- Politik
- Ukraine
Selenskyj entlässt Armeechef Saluschnyj
Nach monatelangem Streit muss der urkrainische General Walerij Saluschnyj die Armeeführung abgeben
Wolodymyr Selenskyj hat seinen Armeechef Walerij Saluschnyj entlassen, das teilte der ukrainische Präsident am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache mit. Zum Nachfolger ernannte er Generaloberst Olexander Syrskyj.
»Heute tritt eine neues Leitungssteam die Führung der ukrainischen Streitkräfte an. Ich möchte, dass die Vorstellung vom Krieg bei unseren Solaten in Robotino oder Awdijiwka dieselbe wie im Führungsstab ist,« sagte Selenskyj in seiner Ansprache.
Selenskyj und Saluschnyj seit Monaten im Streit
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Absetzung Saluschnyjs als Oberbefehlshaber war seit Wochen erwartet worden. Mehrfach hatte sich der General in englischsprachigen Medien unzufrieden mit der Taktik geäußert. Erst vor wenigen Tagen forderte Saluschnyj in einer CNN-Kolumne eine modernere Kriegsführung und damit den kompletten Umbau der Ausrichtung seiner Armee und die Abkehr von veralteten stereotypen Denkmustern. Zugleich sprach er innerurkrainische Probleme an.
Das Verhältnis zwischen Präsident und Armeechef ist seit Langem angespannt. Bereits im Dezember war deshalb über eine Absetzung spekuliert worden. Selenskyj soll unter anderem ein Problem mit der Popularität Saluschnyjs im Land haben. Während die Zustimmungswerte des Präsidenten sanken, führte der General entsprechende Umfragen stets an. Vielen Menschen in der Ukraine gilt Saluschnyj als vertrauenswürdiger, da sie den täglichen Videobotschaften Selenskyjs kaum noch vertrauen. Saluschnyj waren zudem immer wieder politische Ambitionen nachgesagt worden, die er jedoch stets verneinte. Zuletzt kam es wegen des neuen Mobilisierungsgesetzes zu neuen Spannungen zwischen Staats- und Armeechef.
Gescheiterte Gegenoffensive Grund für die Absetzung
Saluschnyj war seit 2021 Oberkommandierender der ukrainischen Armee. Ihm gelang es, die russische Invasion im Frühjahr 2022 aufzuhalten und die Besatzer zurückzudrängen. Der 50-jährige Saluschnyj war auch der Architekt der ukrainischen Sommeroffensive 2023, die aber gegen stark befestigte russische Verteidigungsanlagen kaum vorankam.
Die gescheiterte Offensive ist einer der Gründe für die jetzige Demission. »Wir müssen ehrlich sagen: Das Gefühl der Stagnation im Süden und die Kämpfe im Donbass haben sich auf die gesellschaftliche Stimmung ausgewirkt. Die Ukrainer reden seltener vom Sieg«, sagte Selenskyj am Donnerstag.
Präsidentenberater Mychailo Podoljak sprach davon, dass man die Taktik ändern und gegen die Stagnation ankämpfen müsse. Vom neuen Oberbefehlshaber Syrskij erwartet Selenskyj einen »realistischen, detallierten Plan« für 2024 und den Aufbau neuer Drohneneinheiten. Syrskyj will in den kommenden Tagen den neuen Armeestab vorstellen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.