Lösung des Haushaltsstreits: Militär bleibt Primus

Koalitionsspitzen einigen sich bei Haushalt 2024: Ampel wird weniger investieren und CO2-Preis anheben. Ukraine-Hilfen fließen uneingeschränkt

Am frühen Mittwochmorgen kamen die ersten Eilmeldungen: Die Spitzen der Ampel-Koalition haben eine Einigung über den Bundeshaushalt 2024 erzielt. Wegen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts gab es dafür seit Mitte November eine Finanzierungslücke in Höhe von rund 17 Milliarden Euro. Über die Wege zu deren Schließung bestand Uneinigkeit zwischen den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP.

Kürzen will die Koalition nun bei klimaschädlichen Subventionen. Welche genau das sein werden, war am Mittwoch noch unklar. Ausgaben einzelner Ressorts sollen reduziert und Bundeszuschüsse verringert werden, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittag auf einer Pressekonferenz. Eine Ausnahme von der Schuldenbremse in Artikel 115 des Grundgesetzes prüft die Regierung nur für die weiteren Zahlungen für die von der Flutkatastrophe im Ahrtal im Jahr 2021 betroffenen Menschen. Man werde auf die Union als größte Oppositionsfraktion zugehen und um deren Unterstützung für diesen Schritt werben, sagte Scholz. Artikel 115 sehe ausdrücklich vor, dass die Kreditobergrenzen zur Bewältigung von Naturkatastrophen angehoben werden könnten. Bei der Ahrtal-Hilfe gehe es für das nächste Jahr um einen Betrag von 2,7 Milliarden Euro.

Der Kanzler bekräftigte die zentralen Ziele der Koalition: »Wir treiben den klimaneutralen Umbau unseres Landes kraftvoll voran. Wir stärken den sozialen Zusammenhalt. Und wir stehen eng an der Seite der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland.« Nun müsse man aber »mit deutlich weniger Geld auskommen«, um sie zu erreichen.

Über Art und Umfang der Kürzungen hatten Scholz sowie Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) tagelang verhandelt. Nach dem Urteil aus Karlsruhe fehlen 60 Milliarden Euro im sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF), die für die nächsten Jahre schon eingeplant waren – allein 2024 rund 13 Milliarden Euro.

Die Ampel will nun unter anderem den CO2-Preis beim Tanken und Heizen mit fossilen Energien anheben. Es werde auf den alten Preispfad der großen Koalition zurückgekehrt, sagte Habeck. Gestrichen werden soll zudem ein eigentlich geplanter milliardenschwerer Zuschuss zu Entgelten für das Stromnetz, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen erfuhr. Der Abbau klimaschädlicher Subventionen soll nach Angaben von Lindner einen Umfang von drei Milliarden Euro haben.

Bis 2027 sollen Klimaschutz- und Transformationsprojekte im Volumen von 45 Milliarden Euro gekürzt werden. Der KTF bleibe gleichwohl das zentrale Instrument des Bundes für den klimaneutralen Umbau des Landes, sagte Scholz. Der Fonds habe noch immer ein Gesamtvolumen von 160 Milliarden Euro. Allein 2024 würden die Ausgaben aber um zwölf Milliarden Euro verringert.

Lindner betonte, es werde »keine Reduzierung von sozialen Standards geben«. Dennoch erreiche man durch mehr »Treffsicherheit« bei Sozialleistungen eine Einsparung von 1,5 Milliarden Euro. Als ein Beispiel nannte der FDP-Chef den Arbeitsmarkt. So sollten ukrainische Geflüchtete besser vermittelt werden. Laut Habeck soll auch die Förderung für den Kauf von Elektroautos bereits im kommenden Jahr statt wie geplant 2025 auslaufen. Darüber hinaus werde es Kürzungen in der Solarindustrie geben.

Der Ukraine sichert die Ampel umfassende weitere Hilfen zu. Diese Unterstützung werde aus dem Regelhaushalt gestemmt, »so wie wir es geplant haben und vor allem so lange wie nötig«, sagte Scholz. Dazu zählten acht Milliarden Euro für Waffenlieferungen, Finanzhilfen für den ukrainischen Haushalt und über sechs Milliarden zur Unterstützung ukrainischer Geflüchteter in Deutschland. Um auf mögliche neue Zuspitzungen im Ukraine-Krieg reagieren zu können, sei vereinbart worden, dem Bundestag in diesem Fall einen sogenannten Überschreitensbeschluss vorzuschlagen, sagte Scholz. Dann soll auch hier also eine Ausnahme von der Schuldenbremse beschlossen werden können.

Eigentlich wollte die Regierung den Etat 2024 vor Jahresende beschließen. Schon in der vergangenen Woche war aber klar, dass das nicht mehr gelingen wird. Nun könnte zumindest der Haushaltsausschuss des Bundestags seine Beratungen vor Weihnachten abschließen. Im Januar könnte der Bundestag dann zur Haushaltswoche zusammenkommen und den Etat beschließen. So lange würde eine vorläufige Haushaltsführung gelten. Dann sind vorerst nur Ausgaben möglich, die nötig sind, um die Verwaltung aufrechtzuerhalten und rechtliche Verpflichtungen zu erfüllen. Das Finanzministerium kann den Ministerien jedoch erlauben, pro Monat einen Prozentsatz der Mittel des noch nicht verabschiedeten Haushalts zu nutzen.

Die Ko-Vorsitzende der Linken, Janine Wissler, kritisierte, die Ampel weigere sich, »die Reichen stärker zur Kasse zu bitten, und kürzt lieber bei denen, die ohnehin wenig haben«. Sie warnte davor, den CO2-Preis anzuheben, ohne für die im Koalitionsvertrag versprochene Entlastung durch ein Klimageld zu sorgen. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, monierte insbesondere die fortbestehende Planungsunsicherheit. »Das Mindeste, was wir erwartet hätten, wäre eine sofortige Aufhebung der aktuellen Haushaltssperre für die sozialen Dienste gewesen«, sagte er. Unklarheit herrsche weiter bezüglich der Finanzierung der Freiwilligendienste und der Migrationssozialarbeit. Mit Agenturen

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