Abgründe im Finanzsystem

Dass es klamme staatliche Kassen gibt, ist völlig unnötig, meint Kurt Stenger

Der DGB hätte die Vorstellung seiner Studie zur Tarifflucht gar nicht besser terminieren können: Nur wenige Stunden nachdem die Gewerkschaften auf die fatalen Folgen deregulierter Arbeitsbeziehungen für die staatlichen Kassen hingewiesen hatten, berieten die Chefs von Bundes- und Landesregierungen über das finanzielle Elend in vielen Kommunen. Das geschieht alle paar Monate wieder mit unterschiedlichem Anlass, diesmal wegen der steigenden Ausgaben für die Unterbringung von Geflüchteten, was Städte und Gemeinden alleine nicht stemmen können. Sie sind bekanntlich am härtesten getroffen von der Schieflage in den föderalen Finanzbeziehungen der Republik. Löcher werden jeweils notdürftig gestopft – bis zur nächsten Krise.

Dabei könnte genug Geld in den öffentlichen Kassen vorhanden sein, würde man Vermögende und Unternehmen steuerlich nicht ganz so schonend behandeln. Das ist zwar ein alter Hut, doch aufsetzen mag ihn sich niemand, egal ob in einer CDU- oder einer SPD-geführten Bundesregierung. Der jetzige Finanzminister passt da schon auf, dass die Ampel nicht aus der Reihe tanzt. Und müssten alle Unternehmen Tariflöhne zahlen, wäre nicht nur den Beschäftigten in Niedriglohnbereichen geholfen, sondern auch den Sozialversicherungskassen und dem Fiskus. Ihnen gehen Jahr für Jahr hohe Milliardenbeträge flöten – Summen, die dringend gebraucht werden.

Die aktuell wieder beklagte finanzielle Überforderung der Kommunen ist also alles andere als ein Naturgesetz und nicht den vielen Geflüchteten anzulasten, woraus aber viele Politiker ihren immer lautstärkeren Ruf nach Migrationsbegrenzung ableiten. Die Etatlöcher gewähren vor allem eines: einen tiefen Einblick in Abgründe in den bundesdeutschen Finanzbeziehungen.

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