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Simbabwe: Schafft ein, zwei, drei, viele Oasen!
Wie die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in der Trockensavanne von Chimanimani durch nachhaltigen Landbau unabhängig werden
Die Trockensavanne von Chimanimani im Osten Simbabwes ist ein Grasland, in dem vereinzelt Affenbrotbäume, Schirmakazien und Dornensträucher wachsen. Früher verwandelte sich das Land in der Regenzeit regelmäßig in eine üppige Graslandschaft, doch durch den Klimawandel bleiben die Niederschläge häufig aus, das Gras verdorrt. In den vergangenen 15 Jahren haben die Menschen hier so viele Dürrejahre erlebt wie Generationen vor ihnen in ihrem ganzen Leben.
Ein Grund für den ausbleibenden Regen ist die massive Abholzung des Regenwaldes im Nachbarland Mosambik. Große Mengen an Holz werden illegal geschlagen und gelangen etwa nach China. Dort wird das Holz verarbeitet und weltweit verkauft. Durch die Abholzung ist der Wasserkreislauf aus dem Gleichgewicht geraten: Es bilden sich keine Wolken mehr über dem Land, wo ehemals Regenwald wuchs, und sie regnen nicht mehr jenseits der Berge, im Flachland von Chimanimani, ab.
Unsere nd.Soliaktion, die »nd« gemeinsam mit SODI, INKOTA und Weltfriedensdienst durchführt, ermöglicht Menschen, eine lebenswerte Zukunft selbst zu gestalten. In diesem Jahr widmet sich die Solidaritätsaktion Projekten in Mosambik, Namibia und Simbabwe: Mit Beträgen zwischen 50 Euro und 230 Euro unterstützen Sie Menschen, kleinbäuerliche Familien und Gemeinschaften vor Ort, sich weiterzubilden, Arbeitsmaterialien oder Baumsetzlinge zu beschaffen, um so ein nachhaltiges Auskommen zu schaffen sowie Armut entgegenzuwirken. Lesen Sie hier aktuelle Berichte zu den jeweiligen Projekten.
Auch in Simbabwe hatten in den 80er Jahren, nach der Unabhängigkeit, viele Kleinbäuerinnen und -bauern ihre Felder abgeholzt, um sie mit größerem Gerät bearbeiten zu können. So hatten sie es bei kommerziellen Farmern gesehen, und so empfahlen es ihnen auch die Mitarbeiter des Landwirtschaftsministeriums. Das sollte sich als großer Fehler erweisen, denn die Bäume waren für das Ökosystem Trockensavanne essenziell. Mit ihrem Wurzelwerk sorgten sie dafür, dass das Wasser gut einsickern konnte und die kostbare Erde nicht wie jetzt – auch aufgrund der hügeligen Lage – schnell weggeschwemmt wird, wenn es doch einmal regnet.
Vimbikai Chamazhika ist 29 Jahre alt und in Chimanimani aufgewachsen. Viele junge Menschen verlassen die Region, weil sie hier keine Perspektive für sich sehen – außer Obst und Gemüse anzubauen gibt es hier nicht viel zu tun. Auch Vimbikai dachte darüber nach wegzugehen, doch dann kam sie mit der Organisation PORET (Participatory Organic Research Extension and Training) in Kontakt, die kleinbäuerliche Familien und gerade auch junge alleinstehende Frauen seit 17 Jahren unterstützt, zum Beispiel im Lernzentrum für Agrarökologie in Trockenregionen. Hier geht es um die Fragen: Wie können wir mit ständigem Wasserstress leben, wie den Boden erhalten, wie uns an den Klimawandel anpassen?
Auf dem 20 Hektar großen Gelände ist mittlerweile eine Oase entstanden: üppige Waldgärten, mit Gras bedeckte Unterkünfte, Schattenplätze zum Zusammenkommen, ein Teich, zwei Brunnen, ein Kindergarten. PORET ist eine Partnerorganisation des Weltfriedensdienstes und hat sich zum Ziel gesetzt, Menschen zusammenzubringen, damit sie voneinander lernen, wie sie ihre ausgelaugten Felder wieder fruchtbar und widerstandsfähig machen können.
