Klimaplan der FKP: Andere Wirtschaftslogik nötig

Frankreichs Kommunisten legen Konzept für einen sozial orientierten Klimaplan bis 2050 vor

  • Ralf Klingsieck, Paris
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Französische Kommunistische Partei (FKP) hat am Montag in Paris einen umfassenden und fundierten »Klimaplan für Frankreich« vorgestellt, der in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Umweltvereinigungen ausgearbeitet wurde und der die öffentliche Debatte sachkundig beeinflussen soll.

Das »Fußabdruck 2050« genannte, mehr als 100 Seiten starke und an Tabellen und Grafiken reiche Dokument wird in den nächsten Jahren regelmäßig überprüft, aktualisiert und ergänzt, sodass es in zunehmendem Maße als Orientierungs- und Entscheidungshilfe für Politik und Wirtschaft dienen kann.

In seiner die Präsentation des Konzepts einleitenden Rede verwies der FKP-Nationalsekretär Fabien Roussel auf den Krieg in der Ukraine und die blutigen Auseinandersetzungen in Israel und dem Gazastreifen. Er stellte den Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Klimawandel her und betonte, dass »die Menschheit und der Planet gefährdet« seien und dass dies zu eskalieren drohe.

»Wir brauchen einen Waffenstillstand auch für den Planeten, denn die direkten Auswirkungen dieser Kriege, das immer weitere Wettrüsten der Großmächte und die Zerstörung der Natur vernichten Menschenleben und Reichtümer, die für den Kampf gegen die Klimaerwärmung und ihre Begrenzung auf 1,5 Grad unverzichtbar sind«, sagte Roussel. »Frieden, sozialer Fortschritt und die Verteidigung des Planeten sind für uns Kommunisten ein und derselbe Kampf, den wir unbedingt gewinnen müssen

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In dem Dokument wird einleitend festgestellt, dass die Menschheit am Scheideweg angekommen sei, an dem es darum gehe, entweder den Klimawandel hinzunehmen oder gegen ihn anzukämpfen. Der Weltklimarat IPCC warne eindringlich vor den verheerenden Konsequenzen des Klimawandels und stütze sich dabei auf die immense Arbeit unzähliger Wissenschaftler aus aller Welt. Gleichzeitig werde nachgewiesen, dass radikale Kurskorrekturen und Veränderungen die Bewohnbarkeit der Erde bewahren könnten und damit im Interesse aller Menschen seien.

Der Klimaplan für Frankreich »Fußabdruck 2050« ziele auf CO2-Neutralität bis 2050 ab, da dies laut IPCC-Modellierung unerlässlich sei, um die globale Erwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten, und dabei zähle jedes Zehntel Grad.

»Im Mittelpunkt unseres Ansatzes steht die Überzeugung, dass diese große Herausforderung im Kampf gegen den Klimawandel nur durch soziale Gerechtigkeit und internationale Zusammenarbeit bewältigt werden kann«, heißt es in dem Text. Der Klimaplan »Fußabdruck 2050« werde zur sozialen Gerechtigkeit beitragen, indem er das Leben der überwiegenden Mehrheit der Franzosen verbessere und Ungleichheiten reduziere.

Es gehe nicht zuletzt um modernere und umweltverträglichere Arten der Mobilität und des Transports, des Wohnens und Heizens, um den Zugang zu lokalen und qualitativ hochwertigen Produkten sowie eine ausgewogene und gesunde Ernährung.

Doch über die CO2-Neutralität bis 2050 in Frankreich hinaus gelte es zu verhindern, dass von hier Industrien und deren Klimaauflagen in Länder verlagert werden, die oft ärmer sind und über weniger Ressourcen verfügen. Der Plan habe einen globalen Ansatz und stelle Solidarität und internationale Zusammenarbeit in den Mittelpunkt des Kampfes für das Klima.

»Er folgt einer anderen Wirtschaftslogik als die derzeitige Politik, die im Dienste des Raubtierkapitalismus steht«, heißt es weiter. Stattdessen setze das Konzept der FKP auf wissenschaftlich-technischen und industriellen Fortschritt, auf den öffentlichen Dienst, auf sozial gerechte Finanzierungskriterien, auf konzentrierte Anstrengungen für Bildung und Forschung sowie auf die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen.

Der Plan sieht im Zeitraum bis 2050 den kompletten Verzicht auf Erdöl, Kohle und Gas sowie eine massive Re-Industrialisierung mit dem Schwergewicht auf alternative Energieerzeugung und Elektrifizierung des Verkehrs vor, um Frankreich wirtschaftlich unabhängiger zu machen. Elektrischer Strom solle durch einen Mix aus Kernkraft und erneuerbaren Energien produziert werden. Beide Arten sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden, denn sie seien beide unerlässlich und ergänzten einander.

In dieser Hinsicht ist der Plan noch ambitionierter als Präsident Emmanuel Macrons und schlägt vor, die Lebensdauer der vorhandenen Kernkraftwerke bis auf 60 Jahre zu verlängern und 20 moderne EPR2-Druckwasserreaktoren sowie zwölf neuartige SMR-Reaktoren zu bauen. Da diese bestenfalls ab 2035 ans Netz gehen können, während der Energiebedarf weiter steigt, müssten bis dahin ganz massiv die erneuerbaren Energien entwickelt werden.

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