Portugal: Sozialisten gehen in die Opposition

Portugals kommender Ministerpräsident schließt Koalition mit erstarkter rechtsextremer Chega weiter aus

Die politischen Kräfteverhältnisse am Tejo haben sich mit der vorgezogenen Parlamentswahl an diesem Sonntag kräftig verschoben. Die mittlerweile seit acht Jahren und seit der Wahl vor zwei Jahren allein regierenden Sozialisten (PS) haben ihre Mehrheit im Parlament verloren. Partido Socialista büßte in der 230 Sitze zählenden Assembleia da República 43 von bisher 120 Mandaten ein. Für den Block aus PS und den Parteien links von ihr wurde es das schlechteste Abschneiden seit der Rückkehr des Landes zur Demokratie vor 50 Jahren.

In Summe sind die kleineren Linksparteien mit 14 statt 13 Sitzen so schwach vertreten wie zuletzt. Das von den Kommunisten (PCP) geführte Bündnis CDU verlor zwei Mandate und hat mit vier Sitzen nun genauso viele wie Livre. Die junge Partei, eine grüne Abspaltung vom Linksblock BE, steigerte sich um zwei Punkte auf 3,3 Prozent.

Nach einem Wahlabend, der spannender wurde, als es die Prognose der Ergebnisse erwarten ließ, stand das Mitte-rechts-Bündnis Demokratische Allianz (AD) mit Luís Montenegro von der konservativen PSD an der Spitze als »technischer Sieger« fest. Zwar überholte die PS im Fotofinish die 28,6 Prozent Stimmenanteil von AD um eine Winzigkeit. Doch Montenegro hat einen Joker im Spiel: Von der portugiesischen Insel vor Afrikas Küste steuert die Koalition Madeira Primeiro (Madeira zuerst), die es sich zum Ziel gesetzt hat, »den Sozialismus in der Republik hinwegzufegen«, drei Parlamentssitze bei. Auch die Liberale Initiative (IL), die ihre acht Mandate behaupten konnte, ist seinem Lager zuzurechnen.

Die höhere Wahlbeteiligung – zwei von drei Portugiesen machten ihr Kreuz – galt bereits als Indiz für eine Wechselstimmung. Die Wahl war angesetzt worden, weil der amtierende Premier António Costa im November panisch seinen Rücktritt erklärt hatte, nachdem sein Name fälschlich im Zusammenhang mit Korruptionsermittlungen genannt worden war. Keine Steilvorlage für seinen Nachfolger Pedro Nuno Santos vom linken Flügel der PS.

Noch stärker als erwartet hat die rechtsextreme Partei Chega des Demagogen André Ventura abgeschnitten. Ihr Stimmenanteil hat sich gegenüber 2022, als sie fast aus dem Nichts zur drittstärksten Kraft aufstieg, mit 18,1 Prozent fast verdoppelt, die Zahl ihrer Mandate sogar auf 48 vervierfacht, da das Wahlsystem die größeren Parteien bevorzugt. Ventura zeigte sich am Wahlabend davon überzeugt, dass eine Mehrheit der Portugiesen eine Koalition aus AD und seiner Partei wolle, wie er sie im Wahlkampf eingefordert hatte. Sollten die Konservativen nicht einlenken, »werden wir morgen damit beginnen, Portugal von der extremen Linken und der Linken zu befreien«.

Erst weit nach Mitternacht traten die Spitzenkandidaten in Lissabon vor ihre wartenden Anhänger. Pedro Nuno Santos war die Enttäuschung deutlich anzumerken. Nach Lob für die Wähler und Wahlkämpfer gratulierte der Sozialist seinem Kontrahenten Montenegro zum Sieg. Für die PS sieht Nuno eine klare Rolle: »Wir werden die Führung der Opposition niemals Chega überlassen.« Die PS müsse sich personell und inhaltlich erneuern, betonte ihr Generalsekretär. Viele Portugiesen fühlten sich, so Nuno, von der Politik und auch seiner Partei nicht mehr vertreten. Es sei wichtig, diese Menschen zurückzugewinnen. »Unser Weg beginnt jetzt, heute.« Es werde »keine taktischen Spielchen« geben, um eine Regierungsbildung durch AD zu behindern. Eine große Koalition schließt Nuno aus: »Unser Programm ist mit dem von AD nicht kompatibel.«

Die erwartete Konstellation ist eingetreten: Die beiden sich seit Jahrzehnten an der Macht ablösenden Parteien PSD und PS besitzen rechnerisch nur miteinander oder mit den Stimmen von Chega eine Parlamentsmehrheit. So lautete die große Frage an Montenegro, ob es bei seinem »Nein heißt nein« zu Chega bleibt. »Ich werde selbstverständlich Wort halten«, erklärte der PSD-Politiker, der fest mit dem Auftrag zur Regierungsbildung rechnet. Am Wahlabend präsentierte er sich als Einiger, appellierte an die Verantwortung aller Parteien für das Land.

Der Wink gilt vor allem den Sozialisten. Denn sollte der Anfang Mai zu verabschiedende Haushaltsplan der neuen Regierung im Parlament durchfallen, könnte es bereits Ende des Jahres zu Neuwahlen kommen.

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