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Spielstraßen in Berlin: Noch nicht zu spät
Im Streit um die temporären Spielstraßen für Kinder wächst der Druck auf die schwarz-rote Koalition. Die versucht, zu beruhigen
Mitten in der Sommerpause schlägt Berlins Zivilgesellschaft Alarm. Erneut steht CDU-Verkehrssenatorin Manja Schreiner für ihre Vorhaben auf den Berliner Straßen in der Kritik. Dieses Mal aber geht es um die Kinder: Für die Errichtung temporärer Spielstraßen sieht der neue schwarz-rote Haushaltsentwurf deutlich weniger Geld vor, als derzeit zur Verfügung steht. Während für das laufende Jahr noch 180 000 Euro bereitliegen, sollen für 2024 und 2025 jeweils nur noch 50 000 Euro übrig bleiben.
»Die Kürzungen würden schlichtweg bedeuten, dass das alles so nicht weitergeführt werden kann«, sagt Gabi Jung vom Berliner Bündnis Temporäre Spielstraßen zu »nd«. In den vergangen Jahren, so die Sprecherin des Bündnisses, seien die Projektkosten, gerade für Schilder, deutlich gestiegen. Nun appelliert Jung an den Senat: »Noch können das die Koalitionsfraktionen von CDU und SPD durch eine Korrektur in den Haushaltsverhandlungen verhindern.« Sie fordert eine Verstetigung der aktuellen Mittel, um die wichtigen Bewegungsräume für Kinder zu erhalten.
Tatsächlich ist noch nichts entschieden, bis der Haushalt für die Jahre 2024 und 2025 vom Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. »Bis dahin werden wir prüfen, ob es vielleicht Mittel gibt, die wir umschichten können«, verspricht die zuständige CDU-Staatssekretärin Britta Behrendt auf Anfrage. »Senatorin Schreiner wird am Internationalen Autofreien Tag eine temporäre Spielstraße besuchen, was zeigt, wie wichtig ihr diese Projekte sind.«
Sollte auf den letzten Metern doch noch nachgelegt werden, wäre das nicht das erste Mal. Auch Rot-Grün-Rot hatte in seinen Planungen zum Doppelhaushalt 2022/2023 erst nur 50 000 Euro pro Jahr für temporäre Spielstraßen vorgesehen. »Wir hatten damals mit dem Bündnis Temporäre Spielstraßen gesprochen«, sagt Oda Hassepaß, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, zu »nd«. Gemeinsam habe man dann beschlossen, dass mehr Mittel für die Projekte nötig und möglich seien.
Diese Entscheidung hält Hassepaß nach wie vor für richtig. »Ich finde, dass die Spielstraßen sich wahnsinnig gut entwickelt haben. Die Initiativen vor Ort wissen genau, was sie tun«, teilt die Grünen-Politikerin mit. In den Projekten erkennt sie ein »schönes und dezentrales Element« der Berliner Verkehrspolitik. »Ich finde es wichtig, dass wir das weiter fördern und unterstützten.« Sollte die Große Koalition an den Kürzungen festhalten, würde sich das laut Hassepaß in die janusköpfige Verkehrspolitik der vergangenen Monate einreihen. Einerseits sei die Rede vom Miteinander, andererseits werde der ohnehin schon dominante Autoverkehr weiter gestärkt. »Mittel werden aber auch nur verschoben, wenn man sich rechtzeitig Sorgen macht«, mahnt Hassepaß. Umso wichtiger sei es, dass nun Einspruch erhoben werde.
Auch wegen der Erfahrungen unter Rot-Grün-Rot gibt sich das Bündnis Temporäre Spielstraßen derzeit hoffnungsvoll. Von Abgeordneten der Regierungsfraktion habe man bereits gespiegelt bekommen, dass es sich bei den geforderten 180 000 Euro letztlich um keine besonders große Summe handele.
Derweil mehren sich die kritischen Stimmen: Nachdem sich bereits das Deutsche Kinderhilfswerk besorgt gezeigt hatte, folgt am Dienstag auch der Verkehrsclub Deutschland Nordost. Dem zufolge engagierten sich schon 1000 Berliner*innen bei Spielstraßenprojekten in der Hauptstadt. »Die Mittel zu kürzen, wäre ein herber Schlag gegen die Bürgerbeteiligung«, teilt die Geschäftsführerin Regine Wosnitza mit. Die Menschen in Berlin sollten zur »DIY-Verkehrswende« motiviert werden. Ohne entsprechendes Budget sei das nicht möglich.
Für Ärger sorgen die Pläne nicht zuletzt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Über Senatsmittel finanziert unterstützt er Initiativen in ganz Berlin bei der Umsetzung der Spielstraßen-Projekte. Ob er mit den reduzierten Mitteln die Koordinierung weiterführen könnte, ist ungewiss. »Temporäre Spielstraßen sind ein Erfolgsmodell«, teilt die grüne Bezirksstadträtin für Verkehr, Annika Gerold, am Mittwoch mit. »Sie geben uns die Möglichkeit, öffentlichen Raum für Kinder zu erschließen, die sich sonst hier nicht aufhalten können.« Die Nutzungsanforderungen im Einzelnen würden meist erst bei der Umsetzung der Projekte klar. »Ein Wegfall der Koordinierung durch unseren Bezirk wäre ein großer Verlust für das Gesamtprojekt.«
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