- Politik
- Nahostkonflikt
Menschen in Gaza hoffen auf die Grenzöffnung
Israels Verteidigungsminister übernimmt Verantwortung für das Versagen des Staates bei Hamas-Angriffen
Nach 13 Tagen völliger Abriegelung und massiver israelischer Luftangriffe als Reaktion auf den Terrorangriff der Hamas hat sich die Versorgungslage für die mehr als zwei Millionen Bewohner des Gazastreifens weiter verschlechtert. Der britische Premierminister Rishi Sunak begrüßte bei einem Kurzbesuch in Israel, dass die Regierung in Jerusalem der Lieferung humanitärer Hilfsgüter von Ägypten aus über den Grenzübergang Rafah in den Gazastreifen zugestimmt habe. Die erhoffte Öffnung von Rafah ließ aber zunächst weiter auf sich warten.
Israel hatte nach dem Besuch von US-Präsident Joe Biden am Vortag einer Öffnung von Rafah für die Lieferung von Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten zugestimmt. Treibstoff zum Antrieb der Stromgeneratoren wurde nicht erwähnt, dabei sind die überfüllten Krankenhäuser im Gazastreifen dringend darauf angewiesen. Am Donnerstag stauten sich rund 165 Lastwagen mit humanitären Versorgungsgütern auf ägyptischer Seite vor dem Übergang Rafah. Ägypten zufolge mussten zunächst Zufahrtsstraßen repariert werden, die durch Luftangriffe beschädigt worden seien. UN-Generalsekretär António Guterres wollte bei einem Besuch in Kairo nach UN-Angaben mit Staatschef Abdel Fattah Al-Sisi über die Öffnung von Rafah sprechen. US-Präsident Biden hatte betonte, sollte die in Gaza herrschende Hamas Lieferungen von Hilfsgütern konfiszieren, »dann hört es auf«.
Unterdessen setzt sich die Fluchtbewegung aus dem Norden in den Süden des Gazastreifens fort. Laut Uno sind in den vergangenen Tagen rund eine Million Bewohner in den südlichen Teil des Gebiets geflohen. Israels Armee, die dazu mehrere Ultimaten gestellt hatte, sprach von rund 600 000 Menschen. UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths forderte einen »sofortigen, sicheren Zugang für humanitäre Hilfe im gesamten Gazastreifen«. Er wies vor allem auf die extreme Wasserknappheit hin. Die Menschen seien zunehmend gezwungen, sich aus unsicheren Quellen zu versorgen, wodurch die Bevölkerung dem Risiko von durch Wasser übertragenen Krankheiten ausgesetzt sei.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde hatte für die Explosion an der Al-Ahli-Klinik umgehend Israel verantwortlich gemacht, arabische Nachbarstaaten schlossen sich dem an. Vor allem in arabischen und islamischen Ländern, aber auch in Deutschland kam es zu wütenden anti-israelischen Demonstrationen. Israel wies eine Schuld entschieden zurück und sprach vom Einschlag einer verirrten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad.
Israel hatte eine Schuld an der Explosion am Krankenhaus in Gaza entschieden zurückgewiesen und sprach vom Einschlag einer verirrten Rakete der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad. Noch ist nicht geklärt, wer die Verantwortung trägt für die Explosion, doch deuten Indizien darauf hin, dass es sich tatsächlich um eine Rakete des Islamischen Dschihad gehandelt haben könnte. Für die Menschen, die in Amman und Kairo, in Rabat und Bagdad auf die Straße gehen, ist der Schuldige schon ausgemacht: die israelische Armee.
Vor einer möglichen Bodenoffensive der israelischen Armee in den Gazastreifen zur Zerschlagung der Hamas setzten westliche Politiker unterdessen ihre Bemühungen fort, eine Ausweitung des Konflikts zu verhindern. Ein hochrangiger Vertreter der israelischen Regierung hat inzwischen dafür die Verantwortung übernommen, dass weder das Militär noch die Geheimdienste die Bevölkerung vor dem terroristischen Angriff der Hamas haben schützen können. Hunderte Hamas-Terroristen hatten am 7. Oktober Israel überfallen und das schlimmste Massaker unter israelischen Zivilisten seit der Staatsgründung 1948 angerichtet. Dabei starben mehr als 1400 Menschen in Israel, mehr als 4600 wurden verletzt.
Israels Verteidigungsminister Joaw Galant hat Verantwortung dafür übernommen, dass der blutige Terrorangriff der islamistischen Hamas passieren konnte. »Ich bin verantwortlich für den Verteidigungsapparat. Ich war in den letzten zwei Wochen dafür verantwortlich, auch bei den schwierigen Zwischenfällen«, sagte Galant am Donnerstag Medienberichten zufolge auf einem Militärgelände nahe der Grenze zum Gazastreifen. Er sei nun auch dafür verantwortlich, das Militär »zum Sieg in der Schlacht« zu führen. »Wir werden präzise und tödlich sein, und wir werden weitermachen, bis wir den Auftrag erfüllt haben«, sagte Galant.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!