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Australiens Grippewelle als Warnung für Europa

Besonders Kinder sind betroffen – auch wegen der Impfmüdigkeit nach der Pandemie

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 4 Min.

Wenn in Europa Sommer ist, herrscht auf der Südhalbkugel und damit auch in Australien Winter. Deswegen erlebt das Land seine Grippewelle bereits ein halbes Jahr vor Deutschland. Während der Pandemie haben Reisebeschränkungen, Abschottung, Masketragen und Hygienemaßnahmen die Grippe massiv eingedämmt. Und auch im letzten Jahr gelang es den Australiern, die Viruserkrankung dank Gratis-Impfungen und des erneuten (freiwilligen) Griffs zur Maske unter Kontrolle zu halten.

Doch der aktuelle Winter hat die Grippe in Australien nun mit voller Wucht zurückgebracht. Dieses Jahr trifft es vor allem viele Kinder hart, bei denen die Krankheit nach der langen Abschottung während der Corona-Zeit auf untrainierte Immunsysteme traf. Insgesamt wurden den australischen Aufsichtsbehörden bis Mitte Juli fast 175 000 Influenzafälle gemeldet, in den letzten zwei Juli-Wochen waren es 22 000. Die Zahlen liegen damit wieder etwa auf dem Niveau der Jahre vor der Pandemie.

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Doch die Daten des Gesundheitsministeriums zeigen auch, dass landesweit die meisten Grippefälle bei Kindern bis 14 Jahren auftraten. »Wir sehen viele Kinder, die entweder zum ersten Mal an Grippe erkranken oder seit einigen Jahren keine Grippe mehr hatten«, berichtete Phil Britton, außerordentlicher Professor für pädiatrische Infektionskrankheiten an der Universität Sydney, dem lokalen Sender ABC.

Inzwischen sind über 160 Menschen gestorben, darunter ein elfjähriges Mädchen aus dem Bundesstaat Queensland und eine Neuntklässlerin aus New South Wales, dem Bundesstaat, in dem Sydney liegt. Laut Ian Barr vom Peter-Doherty-Institut für Infektionen und Immunität in Melbourne kämpft Australien in diesem Jahr mit Influenza A (H1N1) wie auch Influenza B als vorherrschenden zirkulierenden Viren. Beide befallen bevorzugt Kinder und nicht Erwachsene oder ältere Menschen, obwohl es auch Fälle in anderen Altersgruppen gibt. In solch einem Jahr käme es stets zu mehr und damit auch zu schwerwiegenderen Fällen, die einen Krankenhausaufenthalt und folglich auch Todesopfer forderten, erklärte Barr. Manche Menschen würden dabei direkt durch die Influenza-Infektion oder durch sekundäre bakterielle oder Pilzinfektionen sterben.

Trotz mehrerer Warnungen zu Beginn der Saison sind die Impfraten in Australien in diesem Jahr niedrig geblieben. Nur etwa ein Drittel der Bevölkerung ist gegen Grippe geimpft, und die niedrigsten Raten sind bei Kindern im Alter von 5 bis 14 Jahren zu verzeichnen. Erreichte das Land im vergangenen Jahr bei den unter Fünfjährigen noch eine Impfrate von 37 Prozent, waren es in diesem Jahr nur 25,5 Prozent und bei älteren Kindern zwischen 5 und 14 Jahren sogar nur 15 Prozent. Der Grippeexperte Barr vermutet hinter dieser Tendenz eine gewisse Impfmüdigkeit nach den mehrfachen Covid-Impfungen.

Die Impfraten in allen Altersgruppen – selbst bei den über 65-Jährigen – seien in diesem Jahr gesunken. Es seien nur 36 Prozent aller Menschen geimpft worden, also deutlich weniger als im letzten Jahr, wo 44 Prozent erreicht wurden. Neben der Impfmüdigkeit liegt dies laut Barr vermutlich auch an der Tatsache, dass die meisten Bundesstaaten im vergangenen Jahr über einen gewissen Zeitraum hinweg die Grippeimpfung kostenlos gemacht hatten, während dies aktuell nur noch in Westaustralien und Queensland der Fall sei. Dort sei die Impfung in der jüngeren Bevölkerung bisher trotzdem nicht gut angenommen worden.

Inzwischen ist der Winter in Australien so weit fortgeschritten, dass eine Grippeimpfung kaum mehr Sinn macht – vor allem, da der Impfstoff mindestens zwei Wochen braucht, um seine Wirkung zu entfalten. Daher raten australische Mediziner jetzt eher zum Einsatz von antiviralen Mitteln, sogenannten Virostatika, damit Grippekranke schneller wieder auf die Beine kommen und um Komplikationen zu verhindern.

Laut Barr sollte Europa aus den Fehlern Australiens während der aktuellen Grippesaison lernen. Der Experte befürchtet, dass es auch in Europa im Winter schwieriger werden könnte, die nach der Pandemie »impfmüde« Bevölkerung zu einer Immunisierung zu bewegen. Vor allem Länder, deren medizinisches System über ein hohes Maß an Telemedizin und virtuellen Konsultationen verfüge, müssten damit rechnen, dass ihre Influenza-Impfraten sinken werden. Außerdem verwies Barr auf die Auswirkungen, die die diesjährige Grippe auf Kinder in Australien hatte. Gegen solch tragische Fälle könnten sich die Menschen in Europa dieses Jahr noch mit einer Grippeimpfung wappnen.

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