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Deutscher Fernsehpreis: Ohne Scheiß ...

Viel Klamauk und viel Konfetti gab es bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises in Köln

... es regnete Preise wie Konfetti, derer dreißig am Donnerstag in Köln. Dementsprechend hechelte man nur so durch den Abend, atemlos wurden die Gewinner des Deutschen Fernsehpreises heruntergehaspelt. Den Auftakt machten die Kaulitz-Brothers von »Tokio Hotel«. Die wie zottelige Yeti-Babies aussehenden Zwillinge Bill und Tom (34) haben mit diesem Ritterschlag für ihre RTL-Blödel-Musiksendung »That’s My Jam« in der Kategorie »Beste Unterhaltung Show« nicht gerechnet. Natürlich nicht! »Ohne Scheiß, wir sind total überrascht, wir haben gar nichts vorbereitet, wir sind total überwältigt.« Weshalb denn auch wenig später Travestiekünstler Olivia Jones (»Sterben für Anfänger«) bei der Entgegennahme ihres Obelisken für »Bestes Infotainment« auf der Bühne verkündete, sie sei nicht überrascht und habe auch etwas vorbereitet: »Seit 30 Jahren arbeite ich für das Fernsehen, es wurde höchste Zeit dass ich diesen Preis auch mal kriege.« Die Dankesreden waren die üblichen, im Eiltempo wurden Namen der an den jeweiligen Produktionen Beteiligten heruntergerasselt. Wehe, man vergisst jemanden. Endlich hat es auch der bereits mehrfach nominierte RTL-Pseudo-Dsschungel »Ich bin ein Star – Holt mich hier raus« geschafft, als »Beste Unterhaltung Reality«. Und einen Ehrenpreis fürs Lebenswerk kann man heute schon mit 55 Jahren ergattern, wie Klamauk-Mime Billy Herbig bewies, der natürlich auch »total überrascht« war.

Seriöse und solide Werke kamen zu Ehren erst nach all dem obskuren, absurden und aberwitzigen Irrsinn, der den Zuschauern an der Mattscheibe und im Saal viel Leidensfähigkeit abverlangte.. Wesentlich mehr allerdings von letzteren, die zu stundenlangem Ausharren auf hartem Gestühl verdammt waren. Dafür wurden sie aber mit einer After-Show-Party in Saus und Braus entschädigt, auf der jene der Aufforderung zum Auftakt des Abends enttäuscht oder erleichtert, dass der Preis an sie vorbeigegangen ist, mehr oder weniger Genüge taten. Eine bunt-gemischte Laien-Band von Fernsehstars diverser Branchen hatte in Abwandlung des berühmten Hits von Kool & The Gang »Celebrate good times, come on!« mit unterschiedlich geglückten Tanzeinlagen »Come on, Deutscher Fernsehpreis« geträllert. Was für ein origineller Einstieg! Überraschung immerhin: Man verzichtete bei der diesjährigen Verleihung auf eine feste Moderation. Es muss wohl gespart werden.

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»Bester Fernsehfilm« wurde »Die Bürgermeisterin« (ZDF) über eine ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin, die sich für ein Flüchtlingsheim engagiert, »Beste Dokumentation/Reportage« von Pro Sieben »Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban« von Thilo Mischke und »Beste Sportsendung« die Fußball-WM-Berichterstattung des ZDF aus Katar, weil diese auch politische Aspekte nicht ausgeblendet habe. Auch die mehrteilige ZDF-Verfilmung von Frank Schätzings Bestseller »Der Schwarm« gewann einen Preis.

Fernsehkoch Tim Mälzer holte die Trophäe beim besten »Factual Entertainment« mit »Zum Schwarzwälder Hirsch« (Vox), in dem 13 Menschen mit Downsyndrom ein eigenes Restaurant betreiben. Die deutsche Kopie des sozial umtriebigen wie geschäftstüchtigen Briten Jamie Oliver wünschte sich, dass auch andere Sender stärker gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen und zur Prime-Time ausstrahlen. Sein Wort in der Intendanten und Intendantinnen Gehör. Ein politisches Statement gab es auch von Kaiser Franz Joseph alias Philip Froissant, ausgezeichnet als bester Schauspieler für seine Rolle in der Sisi-Serie »Die Kaiserin« (Netflix). Der gebürtige Bayer sprach den Aktivisten der Letzten Generation seine Sympathie für deren jüngste Besprühung des Brandenburger Tores aus. Eine politische Entscheidung der Jury wiederum dürfte die Auszeichnung für »Kleo« gewesen sein –über eine inoffizielle Auftragskillerin, »Tschekistin« und Enkelin eines Stasi-Offiziers, die von den eigenen Leuten denunziert, verhaftet und verurteilt wird, drei Jahre bis zum Ende der DDR im Knast sitzt und hernach Rache übt. Die Netflix-Serie sahnte gleich zwei Preise ab: als »Beste Drama-Serie« und mit der Hauptdarstellerin Jella Haase auch für die »Beste Schauspielerin«.

Apropos: Streamingdienste zogen bei der diesjährigen Preisverleihung mit dem linearen Fernsehen gleich. Und es regnete an diesem Abend auch viel echtes Konfetti. Frage an die Veranstalter: Wird das wenigstens recycelt?

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