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Austritte bei der Linken in Nordrhein-Westfalen
Carolin Butterwegge, Ex-NRW-Spitzenkandidatin der Linkspartei, erklärt mit anderen ihren Austritt
Seit Sahra Wagenknecht am 23. Oktober verkündete, dass sie im Januar eine neue Partei gründen werde, gibt es im Wochentakt Parteiaustrittserklärungen mehr oder weniger prominenter bisheriger Mitglieder der Linken. Die jüngste kommt von Carolin Butterwegge und vier weiteren nun ehemaligen Mitgliedern aus Nordrhein-Westfalen. Ob die Fünf sich in Kürze der Wagenknecht-Partei anschließen werden, lassen sie in dem Schreiben offen. Butterwegge veröffentlichte es am 30. Dezember auf ihrer Facebook-Seite.
Die 49-Jährige war immerhin Spitzenkandidatin der NRW-Linken zur Landtagswahl im Mai 2022 und von 2010 bis 2012 Landtagsabgeordnete. Bis zum Montagnachittag war sie für »nd« nicht für ein Statement zu erreichen. Bei der NRW-Wahl vor eineinhalb Jahren hatte Die Linke drastisch an Zustimmung verloren: Sie stürzte von 4,9 auf 2,1 Prozent ab. Im vergangenen Mai hatte Butterwegge an einer Konferenz der »innerlinken Opposition« in Hannover teilgenommen, auf der zahlreiche Teilnehmer Sahra Wagenknecht zur Gründung einer neuen Partei drängten.
Neben der Ex-Spitzenkandidatin haben die Erklärung Susanne Herhaus, bislang Vorsitzende der Linksfraktion im Rat der Stadt in Wuppertal, Hans-Peter Schulz, Fotis Matentzoglou, ehemaliges Mitglied des NRW-Landesvorstands, und Henning Lenz unterzeichnet. Zur Begründung des Austritts heißt es darin, Die Linke sei nicht mehr »die Partei, in die wir einmal eingetreten sind«. Weiter heißt es in dem Schreiben: »Die Lebens- und Erfahrungswelt der arbeitenden Menschen wird von der Linken immer weniger authentisch angesprochen.« Stattdessen erfolge »eine Orientierung auf grün-akademische Großstadtschichten und identitätspolitische Themen, im Zuge derer vormals linke Kernpositionen – etwa zur sozialen Frage oder friedenspolitischen Positionen – vernachlässigt oder geschliffen werden«.
Die Unterzeichnenden räumen ein, dass Die Linke »politisch richtige Forderungen im sozialen Bereich« erhebt. Diese würden aber »nicht aus dem Blickwinkel und der Sprache der Betroffenen formuliert«, kritisieren sie. Die Anliegen »einer breiten Mehrheit der Menschen in unserem Land« seien zu häufig »vernachlässigt und Zielen wie einer konsequenten Politik für Klimagerechtigkeit untergeordnet« worden.
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Weiter schreiben die fünf Ex-Linken, eine konsequent antimilitaristische Position sei »Teil des Gründungskonsenses der Partei« gewesen. Nun aber werde die Friedensbewegung von Bundes- und Landesvorständen der Linken nur zögerlich unterstützt, es fehle »ein entschlossenes Handeln gegen die Remilitarisierungspolitik der Bundesregierung«.
Einige Linke-Mitglieder übten auf Facebook sachliche Kritik an der Entscheidung Butterwegges. So zeigt sich eine junge Altenpflegerin aus Bochum enttäuscht. »Arbeiter*innen wie ich tragen leider die Konsequenzen«, schreibt sie mit Blick auf die Parteineugründung durch Wagenknecht und Vertraute. Dadurch verschwinde »womöglich die letzte Partei, die sich noch für die kleinen Leute eingesetzt hat«.
Bedauern und bleibende Verbundenheit mit Butterwegge äußerten dort die Europaabgeordnete Özlem Demirel und Ulrike Eifler, Bundessprecherin der Linke-Arbeitsgemeinschaft Betrieb und Gewerkschaft und ehemaliges Mitglied des Bundesvorstands. Beide betonten jedoch, dass sie aus der Kritik, die auch sie an der Linken haben, andere Schlussfolgerungen ziehen.
Eifler erläuterte gemeinsam mit Nils Böhlke, ebenfalls im Sprecherrat der AG Betrieb und Gewerkschaft, in einem am 30. Dezember veröffentlichten Beitrag für die Wochenzeitung »Der Freitag«, warum die Wagenknecht-Partei »keine Alternative für Gewerkschafter*innen sein kann«.
In dem Text monieren die beiden, dass sich Wagenknecht schon in einem ihrer ersten Interviews nach der Gründung des BSW für Sanktionen gegen junge Erwerbslose ausspricht, die angebotene Qualifikationsmaßnahmen nicht annehmen. Das sei eine »deutliche Abkehr von den Positionen der Linken gegenüber dem Hartz-Regime und damit gegenüber der Agenda-Politik« der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Wagenknecht trage dazu bei, dass »die Älteren gegen die Jüngeren und Arbeitende gegen Menschen ohne Arbeit in Stellung gebracht werden«. Das schwäche »die Abwehrkräfte der gesamten Klasse«.
Weiter monieren Eifler und Böhlke ein »Wegwischen des Klassengegensatzes« durch das BSW bei dessen Positionierung für mittelständische Unternehmen. Gerade dort müssten Beschäftigtenvertretungen oft mühsam erkämpft werden. Auch die Positionen des BSW zur Asylpolitik kritisiert das Duo: »Wer dazu beiträgt, dass ein Klima entsteht, in dem es legitim und gesellschaftlich anerkannt ist, den Unmut nicht nach oben, sondern nach unten zu richten, der stärkt den Aufstieg rechter, reaktionärer Kräfte.« In einem solchen Klima fühlten sich Kräfte wohl, »die der Todfeind der Gewerkschaftsbewegung« seien.
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