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Tesla in Grünheide: Genehmigung im Turbo-Tempo
Umstrittener Erweiterungsbau der Tesla-Fabrik soll durchgedrückt werden
Gegen eine Teilgenehmigung für die Erweiterung des Tesla-Werkes in Grünheide wurden 1070 Einwände beim Landesamt für Umwelt (LfU) eingereicht. Wer den Zweifeln Gehör verschaffen will, kann am ersten Tag der Herbstferien nicht am Strand liegen, muss aber trotzdem Urlaub nehmen: Das Brandenburger Umweltministerium hat am Montagmorgen in die Stadthalle Erkner geladen, um Bürger*innen zur Erweiterung der »Giga-Factory« anzuhören.
Vor der Halle gibt eine Gruppe von Anwohner*innen des Werkes und Umweltverbänden eine Pressekonferenz. Sie halten Transparente mit Aufschriften wie »Rettet unser Trinkwasser, kauft keinen Tesla!«. Eine Vertreterin der Grünen Liga teilt mit, nicht am Erörterungstermin teilzunehmen. Man wolle nicht den Anschein erwecken, mit dem Verlauf des Genehmigungsverfahrens einverstanden zu sein.
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Seit letztem Jahr rollen im Werk des US-amerikanischen Autoherstellers die Elektro-SUVs »Model Y« vom Band. Aktuell werden 250 000 Autos pro Jahr produziert, genehmigt sind 500 000. Die Kapazitäten sollen auf eine Million erhöht werden, das entspricht gut 2700 Autos am Tag. Dazu wird nun ein weiterer Antrag verhandelt, der die Fabrikfläche etwa verdoppeln soll.
Kritisiert wird von Verbänden neben den Auswirkungen für die Umwelt vor allem der Prozess von Genehmigung und Bau des Großprojekts. In Rekordgeschwindigkeit wurden die Fertigungshallen hochgezogen, bereits vor Erteilung der Baugenehmigung. Die Schaffung von Fakten und die nur stückweise Beantragung der Erweiterung nach der »Salami-Taktik« erschwere eine ganzheitliche Bewertung der Auswirkungen. Denn diese brauche Zeit, man könne »im Winter keine Insekten kartieren«, sagt Nicola Riesberg, Sprecherin der Grünen Liga Brandenburg.
LfU-Sprecher André Zschiegner betont mehrmals, ein großer Fan von Bürgerbeteiligung zu sein. Doch wirkliche Beteiligung bleibt bei diesem Termin weitestgehend aus. Zwar stehen 400 Stühle für Bürger*innen bereit, die ihre im Vorfeld eingereichten Einwände nun auch persönlich vortragen könnten, aber nur gut 20 sind besetzt. Bevor sie die Halle aus Protest verlässt, kritisiert eine Sprecherin des Vereins für Natur und Landschaft, dass der Termin an einem Arbeitstag und zugleich in den Ferien stattfinde. Auch die Antragsdokumente hätten nur während der Sommerferien zur Einsicht bereitgelegen.
Doch auch die vorhandenen Dokumente hätten für eine Einschätzung des Antrages nicht gereicht, sagt die Grüne Liga. Sie rügt in einem Brief die Schwärzung weiter Teile der Antragsdokumente: Teils blieben Gefahrenstoffe unklar, weshalb die Gefahrenlage nicht angemessen beurteilt werden könne. In vergangenen Antragsprozessen seien die Störfallgutachten immer lesbar gewesen, nun seien rund 80 Prozent des Sicherheitsberichtes nicht vorhanden.
Auch würden dem LfU neue Versionen des Antrags vorliegen, die die Öffentlichkeit noch nicht einsehen konnte. Laut Zschiegner stelle das nur ein Problem dar, wenn sich der für die Einwände der Bevölkerung relevante Inhalt ändere. Weil das nicht der Fall sei, wolle er daher das Antragsverfahren nicht verzögern.
Riesberg will dagegen nicht auf dieser Basis in eine Diskussion eintreten und sie damit legitimieren. Zur richtigen Prüfung sei Zeit notwendig: »Mit dem allseits gelobten Turbo-Tempo ist eine gründliche Prüfung der Auswirkungen nicht möglich.« Zwar läge der Großteil der Fabrikerweiterung nicht im Wasserschutzgebiet, wäre allerdings mit der Bestandsanlage verbunden und würde ihre Funktionsweise beeinflussen. Bereits jetzt gab es mehrere Havarien auf dem Gelände, bei denen Schadstoffe aus der Fabrikanlage austraten.
Nicht zuletzt mit einem persönlichen Brief an Tesla-CEO Elon Musk hatte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) versucht, die Produktion nach Brandenburg zu locken. Als Nutzen für die Allgemeinheit bezeichnet er die Tausenden Arbeitsplätze, die mit dem Werk geschaffen werden. Tesla ist mit über 10 000 Beschäftigten schon jetzt Brandenburgs größter industrieller Arbeitgeber.
Doch an der Qualität der Jobs wird gezweifelt: In den ersten eineinhalb Jahren Betrieb wurden dreimal so viele Arbeitsunfälle wie in den Fabriken anderer Hersteller verzeichnet; eine Recherche des »Stern« zeigte, dass alle zwei Tage ein Rettungswagen oder Hubschrauber anrücken musste. Laut IG Metall gebe es Krankenstände von um die 30 Prozent; Beschäftigte klagen über enorme Arbeitsbelastung und Druck vom Management. Tesla zahlt nicht, wie sonst in der Automobilbranche üblich, nach Tarif. Anfang des Monats hatten sich Mitarbeiter erstmals durch das Tragen von Aufklebern offen zu ihrer Gewerkschaft bekannt.
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