Kritik an Zwangsräumungen nach Suizid in Berlin-Spandau

Mieter*innen vor Wohnungsverlust häufig in existentiellen psychischen Krisen

Im Zuge einer Zwangsräumung am Brunsbütteler Damm in Spandau ist am Dienstag der betroffene Mieter zu Tode gekommen. Nach aktuellem Kenntnisstand handelt es sich um einen Suizid, so die Berliner Polizei. Vor der Räumung hatte der Mieter damit gedroht, auf die Gerichtsvollzieherin und die Einsatzkräfte zu schießen. Tatsächlich schoss er von innen auf die Eingangstür. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei stürmte schließlich die Wohnung und fand den Mann tot auf.

Das Bündnis Zwangsräumung verhindern Berlin kritisiert, dass der drohende Wohnungsverlust viele Menschen in existenzielle psychische Krisen führt und in dem Kontext auch Suizide immer wieder passieren. »Zwangsräumungen sind die brutalste Form der Verdrängung«, sagt Johannes Fischer vom Bündnis zu »nd«. »Viele können sich einfach nicht vorstellen, wie es danach weitergehen soll.« Zwangsräumung verhindern unterstützt seit vielen Jahren Mieter*innen, denen der Verlust der Wohnung droht. Viele Betroffene gerieten durch Räumungsverfahren in psychische Notlagen, bekämen Depressionen, schlimmstenfalls komme es zu Suiziden. »Erst kürzlich passierte das in Köln, vor zwei Jahren hatten wir den Fall von Peter Hollinger hier in Berlin.«

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»Deshalb ist es unsere Forderung, dass es gar keine Zwangsräumungen mehr gibt«, sagt Fischer. Besonders dramatisch sei eine Räumung, wenn es keinen Ersatzwohnraum gebe. Für Menschen mit geringem Einkommen sei es auf dem aktuellen Wohnungsmarkt kaum möglich, eine neue Wohnung zu finden. »Sie landen dann in Notunterkünften oder auf der Straße.«

In den spezifischen Fall in Spandau war Zwangsräumung verhindern nicht eingebunden. »Wir kannten den Mieter nicht und können deshalb auch nichts konkret dazu sagen. Aber die strukturellen Aspekte sind auch hier vorhanden«, sagt Fischer.

Die Polizei kann keine näheren Angaben zum Verstorbenen machen, außer dass es sich um einen 62-jährigen Mann handelt, der polizeilich bis dato nicht bekannt war. »Unserer Kenntnis nach hatte er keinen Waffenschein«, sagt Sprecherin Patricia Brämer zu »nd«. Der erste Kontakt der Gerichtsvollzieherin habe gegen 9.30 Uhr stattgefunden, die »gewaltsame Öffnung der Wohnungstür« durch das SEK gegen 17.30 Uhr.

In der Zwischenzeit habe eine Verhandlungsgruppe der Polizei erfolglos versucht, »Zugang durch Worte« zu erlangen. Diese sei geschult im Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen, auch mit akut suizidalen Menschen, sagt Brämer. Den Einsatz habe man nach den Drohungen des Mieters, auf andere zu schießen, und den Schüssen gegen die Eingangstür nicht abbrechen können. Zwischenzeitlich wurde am Dienstag ein Teil des Brunsbütteler Damms von der Polizei gesperrt, die Anwohner*innen wurden aufgefordert, ihre Wohnungen nicht zu verlassen.

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus kritisiert im Kontext des Todesfalls in Spandau, ebenso wie Zwangsräumung verhindern, dass es zu Suiziden durch drohenden Wohnungsverlust kommt. »Das Drama um die Wohnungsräumung ist schrecklich und darf sich nicht wiederholen. Es kann weder angehen, dass Gerichtsvollzieher gefährdet noch Menschen durch Zwangsräumungen psychisch in den Suizid getrieben werden«, erklärt Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linksfraktion, in einer Pressemitteilung.

Schlüsselburg ruft dazu auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um Zwangsräumungen zu verhindern und das noch unter Ex-Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) auf den Weg gebrachte Modellprojekt zur persönlichen Zustellung bei Räumungsklagen umzusetzen. »Wir müssen einen letzten Versuch unternehmen, diese Menschen tatsächlich anzusprechen und ihnen aufzuzeigen, wo sie Hilfe bekommen können, um die Räumungsklage abzuwenden.«

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