UN-Klimakonferenz: Fairness für arme Länder

Fonds für Verluste und Schäden soll größte Lücke in der globalen Klima-Finanzarchitektur schließen

Die Plenarversammlung zur Eröffnung der 28. UN-Klimakonferenz (COP 28) in Dubai konnte am Donnerstag mit einer Überraschung aufwarten: Schneller als erwartet, haben die Länder die Struktur des Fonds für Schäden und Verluste infolge der Klimaerwärmung verabschiedet. Sultan Ahmed Al-Jaber, der Präsident von COP 28, sagte im Anschluss zum stehenden Applaus der Delegierten: »Liebe Kollegen, wir haben heute Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal wurde eine Entscheidung am ersten Tag getroffen.«

Die Schaffung des Fonds war das wichtigste Ergebnis der letztjährigen Klimakonferenz in Ägypten. In der Zwischenzeit arbeitete ein Komitee auf Arbeitsebene einen Vorschlag für die Struktur dieses Fonds aus, der nun von den 198 Mitgliedsländern formell im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention verabschiedet wurde.

Doch damit nicht genug: Im Anschluss an diesen Erfolg baten mehrere Regierungsvertreter ums Wort. Zuerst kam der Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate, und sicherte 100 Millionen US-Dollar für den neuen Fonds zu. Dann versprach – per Videoschalte – die deutsche Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) die gleiche Summe. Es folgten Großbritannien mit weiteren 75 Millionen Dollar, die USA mit 25 Millionen und schließlich Japan mit 10 Millionen Dollar. Die Summen werden im Verlauf der Konferenz sicher noch durch andere Länder aufgestockt werden. Wichtiger noch als der bisherige Betrag ist aber die Symbolik des Beitrags der Emirate. Diese gelten offiziell als »Entwicklungsland« und haben bislang darauf bestanden, nicht zur Bereitstellung von Klimageldern verpflichtet zu sein. Mit ihrer Finanzzusage setzen sie daher andere wohlhabende »Entwicklungsländer« mit hohen Emissionen wie Saudi-Arabien oder China unter Zugzwang, dies ebenfalls zu tun.

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Damit ist der neue Fonds auf gutem Weg, tatsächlich die Arbeit aufzunehmen. Die ersten Schritte sind hier die Bestimmung der Mitglieder des Aufsichtsrates. Danach muss das Sekretariat organisiert werden, das die eigentliche Arbeit macht. In den ersten drei Jahren liegt dieses Gastrecht bei der Weltbank, sodass die schwierige Frage, wo das Sekretariat schließlich seinen Sitz haben soll, die Arbeit nicht verzögert.

Mit dem Fonds soll die wohl größte Lücke in der internationalen Finanzarchitektur für Klimahilfen geschlossen werden. Für die Unterstützung der Länder bei der Reduktion der Emissionen und dem Ausbau der Erneuerbaren gibt es bereits verschiedene bilaterale und multilaterale Initiativen wie den Green Climate Fund. Das Gleiche gilt für die Anpassung an die Klimaerwämung. All diese Strukturen sind noch bei weitem nicht ausreichend finanziert, aber es gibt sie, und sie haben bereits jahrelange Erfahrung.

Für Verluste und Schäden gab es bislang hingegen nichts. Wenn etwa ein kleiner Inselstaat von Orkanen, Dürren oder Überschwemmungen schwer getroffen und verwüstet wird, steht er mit den Kosten weitgehend allein da. Es gibt bestenfalls Mittel für die unmittelbare Nothilfe wie Zelte, Nahrungsmittel und Medikamente. Doch die zerstörten Schulen, Krankenhäuser und sonstigen Infrastrukturen muss das Land aus eigener Kraft wieder aufbauen, was für arme Länder nicht zu stemmen ist. Dabei kann ein einziger Sturm ein Land um Jahrzehnte zurückwerfen. Der Hurrikan »Erika« etwa hatte im Jahr 2015 in Dominica Schäden im Wert von 92 Prozent der Wirtschaftsleistung angerichtet. Noch härter wurde der kleine Inselstaat in der Karibik zwei Jahre später getroffen, als der tropische Wirbelsturm »Maria« dann Schäden von 253 Prozent verursachte. Infrastrukturen, die die 72 000 Einwohner des Kleinstaats über Jahrzehnte aufgebaut hatten, waren nach den beiden Katastrophen einfach weg – und es gab keine Institution mit der Aufgabe, Unterstützung zu leisten.

Dafür soll künftig der neue Fonds bereistehen und damit auch zur Klimagerechtigkeit beitragen. Denn Länder wie Dominica haben kaum zur Klimakrise beigetragen – der Inselstaat stieß im vergangenen Jahr pro Einwohner 0,94 Tonnen CO2 aus, was weniger als einem Viertel des weltweiten Durchschnitts und nicht einmal einem Achtel der deutschen Emissionen entsprach –, aber sie erleiden die größten Verluste. Dass Länder mit deutlich mehr Emissionen und deutlich größerer Wirtschaftsleistung für Länder wie Dominica einspringen müssen, ist daher offensichtlich auch eine Frage der Fairness.

Lange genug hat es gedauert: Bereits 1991 hatte die Allianz kleiner Inselstaaten während den Verhandlungen zur UN-Klimarahmenkonvention gefordert, Verluste und Schäden zu berücksichtigen. Im 2007 auf der UN-Klimakonferenz auf Bali beschlossenen Fahrplan wurde erstmals formal verankert, dass Mittel für Verluste und Schäden in besonders verwundbaren Entwicklungsländern bereitgestellt werden sollen. Zum Ärger der G77-Gruppe stellten sich die Industrieländer lange Zeit quer, da sie unfinanzierbare Forderungen befürchteten und darauf drängten, dass zumindest große Schwellenländer hier ebenfalls einzahlen müssen. Bisher war lediglich ein insbesondere von Deutschland im Rahmen der G7-Gruppe vorangetriebener »globaler Schutzschirm gegen Klimarisiken«, eine Art Versicherung für Schäden durch Extremwetter-Ereignisse, ins Leben gerufen worden. Dieser wurde zwar als Übergangsmaßnahme begrüßt, doch langfristig ist er, wie kürzlich die UN-Organisation für Handel und Entwicklung feststellte, keine Lösung, da die Beiträge für die Policen mit fortschreitendem Klimawandel massiv steigen werden.

Auch der Start des Fonds für Schäden und Verluste ist nur ein, wenn auch wichtiger, Zwischenschritt. Die fehlende rechtliche Verbindlichkeit von Einzahlungen – die Industrieländer lehnen eine Haftung nach wie vor ab – und die anfängliche Ansiedlung bei der Weltbank kommen im globalen Süden nicht gerade gut an. Außerdem werden die bisher genannten Summen nicht annähernd ausreichen: Eine Oxfam-Studie schätzt, dass im Jahr 2030 die Entwicklungsländer Verluste und Schäden im Wert von 290 bis 580 Milliarden Dollar erleiden werden. Für einen Teil der Kosten werden betroffene Staaten wie etwa China selbst aufkommen können. Doch ein erheblicher Teil wird auf Länder wie Dominica entfallen – und dafür wird der neue Fonds noch viel Geld brauchen, wenn er wirklich einen Unterschied machen soll.

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