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Selenskyj entlässt Armeechef Saluschnyj
Nach monatelangem Streit muss der urkrainische General Walerij Saluschnyj die Armeeführung abgeben
Wolodymyr Selenskyj hat seinen Armeechef Walerij Saluschnyj entlassen, das teilte der ukrainische Präsident am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache mit. Zum Nachfolger ernannte er Generaloberst Olexander Syrskyj.
»Heute tritt eine neues Leitungssteam die Führung der ukrainischen Streitkräfte an. Ich möchte, dass die Vorstellung vom Krieg bei unseren Solaten in Robotino oder Awdijiwka dieselbe wie im Führungsstab ist,« sagte Selenskyj in seiner Ansprache.
Selenskyj und Saluschnyj seit Monaten im Streit
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Die Absetzung Saluschnyjs als Oberbefehlshaber war seit Wochen erwartet worden. Mehrfach hatte sich der General in englischsprachigen Medien unzufrieden mit der Taktik geäußert. Erst vor wenigen Tagen forderte Saluschnyj in einer CNN-Kolumne eine modernere Kriegsführung und damit den kompletten Umbau der Ausrichtung seiner Armee und die Abkehr von veralteten stereotypen Denkmustern. Zugleich sprach er innerurkrainische Probleme an.
Das Verhältnis zwischen Präsident und Armeechef ist seit Langem angespannt. Bereits im Dezember war deshalb über eine Absetzung spekuliert worden. Selenskyj soll unter anderem ein Problem mit der Popularität Saluschnyjs im Land haben. Während die Zustimmungswerte des Präsidenten sanken, führte der General entsprechende Umfragen stets an. Vielen Menschen in der Ukraine gilt Saluschnyj als vertrauenswürdiger, da sie den täglichen Videobotschaften Selenskyjs kaum noch vertrauen. Saluschnyj waren zudem immer wieder politische Ambitionen nachgesagt worden, die er jedoch stets verneinte. Zuletzt kam es wegen des neuen Mobilisierungsgesetzes zu neuen Spannungen zwischen Staats- und Armeechef.
Gescheiterte Gegenoffensive Grund für die Absetzung
Saluschnyj war seit 2021 Oberkommandierender der ukrainischen Armee. Ihm gelang es, die russische Invasion im Frühjahr 2022 aufzuhalten und die Besatzer zurückzudrängen. Der 50-jährige Saluschnyj war auch der Architekt der ukrainischen Sommeroffensive 2023, die aber gegen stark befestigte russische Verteidigungsanlagen kaum vorankam.
Die gescheiterte Offensive ist einer der Gründe für die jetzige Demission. »Wir müssen ehrlich sagen: Das Gefühl der Stagnation im Süden und die Kämpfe im Donbass haben sich auf die gesellschaftliche Stimmung ausgewirkt. Die Ukrainer reden seltener vom Sieg«, sagte Selenskyj am Donnerstag.
Präsidentenberater Mychailo Podoljak sprach davon, dass man die Taktik ändern und gegen die Stagnation ankämpfen müsse. Vom neuen Oberbefehlshaber Syrskij erwartet Selenskyj einen »realistischen, detallierten Plan« für 2024 und den Aufbau neuer Drohneneinheiten. Syrskyj will in den kommenden Tagen den neuen Armeestab vorstellen.
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