familie, eine Axt. Und ein Plot, den auch eine begabte 13-jährige Stephen-King-Leserin hätte schreiben können. Der geht grob so: Die Geschwister Maria (Inka Kallén), Mikko (Pekka Strang) und Matilda (Saana Koivisto) kehren in ihr Elternhaus zurück, es geht ums Erbe. Das Haus liegt auf einer Insel, in besagtem dunklen Wald, und natürlich ist früher, in der Kindheit, hier Schreckliches geschehen.
Die Regisseure Max Seeck und Joonas Pajunen nehmen sich in ihrem Drehbuch viel Zeit, um die geschwisterlichen Konflikte in Szene zu setzen. Die sind gleichwohl etwas holzschnittartig und skizzenhaft, da wird es in der ersten Stunde dann schon redundant. Das Traumabild, mit dem »The Knocking« beginnt, bleibt gleichfalls unausgearbeitet: ein Mädchen in einem Käfig. Da will man dann natürlich wissen, was los ist, aber die Auflösung bekommt man am Ende eher so im Vorbeigehen mit.
Es folgen im steten Wechsel zwischen Rückblenden und Plotentwicklung Hinweise, was da los war und ist, in dem dunklen, tatsächlich sehr schön gefilmten Märchenwald und der horrorfilmtypisch kaputten Familie. Der Wald wehrt sich gegen Zugriffe, die Frauen sind mit der Natur in Kontakt, die Männer, Vater wie Sohn, folgen einer instrumentellen Logik und können damit freilich nur scheitern. Umgekehrt, also mit Männern in der Natur und weiblichen Figuren als Instanzen, die auf Kosten-Nutzen-Rechnungen beharren und diese dann durchsetzen, wäre es mal interessant. Aber das Drehbuch hält sich hier in jeder Hinsicht an die klassischen Rollenverteilungen.
Sehr hübsch allerdings ist die Zeichnung eines Waldgeistes, die eines der Kinder von der Mutter präsentiert bekommt. Böse sei er nicht, auch wenn er schrecklich aussehe, bekommt das Kind versichert. All die Ambivalenz, die entsteht, wo kindlicher Schrecken und erwachsene Beschwichtigungs- und Versicherungsversuche aufeinandertreffen, ist in dieser Szene enthalten. Zudem kann man hier zur Erkenntnis kommen, dass komplett schwarze Augen in menschlichen Gesichtern furchtbar unheimlich wirken.
Trotz aller Formelhaftigkeit verläuft »The Knocking« sich immer wieder im Ungefähren, bei ein paar schönen Momenten. Aber der Film transportiert eine gewisse Faszination dahingehend, dass eigentlich alles, was man genretypischerweise in so einem Setting anstellen kann, dann auch passiert: Waldgeister, alte Frauen mit Geheimwissen, ein Mann, der die Wissenschaft repräsentiert und natürlich furchtbar scheitert. Aber all das wird eben nur angetippt, anstatt in einer Weise entwickelt, dass irgendetwas Denkwürdiges entstehen würde. Insofern ist »The Knocking« grundsätzlich nicht sehenswert.
Interessant könnte diese Ballung von Klischees dennoch in bestimmten Kontexten sein, zum Beispiel an Filmhochschulen. Lehrbuchmäßig bekommt man hier die formalen Standards des Genres vorgeführt – beziehungsweise gezeigt, wie man es nicht machen sollte. Wird es gruselig, wird das Bild in dunkelrote Farben getaucht, wird es heikel, kündigt generisch dunkle Musik von der Gefahr, und zwar so überdeutlich, dass die Bilder gar nichts Interessantes mehr anzustellen brauchen. Was sie in diesem Film dann eben leider auch nicht tun.
»The Knocking«, Finnland 2022. Regie und Buch: Max Seeck, Joonas Pajunen. Mit: Inka Kallén, Saana Koivisto, Pekka Strang. 92 Min. Jetzt im Kino.
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