Vimbikai überzeugten die Ideen der nachhaltigen Landwirtschaft: die Wasserernte, der Waldgarten, die lokalen Saatgutbänke. Sie fasste den Entschluss, in der Heimat zu bleiben und aktiv zu werden. Zusammen mit 130 jungen Leuten nahm sie an einem PORET-Workshop teil und lernte zum Beispiel, wie man Wasser »erntet«.
Julious Piti, Gründer und Vorsitzender von PORET, betont das ganzheitliche Prinzip der agrarökologischen Landwirtschaft bzw. der Permakultur: Es respektiert alle Lebewesen als Teil des Ökosystems. PORET müsse vor allem junge Menschen schulen und sie für nachhaltige Landwirtschaft begeistern, damit das Projekt zukunftsfähig wird. Julious Piti ist besonders wichtig, dass alle Mitglieder der Gemeinschaft teilhaben: »Die Kinder in unserem Projektkindergarten lernen schon früh einen nachhaltigen Umgang mit der Natur. Die Frauen werden so bei der Kinderbetreuung unterstützt und können innerhalb der Gemeinschaft eine aktive Rolle einnehmen. Viele unserer Permakultur-Trainer*innen sind Frauen. Es geht darum, dass jeder seinen kleinen Teil zu einem größeren Ganzen beiträgt. Letzten Endes ist Permakultur ein Friedensprojekt.«
Vor etwa fünf Jahren führte PORET das System der »Wasserernte« ein: Insbesondere an Hängen werden Sickergräben ausgehoben, in denen sich das Wasser sammeln kann, statt abzufließen. Zudem werden Erd- und Steinwälle aufgeschüttet und Löcher ausgehoben, um das Wasser zu halten und den Grundwasserspiegel zu heben. So gelingt es, die Pflanzen auch bei Trockenheit mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen. Auf den so gestalteten Feldern werden sehr unterschiedliche Pflanzen angebaut. Wassermelonen ranken sich zwischen Erdnusspflanzen, Gurken, Hirse, Bohnen, Chili, Kräutern und kleinen Baumsetzlingen. Dazwischen blühen bunte Blumen.
Das alles ergibt erst auf den zweiten Blick einen Sinn. So mussten die Mitglieder von PORET auch die Berater des Landwirtschaftsministeriums erst von ihren neuen Anbaumethoden überzeugen. Bei ihrem Besuch zeigten diese sich zunächst entsetzt, wie »unordentlich« die Felder aussahen – das alles widersprach in ihren Augen sämtlichen Erkenntnissen der modernen Landwirtschaft. Doch der Erfolg überzeugte letzten Endes auch sie: Regenwasser kann auf diese Weise tatsächlich gespeichert werden, die Bäume spenden Schatten, die großen Blätter der Melonenpflanzen schützen die kleinen Pflänzchen vor der Sonne und die Blumen locken Insekten an.
Doch nicht nur auf dem Feld, auch bei den eigenen Einnahmequellen zahlt sich Diversität aus: Vimbikai Chamazhika hat neben ihrer Feldarbeit eine Baumschule angelegt und hält Kaninchen und Enten. »Ich habe drei Wünsche für meine Zukunft hier«, sagt Vimbikai. »Ich möchte tiefer in die Fischzucht einsteigen und mich in der Futtermittelproduktion verbessern. Mein nächstes Ziel ist aber erst mal, eine eigene Saatgutbank anzulegen. Die eigenen Pflanzensamen werden uns unabhängig machen. Wir können immer auf sie zurückgreifen, wenn zum Beispiel eine Ernte ausfällt.«
Der Weltfriedensdienst konnte mit seiner Projektförderung bereits mehrmals dazu beitragen, dass sich aus privaten Initiativen größere Projekte entwickeln, die letztendlich das Leben Hunderter Menschen verbessern.
PORET hat eine Trendwende in der landwirtschaftlichen Produktion in Trockenregionen herbeigeführt. Der Weg ist noch weit, aber die Ideen von PORET greifen um sich und animieren immer mehr Kleinbäuerinnen und Kleinbauern dazu, auf nachhaltige Landwirtschaft umzusteigen und somit aus eigener Kraft der Armut zu entkommen. Wir können sie dabei mit Spenden unterstützen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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