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Pflanzenbau in Zeiten der Dürre
Trockene Böden im Sommer stellen die Landwirtschaft vor neue Probleme, widerstandsfähige Anbausysteme sind gefragt
Von Anfang Mai bis Mitte Juni hat es vor allem im Nordosten Deutschlands kaum geregnet, auch in anderen Regionen blieben die Mainiederschläge deutlich unter dem Durchschnitt. Zwar füllte im Frühjahr reichlich Regen den Wasserspeicher in den Böden vielerorts wieder auf, besonders in Nordrhein-Westfalen und großen Teilen Niedersachsens. Die obere Bodenschicht hingegen, die für das Pflanzenwachstum wichtig ist, ist immer noch fast überall zu trocken, mit Ausnahme des nördlichen Teils von Niedersachsen, der Mittelgebirge und der Alpen.
Wie Berechnungen mit dem hydrologischen Modell ParFlow zeigen, weisen vor allem Mittel- und Ostdeutschland, aber auch Teile Baden-Württembergs und Bayerns ein hohes Wasserdefizit auf. Auch auf der Karte des Wasser-Monitors des Forschungszentrums Jülich ist zu erkennen, dass der Niederschlag der letzten Monate kaum reicht, um das Wasserdefizit der letztjährigen Sommerdürre zu mildern.
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Zwar liegen im Westen Deutschlands die Wasservorräte im »langjährigen Mittel«, sodass Bäume und mehrjährige Pflanzen mit einem gut entwickelten Wurzelsystem sich in den durchfeuchteten Böden mit Wasser versorgen dürften. In den restlichen Regionen jedoch leiden Pflanzen mit einem oberflächlichen Wurzelsystem häufiger unter Trockenstress, sodass bei den meisten Pflanzen Welksymptome auftreten. Sonne, Wind und steigende Lufttemperatur haben reichlich Wasser aus dem Boden verdunsten lassen. Gerade in der Vegetationsperiode jedoch benötigen Pflanzen große Mengen Wasser aus dem Boden.
Prognosen zur Wasserverfügbarkeit
Weltweit treten in diversen Regionen immer häufiger gravierende Dürreperioden auf – mit entsprechend hohen Ernteverlusten in der Landwirtschaft. Das zeigt eine aktuelle Studie, die im Fachjournal »Nature« veröffentlicht wurde.
Hierzulande sinkt das Grundwasser seit Jahren dramatisch ab. Das Recherchenetzwerk »Correctiv« kam nach Auswertung der Daten von rund 6700 Messstellen zu dem Ergebnis, dass in den Dürrejahren zwischen 2018 und 2021 der Grundwasserspiegel an knapp der Hälfte aller ausgewerteten Orte – insbesondere in Niedersachsen – auf dem niedrigsten Stand seit 1990 lag. Bereits im vergangenen Sommer führte der Rhein historisches Niedrigwasser, in Sachsen und Brandenburg brannten Wälder und verdorrten Felder.
Droht eine Dürre, entscheiden die Wasserbehörden, wer das verbliebene Wasser nutzen darf. Allerdings wisse niemand genau, wie viel Wasser in der deutschen Landwirtschaft verbraucht wird, erklärt Bernd Kirschbaum, Wasserexperte beim Umweltbundesamt. Um die Wasservorräte besser zu managen und effizienter zu verteilen, brauche es dringend sichere Daten. Sie würden die Grundlage bilden, um künftig zu entscheiden, welche Kulturen wo angebaut werden und welche Bewässerungstechnik sich am besten eignet.
Pflanzen, die der Dürre trotzen
Mais, Getreide, Kartoffeln und Zuckerrüben leiden immer öfter unter Hitze und Trockenstress. Wohl auch deshalb interessieren sich Landwirte zunehmend für Kulturen, die gut mit Trockenheit umgehen können – zum Beispiel Hirse, Kichererbsen, Sorgho, Anis, Mungbohnen oder Erdnüsse –, um nur einige zu nennen. Mittlerweile werden auch Pflanzen mit stärkeren Wurzeln gezüchtet, die den Boden besser ausbeuten und besser an Wasser kommen.
