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Rundfunkbeitrag: Kritikwürdiges gibt es genug
Einige Gedanken zum Streit um den Rundfunkbeitrag
In der Medienbranche ist der Rotstift zugange. Nicht nur das »nd« steckt in einer existenziellen Krise. Die weiterhin hohe Inflation und exorbitant gestiegene Papierpreise zwangen hierzulande nahezu alle linken Zeitungen, sogenannte Bettelkampagnen zu lancieren. Weil diese bereits zuvor im prekären Bereich operierten, trifft die branchenweite Krise sie zwar ganz besonders hart, doch ihre finanzielle Not ist nur die sprichwörtliche Spitze des Eisbergs. Auch in bürgerlichen Redaktionen werden Stellen gestrichen.
Eine kürzlich veröffentlichte und vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) in Auftrag gegebene Umfrage legt nahe, dass die privaten Medien in Deutschland auch unter der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (ÖRR) und der Höhe des Rundfunkbeitrages litten. Demnach gaben 44 Prozent der Befragten an, sich private Medienangebote wegen des hohen Rundfunkbeitrags nicht oder weniger leisten zu können als in der Vergangenheit. Bei der Erhebung ging es vor allem um die Nutzung der Online-Dienste des ÖRR. 62 Prozent der Teilnehmenden würden dort »immer oder häufig« Textangebote aufrufen. Videos schauten nur 39 Prozent.
Fast 40 Prozent der Befragten gaben an, ihr Nutzungsverhalten ändern, digital und gedruckt mehr private Presse nutzen zu wollen, wenn es denn das öffentlich-rechtliche Textangebot nicht gäbe. Der Co-Vorstandsvorsitzende des BDZV Matthias Ditzen-Blanke sagte zur Veröffentlichung der Umfrageergebnisse: »Es ist klar, dass durch die Textangebote der öffentlich-rechtlichen Sender ein ungleicher Wettbewerb entsteht, der die Pressevielfalt gefährdet.« Sein Lobbyverband fordert, den staatlichen Auftrag des ÖRR klarer zu formulieren, denn derzeit sei nicht definiert, inwieweit textbasierte Angebote des ÖRR überhaupt zulässig seien.
Unter die textbasierten Angebote des ÖRR fällt unter anderem die Website der »Tagesschau«, aber etwa auch die App »Newszone« des Südwestrundfunks (SWR). Gegen Letztere klagten bereits im vergangenen Jahr 16 Verlage, weil die App aus ihrer Sicht einen Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag darstelle. Sie sei presseähnlich und damit rechtswidrig. Das Verfahren ging nach mehreren gerichtlichen Instanzen vor eine Schlichtungsstelle, die zwischen dem SWR und den klagenden Verlagen vermitteln soll.
Grundsätzlich ist es verständlich, dass der BDZV und die Printmedien bemüht sind, die Konkurrenz durch textbasierte öffentlich-rechtliche Online-Angebote zu verringern. Allerdings ergeben sich daraus zwei Probleme: Zum einen würde der Rundfunkbeitrag kaum sinken, wenn der ÖRR sich wieder fast ausschließlich auf Hör- und Sehformate beschränken würde, und zum anderen dürfte die Akzeptanz des ÖRR in der Folge sinken. Denn insbesondere jene, die vor allem die textbasierten Angebote des ÖRR nutzen, würden wohl kaum mehr Videoformate schauen, nur weil es keine Artikel mehr auf der Website der »Tagesschau« gibt. Für viele Jüngere, die ohnehin kein lineares Fernsehen schauen, sind die textbasierten Angebote die einzigen des ÖRR, die sie überhaupt nutzen. Ohne diese dürfte es noch schwerer zu vermitteln sein, wofür jeder Haushalt Rundfunkbeitrag zahlen muss.
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Derzeit beträgt dieser 18,36 Euro pro Monat für jeden Haushalt. Dass Einkommen und Größe des jeweiligen Haushalts dabei keine Rolle spielen, ist seit jeher ein Akzeptanzproblem für den ÖRR, denn gerechte oder gar solidarische Finanzierungsmodelle müssten zwangsläufig anders aussehen. Insbesondere für Alleinwohnende stellt der Rundfunkbeitrag eine nicht unerhebliche Aufwendung dar. So kann es auch nicht verwundern, dass Menschen davon abgehalten werden, zusätzlich Geld für private Medien auszugeben – vor allem wenn sie aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten immer weniger Geld zur freien Verfügung für vermeintliche Luxusgüter wie Zeitungen haben.
Die behördenähnlichen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten werden freilich selbst kaum dafür werben, den Rundfunkbeitrag zu senken. Sie erwarteten im Gegensatz Lob dafür, dass sie bei ihrer Bedarfsanmeldung für die Jahre 2025 bis 2028 im April mit ihren jährlichen Steigerungsraten zwischen 2,16 und 2,71 Prozent »deutlich unter der aktuellen Inflationsrate« geblieben seien.
Nun gibt es gute Gründe, warum die Sendeanstalten des ÖRR den Rundfunkbeitrag nicht selbst festlegen, sondern ihre gewünschten Bedarfe an die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) melden, die unabhängig sein soll und aus 16 Mitgliedern besteht – die Landesregierungen der Bundesländer berufen jeweils ein Mitglied. Die KEF prüft die angemeldeten Finanzbedarfe auf Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und schlägt dann eine neue Beitragshöhe für den Festlegungszeitraum vor, die für gewöhnlich unter dem Wunsch der Sendeanstalten liegt. Anschließend muss die Beitragshöhe jedoch noch von den 16 Landesparlamenten der Bundesrepublik beschlossen werden.
Gegen eine mögliche Erhöhung des Rundfunkbeitrags ab 2025 haben sich bereits die Landesregierungen von Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, von Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern ausgesprochen – sie fordern, die derzeitige Beitragshöhe beizubehalten. Jedoch ist sehr zweifelhaft, ob sie das tatsächlich entscheiden können, denn diese Kompetenz steht im Grunde nur der KEF zu. Sachsen-Anhalt blockierte schon 2020 die bislang letzte Erhöhung des Rundfunkbeitrags; daraufhin klagten ARD, ZDF und Deutschlandradio beim Bundesverfassungsgericht, das ihnen letztlich recht gab und die Erhöhung ins Werk setzte.
Dass die Argumente der Unionsparteien gegen Beitragserhöhungen sich allzu oft darauf beschränken, dem ÖRR das Gendern in Sendungen und eine allgemeine »links-grüne« Haltung vorzuwerfen, und die AfD den ÖRR gleich ganz abschaffen will, darf Linke nicht davon abhalten, die Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu kritisieren. Denn Kritikables gibt es genug: von bräsigen Vorabendkrimis oder Spielshows, die ganz sicher keinen Bildungsauftrag erfüllen, über die Zigmillionen, die für die Rechte an Fußballübertragungen gezahlt werden, bis hin zu einer unsolidarischen Beitragsgestaltung.
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