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Wahlwiederholung in Berlin: Der Plakatwald kehrt zurück
Turbowahlkampf zur Wahlwiederholung fordert Parteien heraus
So langsam gewöhnen sich wohl viele Einwohner Pankows an den Anblick von Wahlplakaten – bereits zum dritten Mal innerhalb von zwei Jahren werden die Bürger in dem Bezirk im Berliner Nordosten zur Wahlurne gerufen, der Klima-Volksentscheid ist dabei noch nicht einberechnet. Der Bezirk ist am stärksten von der vom Bundesverfassungsgericht angeordneten Teilwiederholung der Bundestagswahl betroffen. In 85 Prozent der Wahllokale muss hier neu abgestimmt werden. In Charlottenburg-Wilmersdorf ist etwa die Hälfte der Wahllokale betroffen. In anderen Bezirken muss die Wahl nur in vereinzelten Wahllokalen wiederholt werden, insgesamt ist etwa ein Fünftel der Wahlbezirke betroffen.
Für die Wahlwiederholung am 11. Februar darf seit Jahresbeginn plakatiert werden. Überraschungen bei der Wahl der Motive bleiben dabei größtenteils aus: Die Grünen orientieren sich an der Motivgestaltung, die sie bereits bei der Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl verwendet hatten. Eher zaghaft berufen sie sich unter dem Leitspruch »Gemeinsam ist’s möglich« auf Erfolge der Ampel-Regierung. »Familien gestärkt, Kinder geschützt«, steht auf einem Plakat, das offenbar auf die im vergangenen Jahr beschlossene Kindergrundsicherung anspielt. Unkonkreter bleibt es bei der SPD: »Demokratie verteidigen, Armut bekämpfen, Wohlstand sichern«, fordern die Sozialdemokraten auf ihrem zentralen Motiv.
Auf Attacke setzt dagegen die im Bund oppositionelle CDU: »Deine Chance: Zeig der Ampel das Stopp-Zeichen«, heißt es auf einem schlichten Textplakat, das laut Landesgeschäftsführer Dirk Reitze das Hauptmotiv der Kampagne ist. Es dürfte aber bei einem symbolischen Stopp-Zeichen bleiben, denn relevante Verschiebungen bei den Machtverhältnissen im Bundestag durch die Wahlwiederholung in Berlin sind rechnerisch ausgeschlossen. Mit konkreten Themen wolle man auf den Plakaten nicht werben, erklärt Reitze, darauf konzentriere man sich in Broschüren und Flyern.
Zumindest optisch kann die Linkspartei den Wählern Neues bieten: Seit dem Bundesparteitag im November verwenden die Sozialisten ein neues Logo, das nun auch die Plakate zur Wahlwiederholung ziert. Auch die Linke setzt auf die Macht des Wortes und plakatiert textlastige Motive. Die Botschaften muten dabei eher kryptisch an: »Gutes Klima nicht nur für Reiche?«, fragt ein Motiv den Wähler, ohne eine Antwort zu geben. »Dringender Termin: Privat oder Kasse?«, heißt es auf einem anderen, das ohne weitere Erläuterung wohl nur schwer verständlich ist.
Dass die Plakate der Parteien mehrheitlich Kreativität vermisssen lassen, dürfte wohl auch an der kurzen Frist liegen, mit der der Wahlkampf organisiert werden muss. Gerade einmal zwei Wochen sind vergangen, seit das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung über die Wahlwiederholung verkündete. »Am Tag der Urteilsverkündung haben wir um 14 Uhr die ersten Bestellungen für Plakate verschickt«, sagt SPD-Landesgeschäftsführer Sven Heinemann. »Wir mussten schnell viele Entscheidungen treffen.«
Vor allem für den ehrenamtlichen Teil der Parteiapparate dürfte der Wahlkampf eine Belastung darstellen – immerhin geht es um die dritte Wahl in zwei Jahren. Dazu kommt, dass im Frühsommer schon der Wahlkampf für die Europawahl ansteht. »Klar haben wir auch Wahlkampffetischisten in unseren Reihen, aber die Mehrheit würde sich ein Jahr ohne Wahlkampf wünschen«, sagt Heinemann. Positiveres weiß Linke-Landesgeschäftsführer Sebastian Koch zu berichten: »Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Partei sehr schnell für Wahlkämpfe mobilisieren lässt.«
Auch die Witterungsbedingungen dürften eine Schwierigkeit darstellen. »Im Sommer macht Wahlkampf mehr Spaß«, heißt es aus Grünen-Parteikreisen. Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt und Nieselregen benötige es ein besonderes Maß an Motivation, um stundenlang an Infoständen Stellung zu halten. Auch die Aufnahmebereitschaft der Wähler dürfte durch die Temperaturen gesenkt werden. »Wenn man friert, bleibt man nicht am Wahlkampfstand stehen und unterhält sich«, berichtet Linke-Geschäftsführer Koch. Die Grünen wollen daher vermehrt auf Haustürwahlkampf und eine Online-Kampagne setzen. Größere Kundgebungen planen die Parteien nicht, stattdessen wollen Linke und SPD kleinere Veranstaltungen in Innenräumen organisieren.
Wenig zuträglich für die Mobilisierung dürfte auch der Wahltermin sein: Der 11. Februar ist der letzte Tag der Schulwinterferien, viele Eltern werden erst an diesem Tag aus dem Urlaub nach Berlin zurückkehren. Landeswahlleiter Stephan Bröchler gibt daher ein bescheidenes Ziel vor: 60 Prozent Wahlbeteiligung wünsche er sich, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das sei akzeptabel. »Wenn wir eine niedrige Wahlbeteiligung bekommen, dann schadet das unserer Demokratie«, so Bröchler.
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