Kichererbsen zum Beispiel sind sehr proteinreich und mit dem Trend zur veganen Ernährung sind die Vermarktungschancen relativ hoch. In trockenen Jahren bringen sie zwischen 2,5 und 3,5 Tonnen Ertrag pro Hektar. In nassen Jahren allerdings kann es Totalausfälle geben. Auch Hirse bringt in trockenen Jahren bessere Erträge als etwa Körnermais. Mais erzeuge zwar für wenig Wasser viel Biomasse, erklärt Geoökologe Claas Nende. Die Hirse jedoch kann zusätzlich besser mit Trockenheit umgehen. Im Vergleich zum Mais kommt die Körnerhirse mit bis zu 25 Prozent weniger Wasser aus, weiß Janina Goldbach. Die Agrarwissenschaftlerin testete rund 200 Genotypen der Körnerhirse im Feldversuch. Hirse braucht weniger Dünger und weder Insektizide noch Fungizide.
Leguminosen wie Linsen und Kichererbsen lockern zudem die Fruchtfolgen auf und versorgen sich selbst mit Stickstoff. Allerdings müssen Landwirte dafür möglicherweise auch andere Maschinen einsetzen.
Bodenfruchtbarkeit aufbauen
Über Jahrzehnte presste die Landwirtschaft maximale Erträge aus den Böden. Die meisten Böden sind landwirtschaftlich übernutzt, ausgelaugt, erodiert und kaum noch fruchtbar. Zunehmende Dürren und Überschwemmungen geben ihnen den Rest. Die »Regenerative Landwirtschaft« ist ein Weg, die Fruchtbarkeit der Böden wieder aufzubauen. Die Böden werden permanent bedeckt gehalten und begrünt. Bakterien, Pilze und Würmer werden gezielt gefüttert und gefördert. Der Unterboden wird gelockert und von Wurzeln stabilisiert. Auf das Pflügen wird bewusst verzichtet, weil der Pflug das Unterste nach oben kehrt und das Bodengefüge zerstört. Im Fokus steht die Gesundheit von Böden und Pflanzen, um die Ertragsresilienz zu steigern. Das wiederum wirkt sich auf Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe und auf die Biodiversität aus – und auf den Humusaufbau.
Humus entsteht überall dort, wo Regenwürmer, Springschwänze, Milben, Bakterien und Pilze abgefallene Blätter, Kuhfladen oder Getreidestoppeln in Nährstoffe, Enzyme, Fermente und andere Substanzen zerlegen. Aus mineralischen Tonpartikeln bildet sich ein sogenannter Ton-Humus-Komplex. Je mehr Humus ein Boden enthält, desto mehr Kohlendioxid bindet er aus der Luft und umso mehr Wasser kann er speichern. Gesunde humusreiche Böden sind in der Lage, Überschwemmungen abzupuffern und die Folgen von Dürren zu begrenzen.
Eine andere Methode, das Wasser im Boden zu halten, ist Mulchen – hier wird der Boden mit Grünschnitt bedeckt. Gleichzeitig wird mit dem Anbau von Leguminosen – Hülsenfrüchten wie Bohnen oder Erbsen im Gemenge – die Bodenstruktur verbessert. Zudem werden Regenwürmer gefördert, die sich von abgestorbenen Pflanzenresten, Blättern und Mikroorganismen ernähren. Im Darm zersetzen die Würmer Pilze, Bakterien und organisches Material. Mit dem Kot scheiden sie pflanzenverfügbaren Stickstoff, Phosphor und Kalium aus – einen idealen Dünger für die Pflanzen. So leisten bis zu drei Millionen Regenwürmer pro Hektar wertvolle Arbeit im Boden.
Gehölze schützen vor Wind und Erosion
Nachdem jahrzehntelang Hecken planiert, Flure bereinigt, Landschaften eingeebnet wurden, werden Bäume und Gehölze wieder als natürliche Verbündete in die Landwirtschaft integriert. Denn Bäume und Hecken bieten Schatten, Kühlung und Windschutz.
