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Gewerkschaften in Berlin: Optimismus der Schlusslichter
Der DGB Berlin-Brandenburg will im kommenden Jahr an die Erfolge von 2023 anknüpfen
Durch die Bank zufrieden präsentieren sich zu Jahresbeginn die regionalen Vertreter*innen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Berlin-Brandenburg und seiner Mitgliedsgewerkschaften. Das liege an den »teils historischen Tarifabschlüssen« und den »vielen Neueintritten«, sagt die DGB-Bezirksvorsitzende Katja Karger am Freitag auf der eigens ausgerichteten Jahresauftakt-Pressekonferenz.
Für das Jahr 2024 nennt Karger drei Kernthemen: »den Schutz der Demokratie, die Wahlen in Brandenburg und Europa sowie die Tarifbindung«. Alle drei Punkte hingen miteinander zusammen. »Wir Gewerkschaften sind mit gemeint, wenn Neofaschisten den Zusammenhalt der Gesellschaft bedrohen.« Alle Kumpel, alle Kolleg*innen seien für den DGB gleich, egal welcher Herkunft. Sie sei froh über die allernorts stattfindenden Demonstrationen. »Wir werden die Demokratie schützen und verteidigen – bis zum Letzten«, erklärt Karger die Teilnahme des DGB an den Mobilisierungen.
Tom Erdmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) weist auf die Verbindung von Demokratie und Tarifbindung hin. 80 Prozent der Kitaplätze würden von freien Trägern gestellt, in den wenigsten gebe es einen Betriebsrat, bei noch wenigeren gelte ein Tarifvertrag. Aber wenn Menschen in der Arbeitswelt selbst Demokratie erfahren würden, würden sie das auch an die Kinder weitergeben.
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Berlin und Brandenburg sind die Bundesländer mit der niedrigsten Tarifbindung. 2022 arbeiteten in Berlin 51 Prozent der Arbeitnehmer*innen unter einem Tarifvertrag, in Brandenburg 55 Prozent. Dem DGB spiele in die Karten, sagt Karger, dass im Oktober 2024 die Umsetzungsfrist der EU-Mindestlohnrichtlinie ablaufe. In allen Mitgliedsstaaten muss dann eine Tarifbindung von 80 Prozent erreicht werden, sonst muss die Politik Maßnahmen ergreifen. Hierfür habe der DGB einen Aktionsplan erarbeitet, den man in die anstehenden Wahlkämpfe einbringe. Auch Andrea Kühnemann von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi verweist auf die politische Verantwortung und darauf, dass in Tochtergesellschaften von Berliner Landesunternehmen nicht unter Tarifbedingungen gearbeitet werde, etwa an der Charité. Ein entscheidender Faktor sei zudem, die Zukunft der vielen Beschäftigten von KaDeWe und Karstadt zu sichern, die momentan unter einen Tarifvertrag fallen.
Den Mitgliederzuwachs in 2023 führt Karger auf die zurückliegenden Tarifauseinandersetzungen zurück und darauf, dass der DGB sich in die Konflikte begeben habe, um seine Mitglieder abzusichern. Uwe Ledwig von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) sagt, dass in seiner Branche kaum mehr als der Mindestlohn verdient werde – und das bei einer geringen Quote von Vollzeitarbeit. Sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen sei daher existenziell, besonders vor dem Hintergrund der geringen Mindestlohnerhöhungen.
Gewerkschaftsarbeit finde heute stärker »auf den Hallenböden« und weniger in den Büros statt, ergänzt Christoph Hahn von der IG Metall und meint damit die gewachse Beteiligungsorientierung der Gewerkschaften. Stephanie Albrecht-Suliak von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie hebt hervor, dass ihre Gewerkschaft bestimmte Tarifvereinbarungen nur für Gewerkschaftsmitglieder abschließe. Das erhöhe die Mitgliederbindung. Stephan Weh von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) meint: »Vor allem junge Leute kommen zur Gewerkschaft.« Denen sei Orientierung wichtig.
Weniger konkret fallen die Antworten auf die Frage aus, was die Gewerkschaften dagegen tun wollen, dass unter den Mitgliedern der AfD-Wähler*innenanteil größer ist als im Rest der Bevölkerung. Man wolle klare Kante zeigen, mit Investitionen in die Bildung von Haupt-und Ehrenamtlichen die Sprachlosigkeit überwinden, sagt Verdi-Landesleiterin Kühnemann. Andererseits, so Stephan Weh von der GdP, wolle man mit Mitgliedern, die man nach rechts verloren habe, im Dialog bleiben. Albrecht-Suliak gesteht: »Auch wenn die AfD unser politischer Gegner ist, die Wählerschaft besteht vor allem aus männlichen Facharbeitern, und die bilden nun mal die Mehrheit in den Gewerkschaften.« Gewerkschaften seien als die einzigen wachsenden Organisationen Mittler zwischen Betrieben und gesellschaftspolitischen Themen.
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