- Politik
- Gaza-Krieg
Von Israel getötete Journalisten nicht mit »Terroristen« im Auto
Israelisches Militär korrigiert Version zu jüngstem Angriff auf Medienleute
Zwei am Sonntag von Israels Militär getötete Journalisten haben nicht wie zuvor behauptet mit Angehörigen der Hamas im Auto gesessen. Dies hatte die Armee zunächst als Grund für den Angriff auf das Fahrzeug in der Grenzstadt Rafah angegeben. Nach dieser Darstellung habe ein Mitfahrer eine Drohne gesteuert, dabei habe es sich um einen »Terroristen« gehandelt.
Auf Nachfrage des US-Senders NBC räumt ein Militärsprecher ein: In dem Fahrzeug saßen Presseleute, die zuvor mit einer Kameradrohne Zerstörungen im Norden Gazas dokumentiert hatten. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sie sich auf dem Rückweg nach Rafah im Süden des Gazastreifens, die Drohne war dabei nicht mehr im Einsatz.
Bei den Getöteten handelt es sich um die Palästinenser Mustafa Thuraya und Hamza al-Dadouh. Thuraya arbeitete unter anderem für die französische Presseagentur AFP. Der 27-jährige al-Dahdouh war der Sohn des bekannten Al Jazeera-Journalisten Wael al-Dahdouh, der auch das Gaza-Büro des Senders leitet. Er ist in der Region zum Symbol des aufrechten Journalismus geworden, nachdem er in den ersten Kriegswochen seine Frau, zwei weitere Kinder und einen Enkel bei einem israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Nuseirat im Zentrum von Gaza verlor. Diese Todesnachricht erhielt er während einer Live-Übertragung. Bei einem weiteren Luftschlag wurde er Anfang Dezember bei einem Drohnenangriff selbst verletzt, sein Kameramann getötet.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
In einer Erklärung hat Al Jazeera den Angriff auf die Journalisten am Sonntag als »Mord« bezeichnet. Der US-Außenminister Antony Blinken sprach dazu am Sonntag von einer »unvorstellbaren Tragödie«.
Das US-amerikanische Committee to Protect Journalists (CPJ) zählte am Dienstag insgesamt 79 im Dienst getötete Journalisten und Medienarbeiter, darunter 72 Palästinenser, vier Israelis und drei Libanesen. Laut dem CPJ wurden außerdem 16 Journalisten als verletzt gemeldet, drei gelten als vermisst, 21 wurden von israelischen Truppen verhaftet.
Reporter ohne Grenzen hat den Angriff auf Thuraya und al-Dahdouh scharf verurteilt. Israel müsse für die »Ausrottung des Journalismus in Gaza« zur Verantwortung gezogen werden, schrieb Christophe Deloire, der Generalsekretär der französischen Nichtregierungsorganisation, auf X. Auch das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen erklärte sich am Montag »sehr besorgt« über die hohe Zahl der Todesopfer palästinensischer Medienschaffender seit Beginn des Gaza-Krieges.
Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) sind indes auffällig still zu den im Gaza-Krieg getöteten Kollegen. Zuletzt hatte zwar die dju am 1. Januar auf der Plattform X über »furchtbare Zahlen« toter Medienleute geschrieben, jedoch nicht benannt, warum diese »gestorben« sind. Der DJV fordert von Israel, ausländischen Korrespondenten den Zugang zum Gazastreifen zu ermöglichen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.