Agroforstsysteme erweisen sich in trockenen und windreichen Regionen als besonders resilient – wie etwa im von Dürre geplagten Brandenburg. Wie eine Studie der Brandenburgischen Technischen Universität in Cottbus-Senftenberg zeigt, verringert sich bei rund vier Metern Baumhöhe und einem Streifenabstand von 24 Metern die Windgeschwindigkeit im Vergleich zum offenen Feld etwa um die Hälfte. Der Boden wird widerstandsfähiger gegenüber Dürreperioden, Erosion und starken Niederschlägen. Er speichert mehr Wasser und Kohlenstoff und verbessert über die Verdunstung auch das Mikroklima. Zudem bieten die Bäume Lebensraum für seltene Arten.
Gepflanzt werden zumeist schnell wachsende Baumarten wie Pappel, Weide, Erle, aber auch Obstbäume und Sträucher. Die Wurzeln erschließen tiefere Bodenschichten, um besser Nährstoffe zu transportieren. Auf den Flächen zwischen den Baumreihen werden Ackerpflanzen angebaut, oder sie werden von Nutztieren – meist Hühnern oder Schweinen – beweidet. Der Abstand zwischen den Gehölzen ist gerade so groß, dass die dazwischenliegenden Flächen mit Maschinen bearbeitet werden können. Je nach Breite der Baumstreifen werden zwischen fünf und zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche bepflanzt. Die Bäume liefern Früchte sowie Bau- und Brennholz. Über den Rückschnitt der Pflanzen und Bäume wird der Boden zusätzlich mit organischer Substanz gedüngt. Durch Laubfall, abgestorbene Feinwurzeln und Wurzelausscheidungen wird über den Humus verstärkt Kohlenstoff eingelagert.
Der Deutsche Fachverband für Agroforstwirtschaft schätzt die Fläche aktiv betriebener Agroforstsysteme auf rund tausend Hektar. Wegen kleinerer Ackerflächen fallen die Ernten in den ersten Jahren zunächst geringer aus, auch das Pflanzen und die Pflege der Bäume kosten Geld. Damit mehr Landwirte dieses System ausprobieren, müssten die Baumreihen und Hecken als landwirtschaftliche Nutzfläche anerkannt und entsprechend gefördert werden.
Mischkulturen bringen mehr Ertrag
Untersaaten und Zwischenfrüchte fördern die Biodiversität und stabilisieren die Bodenstruktur. Der Zwischenfruchtanbau kann Agrarökosysteme unter den Bedingungen des Klimawandels stärken und stabilisieren. Er erhöht die Wasserspeicherkapazität des Bodens und steigert die Vielfalt und Qualität des Lebensraums für nützliche Insekten. Blühpflanzen werden von Insekten bestäubt, auch Schädlinge werden auf natürliche Weise bekämpft.
Zum Beispiel Hafer und Ackerbohnen: Werden sie im Gemenge angebaut, wird der Boden besser durchwurzelt. Denn die unterschiedlichen Typen mit Pfahl- und Faserwurzeln durchdringen die Böden besser und können bei Dürren nicht nur das Wasser, sondern auch das Licht besser für sich nutzen. Gleichzeitig werden Beikräuter unterdrückt. Einer Studie zufolge, die 2020 in »Nature Plants« veröffentlicht wurde, bringt Gemengeanbau in Europa im Vergleich zu Reinkulturen 16 Prozent mehr Ertrag bei 19 Prozent weniger Dünger. Werden die Kulturen wie in Asien üblich in Streifen angebaut, bringen sie nahezu 30 Prozent mehr Ertrag bei einem Drittel weniger Dünger.
Jahrelang forschten Wissenschaftler zur Wechselwirkung zwischen Pflanzenwurzeln und Bodenorganismen. Die Ergebnisse sind für Öko- und konventionellen Landbau gleichermaßen interessant. So werden hierzulande derzeit auf 20 000 Hektar Ackerland Kulturen im Gemenge angebaut, größtenteils im konventionellen Anbau.
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